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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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breitere Stirn, ein ausgeprägteres Kinn als Wolfgang.
    »Und?«, fragte Vater. »Nicht gerade ein Blick in den Spiegel, oder?«
    »Nicht gerade«, nickte Wolfgang und fühlte etwas wie Benommenheit. Als breche um ihn herum gerade eine Welt in Trümmer.
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    An diesem Abend lag Wolfgang noch lange wach. Das, was sein Vater ihm erzählt hatte, beschäftigte ihn. Ob es diesen Klon tatsächlich gab? Wo er wohl lebte? Wie musste es sich anfühlen, eine genetische Kopie zu sein? Das Duplikat eines anderen Menschen?
     
    Auf diese Weise davon zu erfahren – zu erfahren, dass der eigene Vater verdächtigt wurde, in diese Affäre verwickelt zu sein –, das war schon etwas anderes als bloß in der Schule darüber zu diskutieren. Wenn einem ein Lehrer so etwas erzählte, dann war das eben eine andere Art Schulstoff, aber so… so ging es einem ganz schön an die Nieren.
    Was für ein Tag! Seine Gedanken wanderten weiter, zu der Verabredung mit Svenja. Er war mit Svenja Maitland Eis essen gegangen, einfach so! Das, fand er, war ziemlich sensationell. Dumm, dass sie ausgerechnet mit Marco ging. Gegen Marco war schwer anzukommen – er war größer, stärker, besser in der Schule, und besser aussehen tat er auch. Fast schon erwachsen. Dagegen hatte er keine Chance.
    Obwohl er Svenja äußerst gern als Freundin gehabt hätte. Er betrachtete die Tannenwipfel, die sich sanft im gelblichen Licht der Straßenbeleuchtung wiegten, malte sich aus, Marcos Eltern wären aus Schirntal fortgezogen, weit fort, und er und Svenja…
    Darüber schlief er endlich ein.
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    Am nächsten Morgen klingelte der Wecker irgendwie viel zu früh. Wolfgang starrte das Zifferblatt an und mochte kaum glauben, dass schon halb sieben sein sollte.
     
    Als er unausgeschlafen und nicht besonders gut gelaunt in der Schule ankam, war irgendwas seltsam. Jeder schien ihn zu mustern, jeder zweite über ihn zu tuscheln, gerade so, als sei sein Haar über Nacht ausgefallen oder violett geworden oder als habe er vergessen, Hosen anzuziehen. Aber sowohl mit seinen Haaren als auch mit seinen Hosen war alles in Ordnung, und auch sonst fand er auf der Toilette bei einem prüfenden Blick in den Spiegel nichts Auffälliges. Eigentlich sah er aus wie immer.
    Dann fiel es ihm siedend heiß ein: Jemand musste doch ein Gerücht in die Welt gesetzt haben, über ihn und Svenja. Mist. Mit einem mulmigen Gefühl betrat er das Klassenzimmer.
    Die halbe Klasse war schon da und stand um einen Tisch versammelt, auf dem eine Zeitung lag. Eine hitzige Diskussion verstummte abrupt, als Wolfgang hereinkam. Alles sah ihn an wie eine Erscheinung.
    »Wedeberg!« Marco stand auf, einen mörderischen Ausdruck im Gesicht, griff sich die Zeitung und kam wie ein wütender Grisli auf Wolfgang zu.
    Wolfgang umklammerte den Griff seiner Tasche fester und wich einen halben Schritt rückwärts. Wollte Marco sich jetzt mit ihm prügeln? Das konnte doch nicht wahr sein.
    »Ich rat dir, halt dich von meiner Freundin fern«, schnaubte Marco und knallte ihm die Zeitung vor die Brust. »Du… Monstrum!«
     
    »Wie bitte?«, machte Wolfgang verständnislos. Er nahm die Zeitung, warf einen Blick darauf – und hatte das Gefühl, sein Herz setze ein paar Schläge lang aus. Zwischen riesigen Buchstaben in Schwarz und Rot sah er sich selbst, ein Foto, das ihn zeigte, wie er gerade die Schultasche aufs Fahrrad packte. Daneben schrie eine Überschrift, die Schlagzeile des Tages: Ist das der erste Klon?
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    Kapitel 7
     
    Wolfgang las den Artikel, die Sätze, die Worte, ohne wirklich zu verstehen, was er las, sodass er alles mehrmals lesen musste. Wolfgang W. (15) aus Sch. wurde er genannt. Sch. sei ein für sein Bier berühmtes, friedliches Städtchen im Schwarzwald. Lang und breit ging es darum, dass sein Vater, Richard W. (57), zwar Leiter der Krebsklinik war, früher aber am Institut für Biotechnologie gearbeitet habe und Frascuelo Aznar kenne. Von Hinweisen und Verdachtsmomenten war die Rede, doch die entscheidenden Punkte waren alle als Fragen formuliert: Ist Richard W. der Versuchung erlegen, Gott zu spielen? Ist sein Sohn Wolfgang in Wirklichkeit sein Klon, sein genetischer Doppelgänger? Und wenn ja – was verspricht der Arzt sich davon?
     
    Plötzlich steckte jemand den Kopf neben ihm in die Zeitung. Es war Cem. »Wenn sie dich demnächst in eine Talkshow einladen«, sagte er, »dann bestehe ich darauf, dass du in die Kamera winkst und mich grüßt. Sonst sehe ich mich gezwungen, dir

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