Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
gehen.«
Im Publikum erhob sich leises Gemurmel. Balfour sah wieder zu Esterhazy hin. Aber ihm waren die Hände gebunden.
»Wenn das alles ist«, sagte Ainslie und blickte sich streng um, »erkläre ich die Sitzung für geschlossen.«
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11
Inverkirkton, Schottland
Mit sichtlicher Mühe strampelte der einsame Fahrradfahrer die schmale, gewundene Straße hinauf. Das schwarze Rad mit Dreigangschaltung war am Gepäckträger mit einem speziellen Gestell ausgerüstet, an dem lederne, von Gummiseilen gehaltene Fahrradtaschen hingen. Der Radler trug eine dunkelgraue Windjacke und eine taubengraue Cordhose und bildete zusammen mit dem schwarzen Rad eine merkwürdig farblose Gestalt vor dem Ginster und der Heide des schottischen Hochlands.
Oben auf dem Hügel angekommen, wo sich eine Reihe verwitterter Felsen wie große Klauen aus dem grünen Stechginster erhoben, gabelte sich die Straße an einer T-Kreuzung. Hier hielt der Radler an, stieg ab und zog – allem Anschein nach dankbar für die Pause – eine Karte unter der Jacke hervor, breitete sie auf dem Fahrradsattel aus und begann, sie in aller Ruhe zu studieren.
Doch im Inneren war Judson Esterhazy alles andere als ruhig. Er hatte seinen Appetit verloren; es kostete ihn schon Mühe, überhaupt etwas Essbares zu sich zu nehmen. Ständig musste er gegen den Drang ankämpfen, sich nach hinten umzuschauen. Er konnte nicht mehr durchschlafen. Immer wenn er die Augen schloss, sah er den tödlich verwundeten Pendergast, wie er aus dem Sumpfloch zu ihm heraufstarrte aus Augen, die unerbittlich und stechend glitzerten.
Wohl zum tausendsten Mal machte er sich bittere Vorwürfe, den FBI -Agenten im Foulmire zurückgelassen zu haben. Er hätte warten sollen, bis der Morast ihn vollständig verschlungen hatte. Warum hatte er nicht gewartet? Es lag an Pendergasts Augen; er hätte es nicht ertragen, auch nur eine Sekunde länger in diese schmalen, silbrigen Augen zu schauen, die seinen Blick skalpellscharf erwiderten. Eine erbärmliche und unentschuldbare Schwäche hatte ihn im Moment der Wahrheit überwältigt. Esterhazy wusste, dass Pendergast über alle Maßen einfallsreich war.
Sie machen sich ja keine Vorstellung – und ich meine:
keinerlei
Vorstellung –, wie gefährlich dieser Pendergast ist.
Waren das nicht seine eigenen Worte gewesen, vor einem Jahr?
Er ist hartnäckig und schlau. Und diesmal ist er motiviert –
in einzigartiger Weise
motiviert.
Esterhazy hatte die ganze Sache sorgfältig eingefädelt, und doch war sie noch immer nicht abgeschlossen.
Was für ein Fluch die Ungewissheit doch war.
Und während er neben dem Fahrrad stand und so tat, als lese er die Karte, und die kühle, feuchte Brise an seinen Hosenbeinen zerrte, rief er sich in Erinnerung, dass die Wunde tödlich gewesen war. Sie musste es gewesen sein. Selbst wenn Pendergast es irgendwie geschafft hatte, sich aus dem Sumpf zu ziehen – die Suchtrupps hätten in den Tagen und Nächten ihrer sorgfältigen Suche seinen Leichnam finden müssen. Höchstwahrscheinlich war das Absuchen des Sumpflochs nur deshalb ohne Ergebnis verlaufen, weil Pendergast zwar diesem entkommen, dann aber in irgendeinem Dickicht gestorben oder in einem anderen, entfernt gelegenen Sumpf versunken war.
Aber er wusste es nicht, jedenfalls nicht mit Sicherheit, und das trieb ihn fast in den Wahnsinn. Er
musste
die Wahrheit herausfinden. Die Alternative – ein Leben voller Angst und Wahn – war schlichtweg nicht akzeptabel.
Nach der gerichtlichen Untersuchung hatte er Schottland verlassen, und zwar möglichst auffällig. Der missmutige Inspector Balfour hatte ihn höchstpersönlich nach Glasgow gefahren. Und jetzt, eine Woche später, war er wieder da. Er hatte sich das Haar kurz schneiden lassen und schwarz gefärbt, trug eine dicke Schildpatt-Brille und hatte sich einen qualitativ hochwertigen Theater-Schnurrbart gekauft. Im unwahrscheinlichen Fall, dass er Balfour oder einem seiner Männer begegnete, war die Chance, dass man ihn erkannte, praktisch gleich null. Er war einfach nur ein amerikanischer Urlauber, der noch spät im Jahr eine Radtour durch die Highlands unternahm.
Fast drei Wochen waren seit dem Schuss auf Pendergast vergangen. Die Spur, so es denn eine gab, war mittlerweile kalt. Aber das ließ sich nicht ändern. Vor der gerichtlichen Untersuchung hatte man Esterhazy unter strenge Bewachung gestellt, um zu verhindern, dass er private Ermittlungen anstellte. Er musste jetzt so schnell wie möglich
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