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Penelope Williamson

Penelope Williamson

Titel: Penelope Williamson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Widerspenstige
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haben,
damit Sie uns endlich einen Pfarrer bringen. Sie sind wieder da, aber ich sehe
weit und breit keinen Geistlichen!« Sie holte tief Luft und stemmte die Hände
in die ausladenden Hüften. »Wie ich Sie kenne, haben Sie natürlich die ganze
Zeit in Boston nur gesoffen und gehurt, anstatt Ihren Pflichten nachzugehen.«
    In Tyls Augen blitzte es übermütig, aber er gab seine Deckung
hinter dem Faß vorsichtshalber nicht auf. »Sie stehen sozusagen vor ihm, meine
liebe Sara.«
    Saras Doppelkinn geriet in Bewegung, und sie starrte kurzsichtig
noch einmal auf Caleb. Als er höflich nickte, kniff sie die Augen zusammen und
musterte ihn stumm von Kopf bis Fuß.
    Caleb schluckte nervös, und sein Adamsapfel sprang dabei mehrmals
auf und ab. »Guten Tag ... Mrs. Kemble.«
    Saras großer Mund wurde kreisrund. »Du meine Güte ... er ist ja
noch grün hinter den Ohren!«
    »Der Reverend ist alt genug, um seine Examen in Harvard abgelegt
zu haben«, warf Tyl vorsichtig ein.
    »Harvard!« schnaubte Sara und schüttelte sich vor Widerwillen. Bei
ihrem voluminösen Körper wirkte das wie ein Erdbeben. Sie trat drohend einen
Schritt auf den verängstigten Caleb zu. »Hören Sie, junger Mann, wir in
Merrymeeting sind einfache Leute.« Dann wurde ihre Stimme zu einem
Donnergrollen. »Und damit Sie es gleich wissen: Wir sind gottesfürchtige Leute. Wir halten nichts von Universitäten und diesem verdrehten Zeug, mit dem Sie die Menschen verführen!«
    »Nun ja ... ich ... ich möchte«, Caleb sah hilfesuchend Tyl an,
der nicht reagierte. Nach einem scheuen Blick auf die Naturgewalt in
Menschengestalt verschlug es Caleb völlig die Sprache.
    Saras üppiger Busen wogte stürmisch.
    »Ist er stumm, Tyl? Ich frage Sie: Wie soll er eine Predigt
halten, wenn er den Mund aufmacht, und es kommt nur heiße Luft heraus? Hat er das in Harvard gelernt?«
    »Ich, äh ...«
    Caleb räusperte sich, und Schweißtropfen
traten ihm auf die Stirn. Er drehte sich um, griff nach Elizabeths Hand und zog
sie neben sich.
    »Ja, äh ... also das ... das ist meine Frau Elizabeth. Elizabeth
Hooker.«
    Mit diesem Ablenkungsmanöver bot der verängstigte Caleb strategisch
nicht ganz ungeschickt, aber moralisch gesehen nicht gerade heldenhaft dem
Ungeheuer seine Frau zum Fraß an. Delia sah zu ihrer Freude, daß sich Elizabeth
sehr viel besser zu behaupten wußte als ihr Mann. Sie erwiderte den bohrenden
Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, verneigte sich höflich, aber sehr
förmlich und sagte selbstbewußt: »Guten Tag, gute Frau!« Mit dieser kühlen
Anrede verwies sie Sara klar und bestimmt auf ihren Platz.
    Sara Kemble nickte beeindruckt und murmelte:
»Aha, immerhin scheint seine Frau zu wissen, wo es langgeht.« Das erinnerte sie
jedoch an den nächsten Punkt ihrer Liste. »Tyl!« rief sie grollend. »Wo ist die
Frau, die Sie Nathaniel versprochen haben?«
    »Um keine Unklarheiten aufkommen zu lassen ...«, erwiderte Tyl und
trat schützend neben Delia.
    Sara ließ ihn nicht ausreden. »Sie wollen damit sagen, daß Sie ihm
dieses Kind andrehen möchten?«
    Delia erhob sich langsam und richtete sich
stolz auf.
    Sara Kemble starrte Delia an und schüttelte voll tugendhafter
Abscheu den Kopf. »Es ist nicht zu fassen, Tyl! Wie können Sie dem armen Nat
und uns allen in Merrymeeting das antun? Jeder, der Augen im Kopf hat,
sieht doch auf den ersten Blick, daß sie ein Flittchen ist!«
    Delia zuckte zusammen, als habe man sie
geschlagen.
    »Also, Sara, ich finde ...«, begann Tyl und suchte vergeblich nach
Worten.
    »Ich finde«, unterbrach ihn Sara mit hochrotem
Gesicht. »Nat hat eine anständige Frau verdient. Schließlich hat er auch noch
zwei verwaiste Kinder, die zu ehrhaften und gottesfürchtigen Menschen
heranwachsen sollen. Und Sie wagen es, ihm so eine sittenlose Hure zu
bringen! Das ist ein Skandal, Tyler Savitch! Obadia, findest du nicht auch,
das können wir uns nicht bieten lassen.« Sie sah ihren Mann an, der schnell
nickte und sagte: »Wie du meinst, Sara, ... du hast natürlich wie immer recht.«
    »Sara, nur weil Delia in einem Gasthaus gearbeitet hat, ist es
doch etwas voreilig zu behaupten, daß sie ...«, versuchte Tyl zu protestieren,
aber er wurde von Sara sofort unterbrochen.
    »Jeder weiß, was sie ist, Tyl! Da sieht man es wieder, wo Sie sich
in Boston herumgetrieben haben! Natürlich nur in Gasthäusern, wo solche jungen
Dinger darauf warten, anständige Männer zu verführen. Sie können mir nicht
weismachen, daß dieses

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