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Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Perfect Copy - Die zweite Schöfung

Titel: Perfect Copy - Die zweite Schöfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Sie verlangte sogar, dass er beim Celloüben die Tür seines Zimmers offen ließ, was den Trick mit dem Tonband unmöglich machte: Ohne die dämpfende Wirkung der Zimmertür hörte man den Unterschied nämlich.
    »Umso wichtiger, dass du nach Berlin fährst«, meinte Svenja in der großen Pause. »Zumindest zeigst du ihnen damit, dass du dir nicht auf der Nase herumtanzen lässt.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Wolfgang. Inzwischen war ihm äußerst unwohl bei der Sache. »Mein Vater erschlägt mich, wenn ich zurückkomme.«
    »Dann gehst du eben nicht zurück. Erschlagen zu werden, das muss man sich nicht mehr bieten lassen heutzutage.«
    »Das sagst du so.« Andererseits, wie hätte Svenja den Ernst der Lage richtig einschätzen sollen? Er hatte ihr nur eine reichlich abgemilderte Version dessen erzählt, was im Hause Wedeberg abgegangen war.
    Wolfgangs Blick fiel auf Marco Steinmann, der bei seinen Freunden stand und so zu tun versuchte, als bemerke er Wolfgang und Svenja überhaupt nicht. Ganz gelang es ihm nicht; ab und zu konnte er nicht anders, als einen zornigen Blick in ihre Richtung zu werfen. Noch jemand, der ihn wahrscheinlich nur zu gern erschlagen hätte.
    Auch als er am Donnerstag vom Cellounterricht kam, sah Mutter keinen Anlass, ihm den Rest des für den Nachmittag angesetzten Übens zu erlassen. »Bis zum Abendessen noch.«
    »Und meine Hausaufgaben?«, versuchte es Wolfgang.
    »Na, so viele werden das ja nicht sein, zwei Tage vor den Ferien«, war die lakonische Antwort. »Mach sie danach.«
    Aus purem Trotz nahm er sich die langweiligsten Etüden und stumpfsinnigsten Fingerübungen vor, die er in seinem Repertoire finden konnte. Geisttötend, wenn man sie anderthalb Stunden lang immer wieder von vorne spielte – aber eine wahre Qual, wenn man sie sich so lange wieder und wieder anhören musste. Hoffte Wolfgang zumindest.
    Zumindest lief es wie von selbst, und er konnte mühelos an etwas anderes denken dabei. Svenjas Besuch ging ihm durch den Kopf. Hier auf dem Stuhl hatte sie gesessen, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Svenja, die ihn gestern geküsst hatte. Svenja, die jetzt seine Freundin war.
    Das Bild fiel ihm wieder ein. Das Foto in der Nachttischschublade seiner Mutter. Der unbekannte Mann. Verdammt, dass er sich nicht daran erinnerte, wann das Bild aufgenommen worden war?! So lange konnte das doch noch gar nicht her sein. Wer war der Mann? Unten klingelte das Telefon. »Hör mal einen Moment auf«, hörte er Mutter rufen und gleich darauf, wie sie abnahm. Er ließ den Bogen sinken und horchte. Klang amtlich. Und so, als würde es eine Weile dauern. Doktor Lamprecht vielleicht.
    Er legte das Cello beiseite. Das war die Gelegenheit, oder? Er durfte sich nur nicht erwischen lassen.
    Er stand auf. Mutter telefonierte noch immer, im Wohnzimmer, wie es sich anhörte, bei offener Türe. Er tat, als würde er aufs Klo gehen. Die Tür der oberen Toilette gab ein charakteristisches Quietschgeräusch von sich, leise, aber dennoch im ganzen Haus zu hören. Was man nicht hörte, war, dass er sie nur auf- und wieder zumachte, ohne hineinzugehen. Stattdessen huschte er auf Zehenspitzen den Gang entlang zum Schlafzimmer seiner Eltern.
    Als er die Hand auf die Türklinke legte, die sich kühl und feindselig anfühlte, spürte er sein Herz wild schlagen. Wenn seine Mutter ihn hierbei erwischte, würde er allerhand zu erklären haben. Und vielleicht nicht nur das.
    Noch konnte er umkehren. Er stand da, überlegte. Das gehörte sich nicht. Ganz eindeutig gehörte sich das nicht.
    Andererseits: Wer war der Mann auf dem Foto?
    Er drückte die Klinke hinab. Sie ging schwer, gab aber keinen Laut von sich.
    Wieder die Kühle, wieder der eigenartige Geruch. Er schlüpfte hinein, schloss die Tür hinter sich bis auf einen schmalen Spalt und ging rasch zum Nachttisch seiner Mutter. Zog die Schublade auf. Sein Herz schlug ein Paukenfortissimo.
    Alles war noch so, wie er es zurückgelassen hatte. Auch das Foto lag noch da, halb unter den anderen Sachen versteckt. Allzu oft schien seine Mutter hier nicht hineinzusehen.
    Es einfach mitnehmen, konnte er das riskieren? Würde Mutter bemerken, dass es fehlte? Seine Finger berührten das Bild, zogen es heraus, als hätten sie beschlossen, nicht mehr so lange zu warten, bis er zu einem Entschluss gekommen war.
    Unten, die Stimme seiner Mutter. Klang, als würde sie in den Flur zurückkommen. Immer noch telefonierend, aber das war schon die

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