Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Anweisungen, wenn er Robson übersetzte, präziser aus als die Sätze seines Mentors, und manchmal kam noch etwas dazu. Seine Videofilme, in denen die Stärken und Schwächen des Gegners vorgeführt und analysiert wurden, waren gut durchdacht, und auch sein Kontakt zu Ronaldo verschaffte ihm im Klub ein gewisses Ansehen. Er wurde schon bald zur Anlaufstelle, bei der die von Robson nicht eingesetzten Spieler sich ausweinten, denn der Trainer hielt ganz bewusst eine professionelle Distanz zur Mannschaft. Der kluge Mourinho überquerte diese Trennlinie immer wieder und nach eigenem Gutdünken.
Mourinho erkannte in Guardiola rasch den geborenen Anführer und beschloss, einen engen Kontakt zu ihm aufzubauen und ihn für sich zu gewinnen. Er hatte Erfolg. Die beiden saßen nach dem Training immer wieder stundenlang zusammen und unterhielten sich auf Spanisch und auf Katalanisch. »Wir besprachen uns, wenn wir beide Zweifel hatten, und wir tauschten Ideen aus, aber nach meiner Erinnerung bestimmten diese Treffen nicht unseren Umgang miteinander. Er war Mister Robsons Assistent, und ich war ein Spieler«, sagt Guardiola heute.
Guardiola war damals, wie Robson sich ausdrückte, »eine große Nummer« und scheute sich nicht, seine Ansichten zur Spielweise kundzugeben, zu dem, was die Mannschaft seiner Meinung nach tun und was sie lassen sollte. Stück für Stück und letzten Endes über einen großen Teil der Saison hinweg etablierte die sogenannte »Viererbande« (Pep, Luis Enrique, Sergi und Abelardo) ein Element der Selbstverwaltung, als die Spieler erkannten, dass Robson mit Barcelonas Stil und den Anforderungen der Primera División nicht zurechtkam. Es war eine kritische Zeit, und Mourinho musste sich auf die Seite des Trainers stellen.
Robson gewann in jener Saison zwar drei Titel (den spanischen Pokal, den spanischen Supercup und den Europapokal der Pokalsieger), aber nicht die Meisterschaft, und bereits im April 1997 hatte die Klubführung, im Wissen um die Autoritätsdefizite des Trainers, Louis van Gaal verpflichtet, der mit seinen Erfolgen bei Ajax Amsterdam Eindruck gemacht hatte. Mourinho wollte zum Saisonende eigentlich nach Portugal zurückgehen, aber Robson empfahl ihn seinem holländischen Nachfolger, der Mourinho sogar noch mehr Befugnisse einräumte und ihm gestattete, das Team bei einigen Freundschaftsspielen zu betreuen und in der Halbzeit taktische Anweisungen auszugeben. Bei den Abendessen nahmen jetzt Truus und Louis, die van Gaals, die Plätze der Robsons ein.
Mourinhos Persönlichkeit entwickelte sich langsam, aber sicher. Frei von Robsons Einfluss, nach ein paar Jahren Arbeit mit den Mannschaften großer Klubs und von den frühen Bindungen befreit, die sein Verhalten bestimmt hatten, machte van Gaal »einen arroganten jungen Mann aus, der nicht besonders viel Respekt vor Autorität hatte, aber ich mochte das an ihm. Er war nicht unterwürfig und widersprach mir regelmäßig, wenn er der Ansicht war, dass ich falschlag. Schließlich wollte ich hören, was er zu sagen hatte, und hörte ihm dann länger zu als meinen übrigen Assistenten.«
Mourinho war in Barcelona eindeutig mehr als nur ein Dolmetscher, aber in dieser Funktion kannten ihn die katalanischen Medien, und Klubpräsident Núñez hielt beharrlich an dieser Bezeichnung fest. Einem Spanier fällt es leicht, die Autorität eines Portugiesen infrage zu stellen, angesichts der einseitigen Rivalität beider Länder. (Spanien sucht sich seine Gegner jenseits der Pyrenäen.) Mourinho sollte diesen Mangel an Respekt niemals ganz vergessen und verzeihen.
Bei van Gaals Ablösung im Jahr 2000 wurde Mourinhos Vertrag nicht verlängert. Er wollte auch weggehen, weil er sich für das Cheftraineramt gerüstet sah. Pep brachte seine siebte Saison in der ersten Mannschaft des FC Barcelona zu Ende, als Mourinho sich nach einer Trainerstelle in Portugal umsah.
Der Rest ist Geschichte. Mourinho wurde zum Erfolgstrainer, und seine Titelgewinne mit Porto und Chelsea verhalfen ihm zu der Chance, in Barcelona Frank Rijkaards Nachfolger zu werden, was mit Sicherheit einer seiner größten Träume war.
Aber sein turbulentes Verhältnis zu den Bar Ç a-Fans machte einige Entscheidungsträger im Klub argwöhnisch. Und schon bei seiner ersten Rückkehr ins Camp Nou als Chelsea-Trainer zu einem Spiel der Champions League 2005 setzte eine ungünstige Entwicklung ein. Bei dieser ersten von zahlreichen stürmischen Begegnungen mit den Katalanen beschuldigte
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