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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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Zelteingang. Er kam sich sehr
vernachlässigt vor und ihm fehlten ihre Küsse. Vorwurfsvoll rechnete er nach.
Es waren schon über acht Stunden vergangen, seit sie sich zum letzten Mal
gesehen hatten.
    Tyl ging unruhig im Wigwam hin und her. Die
Sache wurde ernst. Wo war sie? Bestimmt hatte ihr eine der anderen Frauen
inzwischen gesagt, daß er zurückgekommen war. Leise schimpfend zog er die
inzwischen trockenen Mokassins wieder an und legte den Umhang aus Elchfell um.
Dann nahm er eine Büffelhauttasche mit frischem Fleisch und machte sich auf den
Weg. Offenbar mußte er sie selbst dorthin zurückbringen, wohin sie gehörte: auf
sein Lager.
    Als er die Tür des grollen Langhauses
öffnete, bot sich ihm ein erstaunlicher Anblick: Assacumbuit, der stolze
Krieger, vollführte einen kleinen Tanz um das Feuer und wiegte dabei Elizabeth
Hookers Kind auf den Armen. Er sang sogar ein selbsterdachtes Liedchen dazu.
Es handelte von einem Waligit Wasis, einem hübschen kleinen Jungen mit Haaren,
die so goldblond waren wie Maisfäden, und der zu einem großen starken Jäger
heranwachsen würde, zu einem großen Sachem seines Volkes. Der Säugling
gab leise fröhliche Laute von sich. Assacumbuits Schwiegertochter Silberbirke
senkte den Kopf, um ihr Lachen zu verbergen.
    Tyl stellte das Fleisch an der Tür ab und trat leise ein. Er
wollte die bemerkenswerte Szene nicht unterbrechen.
    Das Langhaus hatte zwar keine Fenster, doch
durch die Rauchöffnungen drangen Sonnenstrahlen herein, in denen Staubteilchen
tanzten. Die rechteckige Hütte war etwa fünfzehn Meter lang und in separate
Räume aufgeteilt, besaß jedoch eine zentrale Feuerstelle, um die der Boden mit
Steinen ausgelegt war. Der Rauch zahlloser Feuer hatte das Gebälk geschwärzt.
Selbst für die Verhältnisse der Abenaki, deren Behausungen dauerhafter gebaut
waren als die der meisten anderen Stämme im Osten, war das Langhaus ziemlich
alt. Tyl und Traumbringer hatten beide in ihrer Kindheit darin gelebt.
    Assacumbuits Tanz endete mit einer
schwungvollen Drehung auf den Zehenspitzen ... und dann erstarrte der alte Sachem beim
Anblick seines lachenden Stiefsohnes. Zum ersten Mal, seit sich Tyl erinnern
konnte, wirkte der große Krieger ein wenig verlegen.
    »Der Kleine braucht irgendwie Bewegung für sein Bäuerchen«, sagte
Assacumbuit mürrisch.
    »Ach so«, murmelte Tyl und grinste. »Und du hast versucht, die
kleinen Rülpser aus ihm herauszuschütteln.«
    Der Sachem schnaubte mit gespieltem
Widerwillen. »Hier, nimm ihn.« Er hielt Silberbirke das strampelnde Bündel
entgegen. Sie nahm ihm das Kind ab und legte es in die Wiege, die am Firstbalken
hing.
    »So«, sagte Assacumbuit, »im Dorf geht das Gerücht um, daß der Yengi mit einem Pfeil einen Elch mit Schaufeln geschossen hat, die groß genug
sind, einen Wigwam zu füllen.«
    »Hm«, erwiderte Tyl bescheiden. »An der Tür
steht eine Tasche ...«
    Silberbirke packte das Fleisch aus und rief erfreut: »Sieh mal,
Schwiegervater, er hat uns die Muffel gebracht!« Sie warf Tyl einen dankbaren
Blick zu. »Aber du mußt sie wieder mitnehmen. Sie ist doch die Belohnung für
den Jäger.«
    »Natürlich nehmen wir das großzügige Geschenk trotzdem an«,
unterbrach Assacumbuit sie schnell, und Tyl unterdrückte ein Lächeln. Es war
bekannt, daß der alte Krieger zwei Biberpelze gegen diese Delikatesse
eintauschte, die gekocht so zart wie junge Hühnchen schmeckte.
    Tyl trat zu der Wiege und begann leise zu
singen. Er zog eine Kette aus bunten Holzkugeln aus seinem Beutel und bewegte
sie langsam vor dem kleinen Kind hin und her, das ihn mit seinen großen grauen
Augen aufmerksam anblickte.
    Jedesmal, wenn er das Kind sah, staunte Tyler Savitch von neuem
über das Wunder. Als er vor fünf Monaten gesehen hatte, wie sich Elizabeth
schreiend auf den blutgetränkten Fellen hin und her geworfen hatte, war er
entsetzt gewesen, denn das Bild erinnerte ihn an seine sterbende Mutter. Wenn
Delia ihn nicht mit ihren großen Augen voller Liebe, Vertrauen und Erwartung
angesehen hätte, wäre seine tief im
Unterbewußten verankerte Angst vielleicht übermächtig geworden und er hätte
Elizabeth nicht helfen können. Doch in dieser unvergeßlichen Nacht hatte er zum
ersten Mal in seinem Leben das große Wunder der wahren Liebe erlebt. Er hatte
mit Delia von den eigenen Kindern gesprochen, die sie sich wünschten. Und er
wußte jetzt, Liebe brachte Leben in die Welt. Er wußte jedoch auch, daß er den
Tod bekämpfen konnte. Darin sah

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