Penelope Williamson
zu den anderen. Die Asche mehrerer Lagerfeuer deutete darauf hin, daß
sie nicht die ersten waren, die am westlichen Ufer des Merrimack übernachten
mußten.
Delia glitt vom Pferderücken. Sie konnte kaum auf den Beinen stehen
und hielt sich stöhnend das Gesäß. »Allmächtiger, ich glaube, mein Hintern ist
voller Blasen ...«
Sie verstummte jedoch schnell und wurde rot, als Caleb und Elizabeth
sie mit großen Augen ansahen. Verlegen biß sie sich auf die Unterlippe. Tyl
mußte unwillkürlich daran denken, wie schön es sein mußte, diese volle
Unterlippe zu küssen. Er hatte Wundsalbe in seiner Arzttasche, aber er schwieg.
Die Vorstellung, ihr die Sal be auf die wunden Stellen zu reiben, jagte ihm
einen Schauer über den Rücken.
Er zog das Gewehr aus dem Halfter am
Sattelgurt und sagte: »Ich werd' mich in der Nähe umschauen. Vielleicht kann
ich etwas für das Abendessen schießen. Delia, könntest du zur Abwechslung vielleicht
einmal etwas Nützliches tun und Holz für das Feuer sammeln?«
»Das mach ich schon«, erklärte Caleb eifrig. »Ich muß mir die
Beine vertreten«, fügte er unsicher hinzu, als Tyl ihn mit hochgezogenen
Augenbrauen ansah, und half Elizabeth vom Wagen. Tyl schüttelte nur stumm den
Kopf und verschwand mit großen Schritten in Richtung Wald. »Erinnerst du dich
an den Bach, Lizzie, an dem wir gerade vorbeigekommen sind? Ich habe gesehen,
daß er in dem kleinen Tal vor dem Wald in einen Teich fließt. Vielleicht
möchtest du dich ja waschen ...«
Elizabeth sah sich mit großen Augen um, schluckte und nickte
zögernd. »Ja ..., ja warum eigentlich nicht? Es wäre schön, wenn ich mich
waschen könnte, Caleb.«
Als Elizabeth sich etwas unsicher auf den Weg machte, lief Delia
ihr nach. »Warten Sie, Mrs. Hooker! Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich
Sie begleiten.«
Delia rechnete mit einer Zurückweisung, aber Elizabeth drehte sich
um und sah sie erfreut an. »Oh ja ... bitte, Delia. Aber du mußt Elizabeth zu
mir sagen«, fügte sie hinzu, als Delia neben ihr stand.
Sie hatten das kleine Tal bald erreicht. Der flache Teich wirkte
kühl und einladend. Delia setzte sich ans Ufer und streckte die Füße in das
Wasser. Der Wind hatte die Wolken inzwischen vertrieben, die Sonne schien.
Alles um sie herum roch grün, frisch und sauber.
Elizabeth kniete auf einem Moospolster am Ufer, wickelte die Ärmel
hoch und benetzte sich Gesicht und Arme. »Ich hätte Seife mitbringen sollen«,
murmelte sie bedauernd. »Wir hätten uns hier richtig waschen können.«
»Ich habe mich gestern morgen gewaschen«, erwiderte Delia stolz.
»Ich habe mir sogar die Haare gewaschen.«
Elizabeth trocknete sich Gesicht und Hände mit
dem Rocksaum ab. »Ach ja, nach dem vielen Staub gestern und den Fliegen wäre
ein warmes Bad am Abend wirklich eine Erholung gewesen.« Sie sah Delia verschämt
an. »Aber kannst du dir vorstellen, daß uns dieser schreckliche Wirt im Blauen
Anker eine Wanne mit heißem Wasser gegeben hätte?«
Delia fragte vorsichtig: »Wie oft baden Sie
eigentlich, Elizabeth?«
»Ach, mindestens zweimal in der Woche und im Sommer
dreimal.«
»Zweimal in der Woche!« Delia schüttelte ungläubig den Kopf. »Aber
das ist doch ungesund!«
Kein Wunder, daß Elizabeth so zart und hinfällig war. Der Reverend
konnte von Glück sagen, daß seine Frau nicht bereits vor der Hochzeit an einer
Lungenentzündung gestorben war.
Plötzlich fiel ihr wieder ein, daß sich Tyl abfällig über ihre mangelnde
Sauberkeit geäußert hatte. Vielleicht mußte sich eine Dame doch öfter als
einmal im Monat waschen. Sie unterdrückte ein Seufzen und nahm sich vor, in
Zukunft wenigstens zweimal wöchentlich ein Bad zu nehmen, auch wenn sie damit
ihre Gesundheit aufs Spiel setzte, denn sonst würde aus ihr nie eine richtge
Dame werden.
Elizabeth hatte die Hände um die Beine geschlungen und sah sich
ängstlich nach allen Seiten um. Delia folgte ihren Blicken, aber sie entdeckte
nur gelbe Sumpfdotterblumen und eine dicke braune Kröte auf einem Stein.
»Es ist schön hier, finden Sie nicht auch?« sagte Delia, um Elizabeth
auf andere Gedanken zu bringen.
»Ja ... schön und friedlich.«
Delia erinnerte sich an das Versprechen, das
sie Tyl gegeben hatte.
»Elizabeth ...«, Delia verstummte und suchte
nach den richtigen Worten. Es war nicht so einfach, wie sie es sich vorgestellt
hatte. Schließlich holte sie tief Luft und sagte: »Es tut mir leid ... ich meine
wegen gestern Abend und weil ich Ihnen Angst
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