Pendragon - Der Anfang
völlig unbegründet. Zu Hause auf der Zweiten Erde stellen die großen Farmen Hilfskräfte ein, die zur Erntezeit aufkreuzen, alles pflücken, was reif ist, und dann weiterziehen. Die Arbeit ist schwer und wird nicht besonders gut bezahlt.
In Grallion war das anders. Den Leuten wird ein Quad rant zugeteilt, etwa ein halbes Hektar Ackerland. Die Arbeiter heißen Vatoren, und man überträgt ihnen die ganze Verantwortung für ihren Quadranten; sie müssen düngen, stutzen und natürlich auch ernten. Doch nach dem Ernten geht es noch weiter. Die Vatoren waschen die Früch te, sortieren und verpacken sie, bis sie schließlich verschifft werden. Das ist richtig cool und vermittelt einem das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Es macht doch auch einen Unterschied, ob man am Fließband steht und an jedem Auto, das vorbeikommt, nur die Räder anschraubt oder aber ob man einen Wagen von An fang bis Ende zusammenbaut und dann stolz zusieht, wie er vom Band rollt.
Ihr glaubt wahrscheinlich, dass ich kei ne Ahnung von Feld arbeit habe. Das stimmt auch. Bevor ich nach Grallion kam, hätte ich Würmer nicht von Un kraut unterscheiden können. Onkel Press wahrscheinlich auch nicht. Aber das war nicht so schlimm, denn wir waren nicht die ein zigen Vatoren auf dem Quadranten. Es gab außer uns noch sechs Arbeiter, von denen jeder einzelne reichlich Erfahrung besaß. Sie zeigten uns, wie man die Pflan zen nach Krankheitsanzeichen untersucht und sie mit natürlichem Dünger versorgt, der vom Meeresboden stammt. Überhaupt wurde
vieles aus der Tiefe an die Oberfläche transportiert und dort zum Nutzen des Habitats weiterverarbeitet.
In Grall ion wuchsen die Früchte sehr schnell, und so fand alle paar Tage die eine oder an dere Ernte statt. Wahrscheinlich denkt ihr, dass dies die härteste Arbeit war, aber es war halb so schlimm. Wir mussten nicht über die Felder lau fen, schwere Körbe mit Obst und Gemüse füllen und sie dann an ei nen Sammelort schleppen. Es spielte sich viel zivilisierter ab. Unter jedem der schmalen Gehwege befand sich ein Fließband. Wir pflück ten die Früchte, ließen sie auf den Weg fallen und schoben sie dann durch eine Klappe auf das Band hinunter, das sie an einen zentralen Ort beförderte, wo die Ernte gewaschen, sortiert und verpackt wurde. Es war kinderleicht.
Onkel Press und ich gingen mehrmals nach unten, um die Erträge unseres Quadranten in Empfang zu nehmen. Dann fuhren wir die Kisten mit einem Gabelstapler zur Hafenanlage.
Dort sah ich Spader bei der Arbeit. Am Kai herrschte rege Betriebsamkeit. Alle möglichen Frachter kamen und gingen, um frische Lebensmittel an die verschiedenen Habitate auszuliefern. Die schwimmenden Städte selbst durften nie näher als einen Kilometer an Grallion herantreiben, das wäre zu gefährlich gewesen. Stattdessen schickten sie klei ne Boote herüber, die problemlos am Kai andockten. Spader arbeitete als Lotse. Er fuhr auf seinem Skimmer vor den Neuankömmlingen her und rief ihnen Anweisungen zu, damit sie si cher an legen konnten. Danach sprang er an Land, vertäute das Boot und gab den Ha fenarbeitern ein Zeichen, mit dem Beladen anzufangen. War das erledigt, sorgte er dafür, dass der Frachter das Habitat gefahrlos verließ.
Doch das war nicht alles. Spader gehörte zur Crew des Kapitäns, der diesen Ozeanriesen steuerte und die Verantwortung für das Habitat und sei ne Sicherheit trug. Spader war ei nes der jüngsten Mannschaftsmitglieder und wurde meistens mit dem Ausguck
betraut. Insgesamt gab es auf dem Habitat zehn Ausguckposten, die rechtzeitig vor Problemen warnen konnten. Das ist eine enorm wichtige Arbeit, aber langweilig. Wahrscheinlich hat sich der Ausguck auf der Titanic auch gelangweilt. Eine Zeit lang jedenfalls …
Ich weiß, was ihr denkt. Ich habe die Arbeit auf Grallion so beschrieben, als wäre sie ein Riesenspaß. Das war es natürlich auch wieder nicht, schließlich war es richtige und manchmal recht harte Arbeit, aber das mach te mir nichts aus. Ich hat te das Gefühl, ein wichtiges Rädchen im Getriebe der Welt von Cloral zu sein.
Nein, die Arbeit auf der Plantage war kein reines Vergnügen, doch es gab viele andere Dinge, die wirklich Spaß machten.
Spader nahm mich auf abenteuerliche Ausflüge mit. Ihr wisst, wie gerne ich tauche, und auf Grall ion war es ganz normal, sei ne Freizeit unter Wasser zu verbringen. Ich habe schon beschrieben, wie einfach es war, mit den Masken unter Wasser zu atmen – fast so leicht wie das Atmen an
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