Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
den obsessiv verfolgten Anspruch, dass motivierende Botschaften klar, prägnant und unkompliziert sein mussten. Zu diesem Zweck hatte er schon Videos eingesetzt (auch solche von YouTube), Ideen, inspirierende Geschichten, ja sogar Vorträge seiner persönlichen Helden, um die Moral des Teams zu stärken. An diesem Tag trat er mit einem Lächeln vor seine Spieler. Es sollte diesmal kein Video geben. »Meine Herren, ich kann nichts mehr von euch verlangen. Ihr habt mir mehr gegeben, als jeder Trainer von seinen Spielern verlangen könnte. Ihr seid großartig. Ich danke euch für alles. Ich möchte euch nur eines sagen: Wenn wir da rausgehen und verlieren und der Titel dann außer Reichweite ist, spielt das keine Rolle. Überhaupt keine Rolle. Bleibt ruhig. Vielen Dank. Für mich seid ihr alle Champions.«
Valentí, Peps Vater, sah einen deutlichen 4:0-Sieg Barcelonas über Villarreal, einen wichtigen Beitrag zum zweiten Meistertitel nacheinander.
In seiner letzten Pressekonferenz in dieser Saison schickte Guardiola eine verdeckte Botschaft an die Madrider Presse, als er der Real-Mannschaft und ihren Betreuern, »aber nur ihnen«, dankte, weil sie Bar Ç a gezwungen hatten, für die Titelverteidigung 99 Punkte zu sammeln. Die Angriffe aus der spanischen Hauptstadt waren hart, und Pep fiel es nicht leicht, damit umzugehen: »Manchmal fühlten wir uns verachtet. Manchmal schämten wir uns, wenn wir Titel feierten. Wir haben lediglich eine Sportart auf die bestmögliche Art gespielt, haben aber jetzt schon einige Zeit lang das Gefühl, dass wir etwas tun, was nicht überall unterstützt wird. Also müssen wir einfach so fleißig sein wie die Ameise und dürfen nicht auf diese ganzen Angriffe reagieren. Wir wissen, dass sie sehr laute Befürworter haben, aber es wäre einfach nur fair, wenn wir alle diese Spieler respektieren würden, die ihrem Beruf mit ihren Leistungen Ehre gemacht haben. Auf jeden Fall wird sich nichts ändern, vor allem dann nicht, wenn Mourinho künftig in der Liga arbeitet.«
Bereits vor Mourinhos Eintreffen suchten bestimmte Kreise der Madrider Presse nach Gründen, um Barcelona kritisieren, ja sogar attackieren zu können, ein Team, dem der Rest der Fußballwelt applaudierte. Nach Ansicht dieser Medienvertreter bevorzugten die Schiedsrichter Barcelona, half der spanische Fußballverband den Katalanen nach Kräften, drückte die UEFA grundsätzlich ein Auge zu, wenn es um Barcelona ging. Auch die Sendeplanung des Fernsehens begünstigte Bar Ç a – und manche Journalisten behaupteten sogar, die gegnerischen Trainer ließen Peps Mannschaft absichtlich gewinnen.
Der Teil der Medien, dem es darum ging, die Rivalität zwischen Barcelona und Madrid auf die Spitze zu treiben, sollte sich in der kommenden Saison mit Mourinho zusammentun. Das führte zu einer Radikalisierung der Berichterstattung, die zu sehr schlichten Beschreibungen beider Trainerpersönlichkeiten beitrug. In den Augen der Presse sollte sich dieses Drama gleich zu Saisonbeginn zu einem Kampf zwischen Gut und Böse entwickeln.
Guardiola begrüßte nach der Sommerpause bei seiner ersten Pressekonferenz in der Saison 2010/11 die Ankunft des neuen Trainers von Real Madrid: »Mourinho wird mich zu einem besseren Trainer machen. Es ist wichtig, dass er in Spanien arbeitet, weil er einer der weltbesten Trainer ist. Er wird uns alle besser machen.« Pep kannte Mourinhos Tricks: Er arbeitete mit einem loyalen Kern von Spielern, die sich um den Trainer scharten, mit Kritik an Autoritäten und Schiedsrichtern, einer »Wir gegen den Rest der Welt«-Mentalität und letztlich mit einer sehr wirkungsvollen, umfassenden Methode für Titelgewinne.
Pep hatte eine Vorstellung von dem, was noch kommen sollte. Was er bei dieser Pressekonferenz sagte, diente eigentlich dazu, sich zu fassen und noch einmal tief durchzuatmen, bevor die Ärmel für die Auseinandersetzung aufgekrempelt wurden, die jetzt unweigerlich beginnen würde.
Bevor die Saison an Fahrt aufnahm, tauschten Mourinho und Guardiola im September 2010 bei jener im Prolog erwähnten UEFA -Trainerkonferenz in Nyon, fünf Monate nach dem Ausscheiden Barcelonas gegen Inter Mailand in der Champions League, noch ein paar Nettigkeiten aus. Die beiden sprachen bei dieser Konferenz nie unter vier Augen miteinander, aber Mourinho bemühte sich, Guardiola bei dessen erster Teilnahme an dieser Fachkonferenz das Gefühl zu geben, dass er ihm willkommen war. Pep konnte sich dennoch in der unmittelbaren
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