Pep Guardiola: Die Biografie (German Edition)
Äußerung von der Weltpresse interpretiert und ausgedeutet.
Er ist gefragt worden, ob er an Gott glaube, ob er Gedichte schreibe, er wurde zu seinen politischen Ansichten befragt, zur Finanzkrise, und mindestens hundertmal kam die Frage, ob er seinen Vertrag verlängern werde. (»Obwohl es mich nicht wirklich interessiert, ob Sie das tun oder nicht«, sagte einmal ein Journalist zu ihm!) Die Pressekonferenzen vor einem Spiel, die mindestens eine halbe Stunde dauerten, lieferten immer die Story des Tages, aber man nahm mehr aus ihnen mit, wenn man ein fortgeschrittener Beobachter des Hauptdarstellers sowie der Medienszene selbst war – man erfuhr kaum einmal etwas über das Team, aber wenn man die nötige Intuition besaß, erfuhr man etwas über Peps Gemütslage.
Versuchen Sie also nicht mehr herauszufinden, was auf der anderen Seite der Mauer vor sich geht. Nehmen Sie einfach, falls das nicht bereits geschehen ist, bei der heutigen Exklusiv-Pressekonferenz in einer der ersten Reihen Platz. Sie werden der einzige anwesende Journalist sein. Stellen Sie sich vor, wie Pep sich eine Wasserflasche nimmt, zum Tisch in der Mitte geht, eilig seinen Platz einnimmt, nervös ans Mikrofon klopft. Jetzt ist er bereit, Ihnen einen Einblick in sein Denken zu geben. Die Antworten auf viele der Fragen, die Sie gerne stellen würden, finden sich vielleicht in den folgenden Absätzen. Oder eben nicht. Lesen Sie weiter, und finden Sie es heraus.
Die Pressekonferenz beginnt jetzt. Pep beugt sich nach vorn, zum Mikrofon hin, und beginnt zu sprechen:
»Wenn ich der Presse und den Spielern gegenübersitze, ist immer ein imposantes, fast theatralisches Element im Spiel, weil ich die Leute erreichen will. Aber letztlich vermittle ich immer das, was ich fühle. Es ist ein Element der Scham dabei, der Furcht davor, den Idioten zu spielen, das dafür sorgt, dass ich mich etwas zurückhalte. […] Die Sache ist die, dass ich mich scheue, eine Erklärung abzugeben, weil ich weiß, dass das Spiel nicht zu kontrollieren ist, dass meine Worte morgen auf mich zurückfallen und mir zusetzen können. Deshalb suche ich immer nach dem Element der Skepsis, dem ›Je ne sais quoi‹, das mich zweifeln lässt. Die falsche Demut, die mir die Leute immer nachsagen, weil ich die Verdienste immer den Spielern zuschreibe, rührt nicht daher, dass ich meine eigenen Leistungen nicht anerkennen will – ich muss ja etwas richtig gemacht haben –, sie rührt vielmehr daher, dass ich panische Angst habe, diese Worte könnten gegen mich verwendet werden. Ich könnte morgen verlieren, weil ich genau das Gleiche tue wie jetzt. Ich irre mich lieber eine Million Mal, als dass ich meinen Leuten den Eindruck vermittle, ich sei mir in allem sicher, was gar nicht zutrifft. Denn wenn ich morgen etwas falsch mache, indem ich genau das Gleiche tue wie gerade eben, werden die Leute sagen: ›Sie waren gar nicht so klug, wie konnten Sie das nur übersehen?‹«
»Ich gewinne, weil ich in einem Team mit vielen sehr guten Spielern bin. Ich versuche, sie dazu zu bringen, alles zu geben, und von zehn Spielen gewinne ich acht oder neun. Aber der Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren ist so gering. […] Chelsea gewann den Europacup nicht, weil Terry beim Elfmeterschießen ausrutschte, er rutschte aus! Ich habe den Spielern dieses Beispiel tausendmal vorgeführt.«
»Über meine Führungsstrategie wurden drei oder vier Bücher geschrieben. Ich sehe sie mir an, um mich selbst zu entdecken und zu erkennen, ob ich wirklich diese Sachen mache, weil ich das nicht weiß. Sie kommen zu Schlussfolgerungen über mich, über die ich niemals auch nur nachgedacht habe.«
»Warum bin ich eher eine Führungspersönlichkeit als ein Trainer, der 20 Jahre in diesem Beruf gearbeitet und nie etwas gewonnen hat? Das ist keine falsche Bescheidenheit, ich finde den Grund nicht, weil ich keine Trophäen gewonnen hätte, wenn ich nicht bei Bar Ç a gewesen wäre.«
»Die Spieler verleihen mir Prestige und nicht umgekehrt.«
»Ich könnte mit den Spielern auf den Platz und in die Kabine gehen. Ich bin immer noch sehr jung, und es gibt einen Haufen Dinge, die ich tun könnte. Ich könnte hingehen und sie als Spieler umarmen. Aber ich kann das nicht mehr tun.«
»Wie übe ich meine Führungsrolle aus? Warum sage ich die eine oder andere Sache zu den Spielern? Nichts ist vorbedacht, alles, was mit den Spielern abläuft, ist reine Intuition, zu jeder Zeit. Wenn sie verlieren, sind sie am Boden,
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