Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
katalanischen Klub, Gewinner der Champions League 2006 und 2009, war es das dritte Endspiel innerhalb von fünf Jahren, und in diesem Jahr hatte man in einem heftig umstrittenen Halbfinale auch noch Real Madrid ausgeschaltet. Guardiola hatte in nur drei Spielzeiten als Trainer der ersten Mannschaft neun von zwölf möglichen Titeln gewonnen und konnte jetzt, mit einem zweiten Erfolg in der Champions League, auch noch Cruyffs Dream Team übertreffen. Manchester United, Gewinner der Champions League 2008, hatte in den zurückliegenden vier Jahren dreimal das Endspiel erreicht und sich kurz zuvor wieder den englischen Meistertitel gesichert, zum zwölften Mal in den 19 Jahren seit Bestehen der Premier League.
Die Zahlen und Statistiken erhellen den Rahmen: Die beiden besten Klubs der jüngeren Fußballgeschichte treffen aufeinander, um zu entscheiden, wer in Europa der Beste ist. Beide Teams hatten den Europapokal bisher dreimal gewonnen. Auch die Bilanz aus den direkten Begegnungen war ausgeglichen: für beide Mannschaften jeweils drei Siege, außerdem vier Unentschieden.
Pep Guardiola entging die Tatsache nicht, dass die Barcelona-Legende der modernen Ära auf dem ersten, 1992 noch im alten Wembley-Stadion herausgespielten Europapokalsieg beruhte, und das erwies sich als nützliche Motivationshilfe, die er einsetzte, wann immer ein Bedarf an inspirierenden Worten bestand – ob die einem Spieler nun auf dem Weg zum Aufwärmen oder bei einer Verschnauf- und Trinkpause während des Trainings zugeflüstert oder vor einem Spiel in der Kabine auf eine Tafel geschrieben wurden. Englands Fußballkathedrale war ein Ort, der für Pep eine besondere persönliche Bedeutung hatte. Dort hatte er zum ersten Mal den berühmten Silberpokal in Händen gehalten, den man in England »Big Ears« nannte – an dem Tag vor fast 20 Jahren, an dem der Spieler Guardiola die Stufen gezählt hatte, die zur Ehrentribüne hinaufführten, wo ihnen der Pokal überreicht wurde.
Die tiefe Genugtuung, die er verspürte, als er die Trophäe als Trainer hochhob, übertraf alles, was Pep als Spieler nach dem Europapokalsieg empfunden hatte.
Im Sommer 2010 wusste er zu Saisonbeginn, dass er unmöglich die Höhepunkte aus den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit – mit sechs Titeln innerhalb eines Kalenderjahrs – erreichen konnte. Um Manchester United in einem weiteren europäischen Endspiel abermals zu besiegen, musste er dennoch bestimmte Teile seiner Mannschaft neu erfinden, und so kam es zu der Entscheidung, David Villa zu verpflichten. Peps Interesse, den Stürmer des FC Valencia zu Barça zu holen, wurde erstmals 2009 zum Thema, als er den Spieler beim Confederations Cup in Südafrika anrief, um ihm zu sagen, wie dringend er ihn in Barcelona haben wolle und welche Rolle er im Camp Nou für ihn sehe. Der Vorstoß blieb aufgrund des konkurrierenden Buhlens von Real Madrid und mehrerer Klubs der Premier League erfolglos. Aber die Tatsache, dass Pep dem spanischen Nationalspieler damals sein Vertrauen bekundet hatte, spielte beim Wechsel des Stürmers nach Barcelona im Sommer 2010 eine erhebliche Rolle. »Pep wird dich anrufen«, sagte Puyol dem Stürmer. Wenn Guardiola einen Spieler anruft, um ihm zu sagen, dass er ihn braucht, bleibt kein Spielraum für irgendwelche Zweifel, ob sein Interesse auch ernsthaft ist. David Villa wird Pep für seine Hartnäckigkeit ewig dankbar sein.
Villa, der sich in seiner ersten Saison in Barcelona außerordentlich gut in die Mannschaft eingefügt hatte, war einer der Spieler gewesen, die nach dem vorzeitigen Titelgewinn am drittletzten Spieltag in den letzten Meisterschaftsspielen geschont worden waren – auch im Hinblick auf die Entscheidung in Wembley. »Du wirst beim Finale in großartiger Form sein, vertrau mir, David«, sagte ihm Pep wiederholt in der Vorbereitungsphase. Der Trainer wusste, dass seine acht spanischen WM-Finalisten und der niederländische Mittelfeldspieler Ibrahim Afellay schon seit sehr langer Zeit nicht mehr pausiert hatten – was sowohl physisch als auch psychisch sehr wichtig gewesen wäre. Pep bereitete sich auf jede Eventualität vor und gab seinen Spielern das folgende Versprechen: »Jungs, ihr habt gegenüber den Fans die Verpflichtung, das Endspiel zu erreichen, aber wenn ihr das geschafft habt, habe ich die Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihr gewinnt.«
Guardiola wählte seine Worte sorgfältig und verteilte seinen üblichen Goldstaub über einer Saison, die sich als ebenso
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