People Always Leave
Bärbel die ganze Zeit über gemustert hatte, meinte daraufhin: „Ein Bügeleisen wäre doch viel angebrachter. Ein Schlag, und deine Hackfresse ist Geschichte.“
***
„Wo bin ich hier nur gelandet?!“, fluchte Nathan leise, als er an Alexanders Tür ankam und stehen blieb. Vorsichtig blickte er hinein und sah den Autisten mit dem Rücken zu sich auf dem Bett sitzen.
„Alexander?“, wisperte er.
Hastig drehte sich der Hasenfüßige zu ihm um und sprang auf.
„Keine Angst“, lächelte Nathan und ging vorsichtig ein paar Schritte in das Zimmer. „Wie geht es dir?“
Unerwartet rannte Alexander auf ihn zu, umarmte ihn rasch und lehnte seinen Kopf gegen seinen Brustkorb. Nathan war platt, völlig sprachlos. Alexander drückte ihn immer fester, und er wusste nicht, weshalb. Sofort musste er an David denken, bis er erkannte, dass Alexander ihn nicht aus Sehnsucht oder gar Liebe umarmte, sondern es nur tat, weil er sein Herz schlagen hören wollte.
Alexander ließ schließlich wieder von ihm ab und fasste sich dann an die Brust.
„Alex, was hast du?“, wollte Nathan wissen. Schnell berührte Alex Nathans Brust und fühlte den Herzschlag.
„Hey!“, meinte Nathan. „Ich bin hier doch der Ängstliche, nicht du – oder etwa doch?“ Angespannt sah Nathan in die grünen Augen, die seinen immer schnell auswichen. „Geht es dir nicht gut?“, fragte er besorgt. „Ist mit deinem Herzen etwas nicht in Ordnung?“ Er zögerte, Alexanders Brust anzugreifen und nahm all seinen Mut zusammen. Zuerst wich Alexander ein Stückchen zurück, doch beim zweiten Versuch erkannte er, dass Nathan nichts Schlimmes vorhatte.
Behutsam drückte Nathan seine Handinnenfläche gegen Alexanders Brustkorb und spürte, wie es schlug. Doch er ertrug das Pochen nicht lange und ließ hastig wieder von ihm ab.
„Sorry“, zischelte er furchtsam. „Ich habe es nicht so mit schlagenden Herzen.“
Alexander sah ihn mit zuckender Augenbraue und einer Grimasse an.
„Nun guck doch nicht so“, schmunzelte Nathan, der diesen Blick von David kannte. David hatte ihn immer eingesetzt, wenn Nathan schlechte Laune gehabt hatte. Seine Faxen hatten ihn meist wieder zum Lachen gebracht – so wie jetzt.
Alexander schien gut gelaunt zu sein und zog eine Fratze nach der anderen. Nathan konnte nicht mehr und kicherte sich einen ab.
„Jetzt ist gut!“, forderte er glucksend, als sein Bauch zu schmerzen begann.
Alexander stoppte und sah ihn mit einem sanften Lächeln an.
„Das ist echt hart“, sinnierte Nathan. „Du siehst genauso aus wie er. Dein Geruch, deine Gesten … alles erinnert mich an …“
„Da wäre ich!“, rief unerwartet eine Krankenschwester.
Erschrocken drehte Nathan sich um. „Oh, Hallo“, sagte er.
„Du hast Besuch, Alexander“, staunte die Schwester. „Das freut mich für dich. Nun komm aber.“
Alexander warf Nathan einen besorgten Blick zu und ging an ihm vorbei.
„Wo bringen Sie ihn hin?“, fragte Nathan rasch, als er erkannte, dass Alexander nicht gehen wollte.
„Zu seiner Behandlung“, gab sie zurück und ging mit Alexander an ihrer Seite fort.
Doch Nathan ließ nicht locker und folgte den beiden. „Was für eine Behandlung?“
„Das ist eine private Angelegenheit“, sagte sie etwas gereizt.
„Sie meinen seine EKT-Behandlung?“
„Wenn Sie es wissen, wieso fragen Sie mich dann?!“, knurrte die Krankenschwester und beschleunigte ihre Schritte.
„Muss er diese Behandlung denn wirklich machen?“, wollte Nathan wissen, als sie um die Ecke bog. „Ich meine, vielleicht braucht er sie ja gar nicht.“
Vor einer Schwingtür mit der Aufschrift „Nur für Personal“ blieb die Schwester stehen und drehte sich noch einmal zu Nathan um. „Sie haben hier keinen Zutritt!“
Kurz blickte Nathan in Alexanders bängliche Augen. „Haben Sie vielleicht schon mal daran gedacht, dass er das überhaupt nicht möchte?“
„Wenn dem so wäre“, begann sie patzig und öffnete die Tür, „dann hätte er es uns schon längst gesagt.“ Damit verschwand sie mit Alexander, den sie nicht gerade sanft am Arm packte.
„Was?“, flüsterte Nathan erschrocken. „Wie soll er etwas sagen, wenn er …“ Er zögerte, bevor er ihr einfach folgte, doch kaum einen Schritt gemacht, kamen ihm schon zwei Ärzte entgegen, die ihn sofort wieder nach draußen schickten.
„Ist ja schon gut!“, giftete Nathan und lief wütend zurück auf sein Zimmer.
In Gedanken vertieft öffnete er die Tür und
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