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Perdido Street Station 01 - Die Falter

Perdido Street Station 01 - Die Falter

Titel: Perdido Street Station 01 - Die Falter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Verschwörung von Industrie und Grausamkeit, getränkt mit Vergangenheit und isolierter Macht, diese Wüste jenseits meiner Vorstellungskraft.
     
    New Crobuzon.

 
     
     
Teil I
     
     
Aufträge

 
KAPITEL 1
     
     
    Hoch über dem Marktplatz sprang ein Fenster auf. Ein Korb flog heraus und in weitem Bogen auf die nichtsahnende Menge hinunter. Mitten im Flug tat er einen Hüpfer, kreiselte und senkte sich, gefährlich pendelnd, ruckweise der Erde entgegen. Das Drahtgeflecht hakelte an der rauen Haut des Gebäudes, scharrte über die Mauer und ließ Farbe und Betonstaub niederrieseln.
    Sonnenlicht drang als graues Leuchten durch eine ungleichmäßig dicke Wolkendecke. Unter dem tanzenden Korb reihten sich die Buden und Karren wie aussortiertes Gerümpel. Die Stadt stank. Aber heute war Markttag in Aspic Hole, und der penetrante Brodem aus Kloake und Fäulnis, der über New Crobuzon lagerte, wurde in diesen Stunden bereichert um die Aromen von Paprika und frischen Tomaten, heißem Öl und Fisch und Zimt, Pökelfleisch, Bananen und Zwiebeln.
    Die Viktualienstände beanspruchten die gesamte quirlige Länge der Shadrach Street. Selchit Pass, eine Gasse aus vereinzelten Feigenbäumen und bröckelndem Beton ein paar Schritte weiter, war Büchern und Handschriften und Gemälden vorbehalten. Im Süden ergossen sich Töpferwaren die Straße nach Barrackham hinunter; Maschinenteile gab es im Westen, Spielzeug in der einen Quergasse, Kleidung zwischen zwei anderen, und ein reiches Angebot der vielfältigsten anderen Waren füllte sämtliche Durchgänge, Torbogen und Nischen. Die Reihen der diversen Handelsgüter trafen sich mehr oder minder genau in Aspic Hole wie die Speichen eines vielfach gebrochenen Rades.
    Dort, in Aspic Hole selbst, waren alle Unterscheidungen aufgehoben. Im Schatten alter Mauern und einsturzgefährdeter Türme wurde Alteisen feilgehalten, angeschlagenes Steingutgeschirr und primitive Tonornamente. Stockfleckige Scharteken. Antiquitäten, Sex, Flohpulver. Zwischen den Buden stapften zischende Konstrukte herum. Bettler bramarbasierten in leer stehenden Gebäuden. Angehörige fremder Rassen erstanden merkwürdige Dinge. Aspic Bazaar: ein grelles Gemisch von Handel, Wandel und Alfanzerei. Hier regierte der Kommerz: Der Käufer sei auf der Hut!
    Der Händler unter dem niedersinkenden Korb blickte auf in fahles Sonnenlicht und eine Wolke Ziegelstaub. Er rieb sich die Augen. Er griff nach dem abgewetzten Ding über seinem Kopf und zog an der Schnur, woran es befestigt war, bis sie schlaff wurde. In dem Korb lagen ein kupferner Schekel und ein Blatt Papier mit sorgfältig gezeichneten, verschnörkelten Lettern. Der Händler kratzte sich an der Nase, während er den Zettel studierte. Er kramte in seinen aufgehäuften Waren, legte Eier und Obst und Wurzelgemüse in den Korb und schaute zwischendurch immer wieder auf die Liste. Bei einem Posten stutzte er, las zweimal, grinste und schnitt ein Stück Schweinefleisch ab. Zu guter Letzt steckte er den Schekel in die Tasche und zählte Wechselgeld ab, überschlug kurz seine Lieferkosten und tat endlich vier Heller zu den Lebensmitteln.
    Er wischte sich die Hände an der Hose ab und überlegte einen Moment, dann kritzelte er mit einem Stummel Holzkohle ein paar Worte auf den Einkaufszettel und warf ihn zu den Münzen.
    Er zog dreimal an der Schnur, und der Korb begann seine zuckelnde Reise in die Höhe. Vom Stimmengetöse getragen, stieg er über die Dächer benachbarter, niedrigerer Häuser, scheuchte die in dem leeren Stockwerk beheimateten Dohlen auf und zeichnete eine neue Schlängelspur zu den vielen bereits vorhandenen an die Mauer, bevor er wieder in dem Fenster verschwand, aus dem er zum Vorschein gekommen war.
     
    Isaac Dan dar Grimnebulin begriff allmählich, dass er träumte. Zu seinem maßlosen Erstaunen hatte er sich wieder als Dozent an der Universität bestallt gefunden, wo er vor einer großen Tafel auf und ab marschierte, die mit fahrigen Darstellungen von Hebeln und Kräften und Spannungen übersät war. Elementare Materielle Wissenschaft. Isaac schaute betrübt auf die Reihen seiner Schüler, als dieser schmierige Bastard Vermishank den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    »Ich kann diese Klasse nicht unterrichten«, flüsterte Isaac laut. »Der Lärm da draußen …« Er zeigte auf das Fenster.
    »Schon in Ordnung.« Vermishank war verständnisvoll und widerlich. »Zeit fürs Frühstück«, sagte er. »Das wird Sie von dem Krach ablenken.« Auf diese

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