Pendragon - Der Anfang
doch dies mal voller Respekt. Der Druck, der auf ihnen lastete, musste enorm sein. Wenn sie versagten, hatten die Menschen nichts zu essen.
»Press!«, ertönte eine Stimme über den Lärm hinweg. »Wo steckst du bloß? Ich dachte schon, du hättest dich noch ein mal auf ein Natty-do mit den Haien angelegt!«
Es war Spader. Er hatte es vor uns geschafft und saß an der Bar, von ein paar Leuten umringt, die lachend mit ihm anstießen.
Onkel Press ging sofort auf die Gruppe zu.
»Und ich dachte, du wärst noch auf ei nen Tum-Tigger mit Yenza verabredet!«, rief er.
Mist, wir waren kaum angekommen, und schon unterhielt sich Onkel Press im örtlichen Slang. Ich nahm mir vor, gut aufzupassen.
»Ich?« Spader lachte fröhlich. »Warum sollte sich die liebe Yenza mit mir streiten? Ich bin der Sonnenschein ihres Lebens.« Listig fügte er hin zu: »Außerdem glaube ich, sie steht auf mich. Wenn sie mich aus Grall ion hinauswerfen müsste, würde sie an gebrochenem Herzen sterben!«
Alle lachten über sein Eigenlob, aber es war kein höhnisches Gelächter. Sie schienen seine Witze zu kennen und amüsierten sich darüber.
»Die Chance, dass Wu Yenzas Herz wegen eines armen Würstchens wie dir bricht, ist genauso groß wie die, dass Grolo irgendwann
kein Sniggers mehr hat!«, schrie einer der Männer lachend.
Die Umstehenden stießen gespielte Entsetzensschreie aus. Ein schneller Blick in die Runde zeigte mir, dass alle aus Glasbechern tranken, die mit einer dunkelroten Flüssigkeit gefüllt waren, bei der es sich um das legendäre Sniggers handeln musste. Spader beugte sich über die Theke und griff nach dem Zapfhahn. Er tat so, als würde er daran drehen, und riss die Augen weit auf.
»Leer!«, brüllte er übertrieben ver zwei felt. »Hobey-ho, er hat kein Sniggers mehr! Also steht Yenza doch auf mich!«
Alle grölten. Ein stämmiger Mann hinter der Bar, der Grolo sein musste, schubste Spader spielerisch beiseite.
»Setz bloß kei ne Gerüchte in die Welt«, sagte er grinsend, »sonst wirst du die wütende Meute beruhigen müssen!«
Spader lachte und wandte sich ab. Grolo übernahm den Zapfhahn und füllte einen Becher mit der schau migen roten Flüssigkeit. Alle amüsierten sich köstlich über Spaders Späße. Er stand im Mittelpunkt des Geschehens und sorgte für Unterhaltung. Er griff nach einem Becher Sniggers und fragte: »Wo steckt er denn nun, Press?«
»Hinter mir und sieht sich den Laden an.« Über wen sprachen sie? Spader reichte Press den Becher und sah sich suchend um. Sekunden später hatte er mich entdeckt. Aha. Ich war gemeint. Bestimmt hatte er allen die Geschichte erzählt, wie ich hinter dem Wasserschlitten gehangen hatte und gerettet werden musste. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken oder hätte mich in Luft aufgelöst. Wenn ich schon auf Grall ion leben sollte, wollte ich nicht, dass mich alle für einen absoluten Versager hielten. Einen Moment lang erwog ich abzuhauen und mich zu verstecken, aber das hätte alles nur noch schlim mer gemacht. Nein, da musste ich durch. Hof fentlich machten sie es kurz.
»Da ist der Bursche!«, brüllte Spader.
Alle Augen richteten sich auf mich. Am besten blieb ich einfach stehen und wartete ab. Vielleicht würde mir ja etwas Witziges einfallen, um die Geschichte ins Lächerliche zu ziehen? Natürlich war mein Kopf leer. Mir fiel absolut nichts Komisches ein. Ganz im Gegenteil, meine schmerzenden Rippen und die lädierte Schulter erinnerten mich daran, wie ernst die Sache gewesen war.
»Ohne diesen Jungen da wäre Press Haifutter gewesen«, begann Spader.
Hä? Ich sah On kel Press an, der sei nen Becher hob und mir zuzwinkerte.
»Press saß un ter dem Felsvorsprung in der Falle«, erzählte Spader und hielt mit dra matischer Stimme seine Zuhörer in Bann. »Das eklige Biest lauerte genau vor ihm. Ein Riesenvieh. Aber dann kam Pendragon mit dem Wasserschlitten angeflogen. Ohne an sei ne eigene Sicherheit zu den ken, lenkte er den Hai ab und ermöglichte Press die Flucht. Unglaublich tapfer. Klar, ich war zum Glück in der Nähe und versetzte dem Monstrum den Todesstoß.«
Den letzten Satz fügte er mit übertriebener Bescheidenheit hinzu, und seine Freunde buhten ihn aus, als hätte er nicht das geringste Lob verdient. Sie hielten mich für den wah ren Hel den! Ich konnte es kaum glauben. Irgendwer drückte mir einen Becher Sniggers in die Hand.
»Auf Pendragon!«, rief Spader. Er prostete mir mit erhobenem Glas zu. Die anderen Leute folgten
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