People Always Leave
erwartungsvollen grünen Augen. Innerlich bekam er dieses Gefühl der Sehnsucht. Das Bedürfnis, sich Dean gegenüber zu öffnen. Ihm wurde ganz warm.
„Nathan?“
„Hättest du etwas dagegen, wenn ich mich für einen Moment, nur ganz kurz, an dich lehnen würde?“
Verwirrt starrte Dean ihn an.
„Nur für einen Moment … bitte.“
Dean rückte näher und gab ihm mit seiner stummen Geste zu verstehen, dass es in Ordnung sei.
„Danke“, flüsterte Nathan und lehnte seinen Kopf an Deans Schulter.
***
Doktor Schlaus war außer sich und wütete durch sein Arbeitszimmer.
„So etwas wie eben sollte in Zukunft nicht mehr geschehen!“, fauchte er die völlig entgeisterte Krankenschwester an. „Sie müssen dafür sorgen!“, begann er mit bösem Blick und sah in das verstörte Gesicht der jungen Frau. Er versuchte sich zu beruhigen und setzte sich. „Sorgen Sie dafür, dass Ebby … von nun an … keine Möglichkeiten mehr hat, in Nathans Nähe zu gelangen.“
Sie nickte. „Ist gut … aber wie soll ich das anstellen? Die Patienten treffen immer wieder mal aufeinander.“
„Behalten Sie die beiden einfach im Auge.“
Das Verhalten ihres Chefs war ihr ein Rätsel. „Werde ich“, versprach sie dennoch.
„Nathan ist zu kostbar, um ihn an eine Verrückte zu verlieren“, murmelte er in Gedanken vertieft.
„Bitte?“, fragte die Schwester neugierig. „Das habe ich eben nicht ganz verstanden.“
„Ohne Bedeutung“, gab er zurück. „Sie können dann jetzt gehen.“
Wortlos begab sie sich aus dem Raum.
„Dean“, flüsterte Schlaus überlegend und lehnte sich erschöpft zurück.
6. KAPITEL
L angsam riss sich Nathan wieder zusammen. „Es tut mir leid.“
„Es tut dir leid?“, wiederholte Dean fragend.
Nathan nahm etwas Abstand. „Das hier“, sagte er.
„Hey“, lächelte Dean. „Jeder von uns braucht mal eine starke Schulter.“ Er zwinkerte.
Deans liebevolle Art war zu viel für Nathan. Die Tränen konnte er nicht länger zurückhalten.
„Hey, hey“, versuchte Dean ihn zu besänftigen und nahm ihn in seine Arme. „Ist schon gut.“ Sanft lehnte er sein Kinn auf Nathans Kopf. Er fühlte sich ihm gegenüber verantwortlich und wollte alles tun, um diese einsame Seele zu beruhigen, sie zu retten.
Zeig deine Gefühle nicht, erinnerte Nathan sich an die Worte eines jungen Mannes. Andere könnten sie ausnutzen und sie gegen dich verwenden.
Ruckartig wich Nathan zurück. „Tut mir leid.“
„Schon gut – kann jedem mal passieren.“
Unsicher blickte Nathan aufs Bett. Für sein Verhalten schämte er sich, dennoch hatte er den Drang, seinem Gegenüber alles zu erzählen, auch wenn er nicht wusste, wieso. „Möchtest du es noch wissen?“, fragte er schließlich verschüchtert.
„Wissen?“, wiederholte Dean überrascht.
„Du wolltest doch wissen, wie es weiterging.“
„Du meinst deine Geschichte?“
„Nur wenn du es natürlich willst … nicht, dass ich dich nerve mit meinem …“
„Gerne“, unterbrach Dean ihn mit einem Zwinkern.
„Wenn ich dich aber nerven sollte, dann …“
„Tust du nicht“, versicherte Dean und lehnte sich zurück. „Du brauchst dir echt keine Gedanken machen. Alles, was du mir sagst, wird vertraulich behandelt.“
„Soll heißen?“
„Dass alles, was du mir anvertraust … kein Dritter erfahren wird.“
„Okay“, meinte Nathan und versuchte sich zu sammeln. „Diese Zeit …“, erinnerte er sich zurück und begann zu erzählen.
Als ich das Langzeit-EKG-Gerät von meinem Arzt verpasst bekam und zurück nach Hause ging, verhöhnte mich mein Vater mit den Worten: „Du tust auch wirklich alles, um nicht mehr zur Schule gehen zu müssen, nicht?“
Niedergeschmettert sah ich ihn an und verschanzte mich darauf in meinem Zimmer. Es war das erste Mal für mich, dass ich dieses Gerät umhatte, und es war wirklich alles andere als angenehm. Am nächsten Morgen, als ich es dem Arzt zurückbrachte, erhielt ich sofort die Blutergebnisse.
„Ihr Blut ist so weit in Ordnung. Die Lymphozyten sind ein wenig erhöht, aber das bedeutet nichts.“
Wie ich später herausfand, lag der Normwert bei vierzig. Meiner lag bei sechsundvierzig. Was auch immer dies bedeutete. Am nächsten Tag sollte ich zurückkommen, um mir das Ergebnis des Kardiogramms abzuholen.
„Das sind ja fast schon tödliche Werte!“, erschreckte mich der Arzt. Fassungslos sah ich ihn an. „Boah!“, ängstigte er mich weiter. „Das ist ja
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