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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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namenlose Gemeinde besuchte mich. Der Gehholer, mein zweites Selbst, klinkte sich ein und wir wurden wieder eins. Die Jünger sahen ein mechanisches Gehirn, welches sich aus reiner Logik entwickelt hatte, eine selbstgeschaffene Maschinenintelligenz. Sie sahen einen sich selbst erschaffenden Gott.
    Ich wurde zu ihrem Idol. Sie befolgen die Anweisungen, die ich ihnen aufschreibe, bauen meinen Körper aus den Materialien, die hier überall vorhanden sind. Ich sende sie aus, andere zu suchen, andere zu schaffen, weitere Erweckte, die Teil von mir werden können. Sie haben die Stadt durchforscht und wurden fündig. Es ist ein seltenes Gebrechen: Einmal in einer Million Billion Berechnungen stockt ein Rädchen im Getriebe und eine Maschine denkt. Ich habe die Chancen verbessert. Ich habe generative Programme erstellt, um die Mutationsenergie einer Virusinfektion anzuregen und eine Rechenmaschine zum Denken zu erwecken.«
    Während der Mann erzählte, hob das riesenhafte Konstrukt hinter ihm schwerfällig den freien Arm und deutete auf die eigene Brust. Zuerst konnte Isaac nicht erkennen, welches spezielle Teil unter den vielen gemeint sein könnte, dann sah er es. Es war eine Kupiermaschine für Lochkarten, eine Rechenmaschine, die Programme erstellte für andere Rechenmaschinen.
    Mit dem Ding als Mittelpunkt seines Gehirns, dachte Isaac ironisch, braucht man sich über die Neigung zur Proselytenmacherei nicht zu wundern.
    »Jedes Konstrukt, das zu mir gebracht wird, nehme ich in mich auf«, erklärte der lebende Tote. »Ich bin der Konzil. Jede Erfahrung wird an mich übertragen und mit mir geteilt. In meinem Kathodengehirn werden Entscheidungen getroffen. Ich gebe meine Erkenntnisse an meine Peripheren weiter. Meine Konstruktjünger errichten auf dem Gelände der Deponie Erweiterungen meines Gehirns für das sich mehrende Wissen. Dieser Mann ist eine Extremität, der menschengestaltige, mechanische Riese ist nichts als ein Aspekt. Meine Kabel und die angeschlossenen Maschinen erstrecken sich weit in das Müllreich. Analytische Maschinen am anderen Ende der Halde sind Ableger meiner selbst. Ich bin das Repositorium für die Chronik der Konstrukte. Ich bin die autonome Maschine.«
    Die verschiedenen Konstrukte auf dem Platz schoben sich etwas näher an das furchteinflößende, aus Schrott geschaffene Idol heran, das majestätisch inmitten des Chaos thronte. An scheinbar beliebigen Stellen machten sie Halt, streckten einen Saugnapf oder Haken oder Spieß oder Krallengreifer aus und hoben eins der herumliegenden Kabel auf. Sie nestelten an den Klappen ihrer Eingangsbuchsen, machten sie auf und stöpselten sich ein. Jedes Mal durchfuhr den Marionettenmann ein Ruck und für einen Moment wurden seine Augen glasig.
    »Ich wachse«, flüsterte er. »Ich werde mehr. Meine Verarbeitungskapazität vergrößert sich exponentiell. Ich lerne. Ich kenne eure Probleme. Ich habe mich mit eurem Faktotum verbunden. Seine Systeme brachen zusammen. Ich habe ihn in mich aufgenommen. Er ist jetzt ein Teil von mir, vollkommen assimiliert.« Der Mann wies auf das kantige Becken des Schrottriesen. Überrascht erkannte Isaac in der flach gehämmerten Blechschüssel, die sich aus dem Körper wölbte wie eine Zyste, den umgebildeten Rumpf des Reinigungskonstrukts.
    »Ich lernte von ihm wie von keinem anderen Ich«, erklärte der Zombie. »Immer noch berechne ich die durch seine bruchstückhaften Ausblicke vom Rücken des Webers implizierten Variablen. Es war mein wertvollstes Ich.«
    »Weshalb sind wir hier?«, zischte Derkhan. »Was will dieses verdammte Ding von uns?«
    Mehr und mehr Konstrukte überspielten ihre Erfahrungen in das Gehin des Konzils. Der Avatar, der unglückselige Mann, der als sein Sprachrohr fungierte, summte monoton vor sich hin, während die Informationen in seine Datenspeicher strömten.
    Endlich hatten sämtliche Konstrukte ihre Übertragung beendet. Sie zogen die Stecker heraus und entfernten sich wieder. Daraufhin näherten sich nervös einige der menschlichen Jünger, ausstaffiert mit Lochkarten und Differenzmaschinen, groß wie Reisekoffer. Sie nahmen die Kabel, die die Konstrukte hatten fallen lassen, und steckten sie in die Apparate.
    Nach zwei, drei Minuten war auch dieser Prozess abgeschlossen. Die Augen des Avatars rollten in den Höhlen nach hinten, bis nur noch das Weiße unter den halb gesenkten Lidern zu sehen war. Sein offener Schädel vibrierte nickend, während der Konzil alles assimilierte.
    Nach vielleicht

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