Pendergast 11 - Revenge - Eiskalte Täuschung
hier.« Grant nickte in Richtung des Arztes. »Wenn ich nicht für sie hätte garantieren können, hätte ich sie niemals ohne Führer losgehen lassen.«
Balfour setzte sich auf. Ihm war natürlich bekannt, dass Pendergast und Esterhazy früher schon einmal in Kilchurn gejagt hatten – Esterhazy hatte dies während einer der Befragungen erwähnt –, aber dass Grant mit ihnen losgegangen war und bezeugen konnte, dass Esterhazy ein ausgezeichneter Schütze war, das war ihm neu. Esterhazy hatte sein jägerisches Können stets heruntergespielt. Balfour verfluchte sich, dass ihm dieses wichtige Detail nicht selbst aufgefallen war.
Als Nächstes wurde er befragt. Er schilderte seine Ankunft in der Lodge, Esterhazys erregten Zustand, die Suche nach dem Leichnam und das Absuchen des Sumpflochs sowie die nachfolgende ergebnislose Suche im Moor und in den umgebenden Dörfern nach irgendwelchen Hinweisen auf eine Leiche. Dabei sprach er langsam und bedächtig. Ainslie hörte genau zu und unterbrach ihn nur ganz selten mit einer Frage.
Als Balfour seine Aussage beendet hatte, blickte Ainslie in die Runde. »Und in den zehn Tagen seit der Anzeige des Jagdunfalls hat die Polizei ihre Suche fortgesetzt?«
»Das ist korrekt«, antwortete Balfour. »Wir haben das Sumpfloch nicht einmal, sondern zweimal abgesucht, und dann noch ein drittes und viertes Mal. Außerdem haben wir die Sumpfbecken in der Umgebung abgesucht. Wir haben Spürhunde eingesetzt, um so vielleicht eine Spur zu finden, die vom Ort des Unfalls wegführt. Sie haben nichts gefunden, allerdings hatte es auch sehr stark geregnet.«
»Also«, sagte Ainslie, »haben Sie weder objektive Beweise dafür gefunden, dass Mr. Pendergast tot ist, noch irgendwelche Beweise dafür, dass er noch lebt. Ist das korrekt?«
»Ja. Wir haben weder seine Leiche noch irgendwelche persönlichen Gegenstände gefunden, sein Gewehr eingeschlossen.«
»Inspector«, sagte Ainslie, »haben Sie Doktor Esterhazy in dieser Angelegenheit als kooperativ empfunden?«
»Größtenteils, ja. Allerdings hat er sein jägerisches Können recht abweichend von der Aussage von Mr. Grant dargestellt.«
»Und wie hat Doktor Esterhazy sein jägerisches Können bezeichnet?«
»Er hat sich als unerfahren bezeichnet.«
»Entsprachen seine Handlungen und Aussagen den Aussagen und Handlungen einer Person, die für einen solch ungeheuerlichen Unfall verantwortlich war?«
»Soweit ich das sehen kann, ja.« Balfour hatte trotz allem auf nichts in Esterhazys Handlungsweise den Finger legen können, das sich nicht mit Scham, Trauer und Selbstvorwürfen in Übereinstimmung bringen ließ.
»Würden Sie sagen, dass Doktor Esterhazy als verlässlicher und kompetenter Zeuge dieser Geschehnisse angesehen werden kann?«
Balfour zögerte. »Ich würde sagen, dass nichts, was wir bislang gefunden haben, in irgendeiner Weise seinen Aussagen widerspricht.«
Der Coroner dachte anscheinend eine Weile darüber nach. »Vielen Dank, Inspector.«
Als Nächster wurde Esterhazy selbst befragt. In den zehn Tagen seit dem Jagdunfall hatte er seine Fassung größtenteils wiedergewonnen, auch wenn sich ein etwas verhärmter, angstvoller Ausdruck in seinem Gesicht verstärkt zu haben schien. Er redete mit fester, ernster und leiser Stimme. Sprach von seiner Freundschaft zu Pendergast, die begann, als seine Schwester den FBI -Agenten heiratete. Kurz erwähnte er ihren schockierenden Tod, als sie von einem Löwen gefressen wurde, was im Publikum hörbare Seufzer des Entsetzens auslöste. Und schließlich – an dieser Stelle half der Coroner sanft nach – sprach er von den Ereignissen, die zu Pendergasts Tod geführt hatten: von der Jagd im Moor, der Diskussion, welchen Hirsch man sich vornehmen solle, der Pirsch im Foulmire, dem aufsteigenden Nebel, seiner Desorientiertheit, dem plötzlich hervorspringenden Hirsch und seinem instinktiven Schuss, seinen fieberhaften Bemühungen, den Schwager zu retten, und wie dieser im Sumpf versank. Während Esterhazy von diesen letzten Geschehnissen und seiner verzweifelten Rückkehr in die Kilchurn Lodge berichtete, zeigten sich in der Firnis seiner Ruhe Risse – er war sichtlich erregt, und seine Stimme brach. Die Zuschauer schüttelten den Kopf, waren sichtlich gerührt und hatten Mitleid. Ainslies Miene blieb, wie Balfour positiv vermerkte, so traurig und skeptisch wie immer. Zum Schluss hatte er noch ein paar Fragen bezüglich unbedeutender Einzelheiten – die zeitliche Abfolge
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