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Perdido - Das Amulett des Kartenmachers

Titel: Perdido - Das Amulett des Kartenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Stevens
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und am Heck erhöhte Decks, aber das Prachtvollste war die aus Eichenholz geschnitzte Galionsfigur, die stolz aus dem Bug vorsprang. Sie stellte einen Mann dar, der mit herrischer Gebärde ein Schwert schwang, wobei das lange Haar wie eine Mähne hinter ihm herwehte. Der Mann grinste, als lachte er der Gefahr dreist ins Gesicht, und auf seinem Hut prangte ein üppiger Federbusch. Dieses kühne Bildwerk musste nach Ruperts Meinung jeden begeistern, der einen Fuß auf das Schiff setzte. Es war ein geschnitztes Abbild Rupert Lilywhites.
    »Freunde und Bewunderer«, hob er an, »wie allgemein bekannt, bin ich der berühmte Entdecker Admiral Rupert Lilywhite …«
    In Erwartung einer Runde Beifall legte er eine Kunstpause ein, aber niemand klatschte. Die meisten Anwesenden hatten noch nie von ihm gehört. Sie waren nur vorbeigekommen, weil auf der Einladung zur Schiffstaufe von einem Freigetränk und einem Stück Schweinebraten zu lesen war.
    »Was hast du denn schon alles entdeckt?«, rief jemand.
    Das überhörte Rupert geflissentlich und fuhr fort: »Darum taufe ich das Schiff hiermit ohne große Umschweife auf den Namen El Tonto Perdido. Möge Gott ihm und seiner ganzen Besatzung allzeit gnädig sein.«
    Allgemeine Verwirrung machte sich breit und überall wurde getuschelt.
    »Ulkiger Name«, meinte einer.
    »Klingt irgendwie ausländisch«, ein anderer.
    »Das ist Spanisch«, sagte Onkel Walter, »und heißt ›Der unfähige Trottel‹ .«
    »Glaubst du, er braucht noch Seeleute?«, raunte Hugo.
    Walter schaute auf ihn hinunter. Sein Neffe strahlte ihn zahnlückig an. Hugos rundes Gesicht war mit Sommersprossen getüpfelt und die blauen Augen leuchteten unter der blonden Lockenmähne vor Eifer. Walter wusste genau, was in seinem Neffen vorging, und das Herz fiel ihm in die Hose.

    Walter Bailey hatte schon an vielen Forschungsreisen zu Wasser und zu Lande teilgenommen. Er war ein erfahrener Kartograf, ein Kartenzeichner, der die ganze Welt bereist und die Ruhmestaten etlicher bedeutender Entdecker mit der Feder festgehalten hatte. Vor vier Jahren jedoch hatte sein Leben eine unerwartete Wendung genommen, als man ihn nämlich aufgefordert hatte, an einer Fahrt unter der Leitung von Bartolomeu Diaz teilzunehmen, der als erster Mensch den südlichsten Zipfel Afrikas umsegeln wollte. Damals hatte Walters jüngerer Bruder Jack in einem kleinen Dorf unweit der Stadt als Tischler gearbeitet. Die Geschäfte liefen schlecht und Jack war mit der Miete im Verzug. Er verdiente kaum genug, um seine Frau und seinen Sohn Hugo zu ernähren, und der Vermieter drohte ihm mit Kündigung. Als Jack hörte, dass Diaz eine Besatzung für seine Unternehmung zusammenstellte, wollte er sich zusammen mit Walter melden. Solche Entdeckungsreisen waren äußerst gefahrvoll, und Jack war klar, dass ihm seine Familie schrecklich fehlen würde, aberdie Bezahlung war vielversprechend. Was Jack in einem halben Jahr auf See verdienen könnte, würde ausreichen, um alle seine Schulden zu begleichen und seine Familie mehrere Jahre lang zu ernähren.
    Walter versuchte, seinem Bruder diesen Einfall auszureden, denn niemand wusste besser als er, wie schwer und gefährlich das Leben auf See sein konnte, aber Jack ließ sich nicht umstimmen. Daraufhin sprach Walter mit Diaz. Er räumte ein, dass Jack zwar wenig Erfahrung als Seemann hatte, betonte aber, dass er ein begabter Tischler und Zimmermann war und alle Schäden reparieren konnte, die das Schiff auf der beschwerlichen Reise womöglich erlitt. Diaz vertraute auf Walters Empfehlung und nahm Jack mit an Bord.
    Ehe Jack losfuhr, schenkte er dem achtjährigen Hugo eine geschnitzte Schachfigur in Gestalt eines Pferdekopfes. Schach war Hugos Lieblingsspiel, und der Springer war seine Lieblingsfigur, weil der sich immer aus den kniffligsten Situationen retten konnte. In den Sockel der Figur waren die Worte »Hilfsbereit, Unerschrocken, Großherzig, Optimistisch« eingeritzt.
    »Was bedeutet das?«, erkundigte sich Hugo.
    »Tja, was ergeben denn die Anfangsbuchstaben?«
    Hugo überlegte. »Hugo!«, sagte er breit lächelnd.
    »Richtig.« Sein Vater erwiderte das Lächeln. »Diese vier Eigenschaften machen dich nämlich aus.«

    Von da an trug Hugo den geschnitzten Springer an einer Schnur um den Hals und verbrachte Stunden damit, ihn anzuschauen, obwohl er die Bedeutung der Worte anfangs nicht recht verstand.Wenn er aufgeregt war, spielte er damit herum, und im Schlaf drückte er das Figürchen an die

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