Pendragon - Der Anfang
genommen wurden, die wir für unsere Freunde hielten. Rellin, der Anführer der Milago, zeigte uns die riesige Tak-Bombe, mit der sie die Bedoowan
vernichten wollten. Zuerst muss ich aber noch eines klarstellen: Die Milago sind nicht unsere Feinde, doch sie befürchteten, wir wollten sie davon abhalten, die schreckliche Waffe einzusetzen. Und sie hatten recht. Wäre die Bombe explodiert, hätte sie unbeschreiblichen Schaden angerichtet. Wir wollten die Milago aufhalten, wenn sich uns die Gelegenheit bot. Also hatten wir es mit befreundeten Feinden zu tun.
Sie brachten uns in die Kran kenhaushütte, die ich schon kannte, sperrten uns ein und stellten Wachen vor die Tür. Sie sagten, sie würden uns gleich nach der Schlacht frei lassen. Klasse. Falls die Bombe explodierte, gab es uns wahrscheinlich nicht mehr. Und so kam es, dass Onkel Press, Loor, Alder und ich wieder einmal als Gefangene endeten.
Sobald wir die Hütte betraten, sah sich Onkel Press suchend um. »Osa ist nicht hier«, sagte er. »Wahrscheinlich versteckt sie sich.«
Wir hatten ihm noch nicht er zählt, was passiert war. Übrigens fiel mir auf, dass Osas Leiche verschwunden war. Ich fragte mich, ob Loor sie schon nach Zadaa gebracht hatte. Zuerst schwiegen wir, aber er sah uns an, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist los?«, wollte er wissen.
Loor zeigte auf mich und erklärte: »Sie wurde getötet, als sie ihn vor den Rittern beschützte.«
Perfekt. Als hätte ich noch nicht genug Schuldgefüh le, musste sie mich nun wieder an die Rolle erinnern, die ich bei Osas Tod gespielt hatte. Klar, ich war ihr deshalb nicht böse. Osa war ihre Mutter. Sie hatte jedes Recht, wütend zu sein. Allerdings wünschte ich mir, sie würde nicht allein mir die Schuld geben. Saint Dane und die Bedoowan-Ritter hatten schließlich auch etwas damit zu tun.
Wir warteten auf Onkel Press’ Reaktion. Sie fiel seltsam aus. Anstatt traurig zu sein, nickte er, als handele es sich bloß um eine Tatsache, die zur Kenntnis zu nehmen war. Ich glaube, er spürte, dass wir nicht so einfach damit fertig wurden, und legte Loor
die Hand auf die Schulter. »Sei nicht traurig«, sagte er. »Es hat so sein sollen.«
Genauso hatte Osa kurz vor ihrem Tod gesprochen. War das so etwas wie ein Motto der Reisenden? Mir ging es damit jedenfalls nicht besser, und ich bezweifle, dass es Loor half.
»Jetzt ruhen wir uns aus«, befahl Onkel Press. »Morgen steht uns ein harter Tag bevor.«
Richtig, wir mussten uns unbedingt ausruhen. Wir suchten uns in ei niger Entfernung voneinander einen Schlafplatz. Dann schrieb ich den Bericht, den ich euch neulich schickte. Loor und Alder schrieben auch. Wir schilderten unsere Erfahrungen als Reisende, aber ich denke, unsere Einschätzung der Ereignisse fiel recht unterschiedlich aus. Der Einzige, der nicht schrieb, war Onkel Press. Er legte sich auf eine Pritsche und schloss die Augen. Ich fragte mich, wie viel Schlaf er als Gefangener im Palast der Bedoowan bekommen hatte. Sicher nicht sehr viel.
Während ich schrieb, spürte ich die Anspannung im Raum. Vielleicht lag ich falsch, aber ich hatte das Gefühl, die anderen gäben mir die Schuld an unserer verzweifelten Lage. Wann immer ich aufsah, schlugen Loor und Alder die Augen nieder. Ich konnte es ih nen nicht verden ken. Wenn ich mir die Ereignisse der letzten Tage noch ein mal ins Gedächtnis rief, wurde mir klar, dass die Lage in Denduron meinetwegen viel schlimmer war als vorher. Wenn mich Onkel Press nicht hierher gebracht hätte, wäre er sicherlich nicht in Gefangenschaft geraten. Wenn er nicht in Gefangenschaft geraten wäre, hätte er nicht gerettet werden müssen, und ich hätte euch nicht bitten müssen, mir die Dinge von der Zweiten Erde zu schicken. Wenn ich diese Dinge nicht gehabt hätte, könnten die Milago jetzt keine Bombe zünden. Und wenn ich nicht hier wäre, würde Osa sicher noch leben, weil … Und wenn und wenn und wenn! Wann immer man zurückblickt und »wenn« sagt, ist man in Schwierigkeiten. Es gibt in Wirklichkeit
kein »Wenn«. Es zählt nur, was tatsächlich geschieht, und Tatsache war, dass ich alles vermasselt habe, was ich anfasste. Selbst wenn ich dachte, etwas Gutes zu tun, wandte es sich zum Schlechten.
In diesem Moment piepste mei ne Armbanduhr. Ich hatte sie total vergessen. Alder und Loor sahen mich an. Sie hatten keine Ahnung, was los war. On kel Press öff nete nur ein Auge und warf mir einen tödlichen Blick zu. Ohne ein Wort zu sagen, sprang ich auf,
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