Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Nachfolger wurde.
Alles passte zusammen. Das Timing war perfekt.
Im Dezember 2012 erhielt der bayerische Klub aus New York die Mitteilung, dass der Zeitpunkt jetzt gekommen und die mit Rummenigge im Herbst getroffene Übereinkunft unterschriftsreif sei. Pep hatte genug Zeit mit Spaziergängen verbracht, er wollte jetzt mit der Arbeit beginnen.
»Sollen wir uns nach Weihnachten zusammensetzen?«, fragten die Bayern-Verantwortlichen an. »Nein«, antwortete Guardiola, »wir treffen uns vorher.« Hoeneß flog zu einem Termin mit dem katalanischen Trainer am 20. Dezember nach New York, gerade mal zwei Wochen vor dessen erstem öffentlichen Auftritt nach dem Rückzug aus Barcelona. Der sollte bei der Galaveranstaltung zur Verleihung des Ballon d’Or stattfinden, der Auszeichnung der Weltfußballer 2012, beim geschäftigsten aller Ereignisse in der Fußballwelt.
Der Abstecher nach Zürich erfolgte fünf Monate nach seiner Ankunft in New York. Fünf Monate, die er weitab vom lärmigen Fußballgeschäft verbracht hatte. Fünf gut verbrachte Monate. Pep ist einer dieser Menschen, die der festen Überzeugung sind, dass Zeit für uns ein Geschenk ist und nicht als selbstverständlich vorausgesetzt, sondern bearbeitet, genossen, gestaltet und mit allen möglichen Aktivitäten ausgefüllt werden sollte, dringenden wie trivialen.
Er ging regelmäßig im Central Park spazieren, der von der Wohnung, die er für ein Jahr gemietet hatte, nicht weit entfernt ist. Er besuchte die Theater am Broadway, dinierte in den bekannten und angesagten Restaurants, sah sich Museen und Ausstellungen an. Was hat ihm dieser Aufenthalt im Big Apple gegeben, was wollte er dort? Er selbst erklärt das so: »Die Vereinigten Staaten sind in sozialer und kultureller Hinsicht kein Fußballland. Es gibt viele andere Sportarten, die viel stärker in das Alltagsleben der Stadt integriert sind. Die 14 Millionen Menschen, die hier leben, kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten, und wir gehen auch unserer eigenen Wege. Wir leben hier, lernen diese Lebensweise kennen und genießen die zahllosen Dinge, die sie uns zu bieten hat.«
Man entdeckte ihn bei Spielen der Major League Soccer, bei NBA -Spielen und bei den US Open im Tennis. Er fuhr mit der U-Bahn durch die Stadt, oft auch mit dem Fahrrad, wenn er an Kursen an der Columbia University teilnahm, die der ehemalige Barcelona-Schatzmeister und Wirtschaftsprofessor Xavier Sala i Martín dort abhielt. Er ging als einfacher Student dorthin, hörte zu, machte sich Notizen und aß dann in der Universitätsmensa, wie verschiedene Fotos belegten, die später auf zahlreichen Social-Network-Websites auftauchten. Oder man sah ihn gemeinsam mit einem anderen Studenten vor einem Computer sitzen, auf dem sie sich die Live-Berichterstattung von einer Champions-League-Begegnung zwischen Borussia Dortmund und Real Madrid ansahen.
Ab August 2012 lernte er Deutsch, nahm Englischunterricht, um seine Kenntnisse dieser Sprache zu verbessern, und, wenn es die Zeit zuließ, Golfstunden – eine weitere Leidenschaft. Eine seiner vielleicht schönsten Erinnerungen mag der Tag gewesen sein, den er gemeinsam mit dem spanischen Weltklasse-Golfspieler José María Olazábal verbrachte – jenen unvergesslichen letzten Tag, an dem das europäische Team unter seinem Kapitän Olazábal in Medinah im US -Bundesstaat Illinois den Ryder Cup verteidigte.
»Er war hoch erfreut. Er sagte mir, er habe so etwas noch nie erlebt. Ich sagte zu ihm: ›Wovon redest du, Teufel noch mal?‹ Als er den dramatischen Entwicklungen am 18. Loch zusah, versicherte er mir, dass er erst jetzt wisse, was wahrer Druck ist«, so Olazábal. Guardiola verfolgte all die dramatischen Vorgänge an jenem 30. September 2012 bei zwei der Einzelmatches, eines davon zusammen mit dem Basketballstar Michael Jordan.
Olazábal erwiderte einen Gefallen. Pep hatte ihm zwei Motivationsvideos ausgeliehen, und »Chema« (José Maria) mischte dann Bilder, die Pep vor dem Champions-League-Endspiel in Rom benutzt hatte, mit Szenen aus dem Film Gladiator und Ansprachen von Al Pacino in seiner Rolle als Football-Coach aus dem Film Any Given Sunday ( An jedem verdammten Sonntag ) . Außerdem gab es Bilder von allen Golfprofis bei diesem Wettbewerb und historische Aufnahmen von früheren Ryder-Cup-Turnieren sowie Schnappschüsse aus der glanzvollen Karriere des im Mai 2011 verstorbenen großartigen Golfspielers Severiano Ballesteros. Hinzu kamen noch Szenen von Spaniens Fußball-
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