People Always Leave
angeschaut, und ich wollte mich einfach nicht wegen irgendeiner Tablette übergeben oder desgleichen ...“ Schlagartig verstummte er.
„Was ist?“, fragte Dean in Sorge.
„Es fühlt sich gerade echt merkwürdig an“, gab Nathan mit schwacher Stimme zurück.
„Was meinst du?“
„Früher, da habe ich jedes Medikament verweigert. Selbst wenn ich höllische Zahnschmerzen hatte, habe ich lieber geheult, anstatt irgendetwas zu schlucken, oder ich bin nach etlichen Tagen dann doch mal zum Arzt gegangen. Das war allerdings noch bevor mein Vater seine jetzige Perle kennengelernt und ich noch eine Krankenversicherung hatte … Wie auch immer – und dann, ganz plötzlich, habe ich all diese Sachen an mich rangelassen.“
„Du meinst, du warst abhängig von den ganzen Tabletten?“
„Ja, das auch“, gab Nathan zurück, der an etwas völlig anderes denken musste.
„So etwas geht schneller als man denkt … leider.“
Nathan hüstelte. „Wie auch immer“, sagte er. „Als ich nach knapp einem Monat mit meinem Vater zum Psychiater ging, machte dieser ein paar Untersuchungen. Ich weiß noch ganz genau, wie ich da saß, in diesem leblosen Warteraum … gekrümmt, weil mir die ganze Zeit über schlecht war. Als der Arzt mich zu sich rief, hoffte ich nur, dass man endlich die Ursache für mein Problem finden würde. Doch kaum fielen die ersten Worte meines Vaters, fing der liebe Doktor mit der Psyche an. Er klopfte mit einem kleinen Hammer auf meinen Knien herum und meinte, dass meine Reflexe noch da seien.
Treten hätte ich ihn können.
Hinterher musste ich auf so einen komischen Stuhl. Zwei Arzthelferinnen kamen ins Zimmer, während mein Vater stillschweigend in der Ecke saß und sich das Elend mit ansah. Sie setzten mir so ein komisches Teil auf den Kopf und meinten, dass ich ganz ruhig atmen solle.“
„Ein EEG?“, warf Dean fragend ein.
„Ja, die Hirnströme wurden gemessen. Allerdings fing alles in mir zu kribbeln an. Mein Herz, es wollte regelrecht durch meine Brust donnern. Es fühlte sich echt so an, als ob ich unter Strom gestanden hätte.“
„Glaubst du das echt?“
„Heute weiß ich, dass es eine pure Panikattacke war. Jahre später wusste ich schließlich, wie sich diese anfühlen.“
„Und wie war das Ergebnis?“
„Es war nichts.“
„Sei doch froh.“
„War ich ja auch. Nur besser ging es mir dadurch auch nicht. Er verschrieb mir ein paar Antidepressiva. Als ich jedoch die Nebenwirkungen las …“
„Lass mich raten“, unterbrach Dean frech, „hast du sie nicht genommen.“
„Nein. Ich weigerte mich. Zugegeben, irgendwann beschloss ich, doch eine zu nehmen. Nun ja, zumindest eine halbe. Allerdings schlug mein Herz dadurch noch schneller, und ich entschied diese Dinger beiseitezulassen. Stattdessen schnappte mein Vater sich die Pillen und dröhnte sich eines Abends derb damit zu.“
„Klingt so, als sei dein Vater mit seinem Leben nicht wirklich zufrieden gewesen.“
Nathan zögerte. „Dean, ich …“
„Schon gut. Du brauchst nicht darauf einzugehen. Was geschah dann?“
„Ein paar Tage später entschied ich mich dazu, doch eine von den Betablockern zu nehmen. Erst hatte ich tierische Angst, dass irgendeine Nebenwirkung sich bemerkbar machen würde, doch dem war zum Glück nicht so.
Mein Vater kam gerade in mein Zimmer und brachte mir die Wäsche. Er sah mich fragend an, da ich mir gegen die Brust gefasst hatte – meine Mundwinkel allerdings nach oben und nicht wie zuvor immer nach unten gingen. Ich sagte ihm, dass mein Herzschlag nicht mehr so rasend sei. Er freute sich, doch wirklich besser ging es mir dennoch nicht. Die Übelkeit blieb permanent bestehen, und ich wollte endlich wissen, warum. Besonders schlimm war es nach jeder Mahlzeit. Alles schmeckte irgendwie so komisch. Als ob etwas in meinem Hals dafür verantwortlich gewesen wäre. Nun ja … wie auch immer.“
„Kann es sein, dass dich dein Vater, als du ein Kind warst, zu sehr in Sorge um dich erzogen oder dich eventuell vernachlässigt hat?“
„Um ehrlich zu sein, Dean …“
„Ja?“
„Ich kann mich nicht mehr wirklich an die Erziehungsmaßnahmen vor meinem sechsten Lebensjahr erinnern.“
„Aber alles, was nach deinem sechsten Lebensjahr geschah, weißt du doch sicherlich noch, oder?“
„Ja“, flüsterte Nathan bedrückt.
„Okay … müssen wir jetzt nicht weiter vertiefen.“
„Ich kann nicht … tut mir leid“, entschuldigte sich Nathan mit gedämpfter Stimme.
„Braucht es
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