Perdido - Das Amulett des Kartenmachers
Pigasus?«
Schweigen.
»PIGASUS?«
»Die haben uns bestimmt schon gewittert«, jammerte Pigasus. »Dann sind sie im Nu hier, wälzen sich auf uns und zersetzen uns mit ihrem ekligen Schleim.«
»Du bist aber keine große Hilfe!«, tadelte ihn Herkules.
Doch Pigasus’ verängstigtes Gestotter hatte Hugo auf eine geniale Idee gebracht.
32. Kapitel
H
ugo nahm seinen Tornister ab und kramte hastig darin herum. Ganz unten steckten, sorgfältig in ein Tuch eingeschlagen, die Hühnereier, die er vom Schiff mitgenommen hatte. Ihre Schalen waren kühl und glatt und sie schmiegten sich in seine Handfläche.
»Ich finde wirklich nicht, dass dies ein günstiger Zeitpunkt ist, ans Frühstück zu denken«, sagte Herkules tadelnd.
Hugo beachtete ihn nicht und bat Pigasus um zwei Pfeile, die er vor sich auf den Boden legte. Er nahm eine Decke aus dem Tornister und riss davon zwei sieben Zentimeter breite Streifen ab. Hugo wickelte die beiden Eier in die Stoffstreifen und band sie an die Pfeilschäfte, gleich hinter die Feuersteinspitze. Dann gab er Pigasus die Pfeile zurück.
»Schieß die auf die Schnecken!«
Pigasus legte den ersten Pfeil selbstbewusst ein. »Auf welche soll ich zuerst zielen?« Er spannte den Bogen.
»Ganz egal.«
»Soll ich auf den Kopf zielen oder lieber auf den Schwanz?«
»Das spielt keine Rolle.« Hugo wurde ungeduldig.
Pigasus linste am Bogen vorbei und visierte sein Ziel an. Erzielte ein bisschen mehr nach links, dann ein bisschen höher und dann ein bisschen mehr nach rechts. Hugo schaute zu Snowdon hinüber. Der war noch einmal umgeschubst worden und eine Schnecke war schon halb auf ihn draufgekrochen.
»Es ist ein äußerst kniffliger Schuss«, erläuterte Pigasus. »Ich muss die leichte Brise ausgleichen und die Unebenheiten des Geländes, ganz zu schweigen von der Berechnung, wie sich das Gewicht des Eies auf die Flugbahn auswirkt.«
Herkules sprang von Hugos Schulter und landete, alle viere von sich gestreckt, auf Pigasus’ Schnauze. »Zum Donnerwetter, Pigasus!«, fauchte er. »Schieß endlich!«
Pigasus tat wie geheißen. Der Pfeil sauste in hohem Bogen durch die Luft und weit am Ziel vorbei, ehe ihn das Ei nach unten zog. Der Pfeil fiel auf das Kiesufer, ungefähr zehn Meter hinter den Wasserschnecken.
Als der Pfeil zu Boden fiel, rollte das Ei aus seiner Stoffschlinge, stieß gegen einen Stein und zerbrach. Der rohe Inhalt lief über die Kiesel.
»Auweia, der ging ja ziemlich daneben.« Pigasus klang niedergeschlagen.
»Unsinn, das war ein echter Kracher!«, widersprach Hugo. »Schieß den anderen gleich hinterher – los!«
Der zweite Pfeil landete auf der anderen Seite der Wasserschnecken. Das Ei rollte aus der Schlinge und zerbrach.
»Was jetzt?«, fragte Pigasus, der nicht begriff, warum Hugo so zufrieden aussah.
»Jetzt können wir nur noch hoffen, dass die Eier inzwischen faul geworden sind.«
Die Eier waren tatsächlich faul geworden. Sie waren schon etliche Wochen alt gewesen, als Hugo sie im Hühnerstall auf der El Tonto Perdido entdeckt hatte. Nachdem sie anschließend noch ein paar Tage ganz unten in Hugos Tornister tüchtig durchgeschüttelt worden waren, waren sie so faul, wie es nur ging. Die Dotter bestanden nur noch aus eklig gelbgrünem Schleim. Der Wind trug den scheußlichen Gestank zu ihnen herüber.
»Lecker!«, sagte Pigasus und reckte schnüffelnd die Schnauze.
Er war nicht der Einzige, dem etwas aufgefallen war. Hugos Rechnung ging auf. Die Wasserschnecken brachten den Gestank nur mit einem in Verbindung – mit Büffelogern!
Sie ließen sofort von Snowdon ab und flüchteten alle vier in Richtung Fluss. Wie eine Herde Riesenwalrosse plumpsten sie ins Wasser und schlugen kräftig mit den Schwänzen. Spritzend und platschend schwammen sie flussabwärts und ließen den Fluss brodelnd und schaumbedeckt zurück.
»Die haben’s aber ganz schön Ei-lig«, meinte Herkules.
»Ich hab’s ja geahnt, dass die Viecher kein Rückgrat haben«, kicherte Hugo.
Pigasus grinste siegesfroh. »Ihr Kampfesmut ist zugleich mit der Eierschale gebrochen.«
Hugo und Pigasus liefen zu Snowdon und halfen ihm hoch. Das Fell an seinen Beinen war ganz verklebt. Er watete ins Wasser, um den Schneckenschleim abzuwaschen. Die Säure war noch nicht bis auf die Haut vorgedrungen, aber das Fell war angegriffen. Sein zuvor wehendes Beinfell war jetzt so kurz, dass er einem modisch geschorenen Riesenpudel ähnelte.
Danach beobachteten sie gespannt, wie sich Delfina
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