Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
und Sergey Brin konzentrierten sich Mitte der 90er-Jahre bei ihren Untersuchungen der damals existierenden Suchmaschinen ausschließlich auf die Anomalien, die scheinbar trivialen Fehler in Systemen wie AltaVista. Diese Suchmaschinen, die vielversprechendsten Start-Ups ihrer Zeit, gewichteten Suchergebnisse vor allem danach, wie oft der Suchbegriff in einem Artikel erwähnt wurde. Manchmal ergab diese Methode wenig hilfreiche oder gar irrelevante Ergebnisse, aber dies galt als unbedeutende Macke des Systems, die mit der Zeit ausgebügelt oder einfach akzeptiert werden würde. Indem sie sich auf diese eine Anomalie konzentrierten, fanden Page und Brin eine entscheidende Schwäche im Gesamtkonzept und ergriffen die Chance, einen völlig anderen Algorithmus zur Gewichtung zu entwickeln, der darauf basierte, wie oft auf einen Artikel verlinkt wurde, und die Effektivität und den Einsatz von Suchmaschinen grundlegend veränderte.
Charles Darwin fand den entscheidenden Hinweis für seine Theorie bei der Untersuchung von Mutationen. Oft sind gerade die eigenartigen und zufälligen Mutationen die Ursache dafür, dass eine Art eine neue evolutionäre Richtung einschlägt. Anomalien sind kreative Entsprechungen der Mutationen. Wenn Sie sie studieren, können Sie vor allen anderen einen Blick in die Zukunft werfen.
Sich auf das fixieren, was da ist, und das ignorieren, was nicht da ist:
In der Geschichte »Silver Blaze« von Arthur Conan Doyle löst Sherlock Holmes einen Kriminalfall, indem er darauf achtete, was nicht passiert war: Der Hund der Familie hatte nicht gebellt. Der Hund musste den Mörder also gekannt haben. Diese Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen üblicherweise nicht auf das achten, was ich als Negativen Hinweis bezeichne, also auf das, was hätte passieren sollen, aber nicht passiert ist. Von Natur aus fixieren wir uns auf positive Informationen und bemerken nur, was wir sehen und hören können. Nur kreative Menschen wie Holmes denken weiter und präziser, sie ziehen die fehlenden Informationen bei einem Ereignis in Betracht. Sie sehen das Fehlen eines Elementes vor ihrem geistigen Auge, so wie wir die Anwesenheit von etwas sehen.
Viele Jahrhunderte lang hielten Ärzte Krankheiten für etwas, das den Körper ausschließlich von außen angreift – ein ansteckender Keim, ein kalter Luftzug, giftige Dünste und ähnliches. Die Behandlung hing davon ab, ob man ein Medikament fand, das den schädlichen Auswirkungen dieser externen Krankheitserreger entgegenwirkte. Anfang des 20. Jahrhunderts untersuchte der Biochemiker Frederick Gowland Hopkins die Symptome von Skorbut und kam auf die Idee, diese Sichtweise umzukehren. Diese spezielle Krankheit, so vermutete er, wurde nicht durch etwas ausgelöst, das den Körper von außen angriff, sondern durch etwas, das im Körper fehlte – in diesem Fall etwas, das man später als Vitamin C bezeichnete. Er dachte kreativ und betrachtete nicht das, was da war, sondern das, was nicht da war, um das Problem zu lösen. Er entwickelte daraus seine wegweisende Arbeit über Vitamine und veränderte unsere Vorstellungen von Gesundheit von Grund auf.
In der Wirtschaft wird oft das betrachtet, was bereits auf dem Markt ist, und nach einer Möglichkeit gesucht, wie man es besser oder billiger machen kann. Der eigentliche Trick – der negative Hinweis – besteht aber darin, sich auf einen Bedarf zu konzentrieren, der noch nicht gedeckt wird, also auf das, was nicht da ist. Das setzt mehr Gedankenarbeit voraus und ist nur schwer in Begriffe zu fassen, aber ein solcher ungedeckter Bedarf gleicht einer Goldgrube, wenn man ihn aufspürt. Ein guter Ansatzpunkt für derartige Überlegungen besteht darin, sich neue und verfügbare Technologien weltweit anzusehen und sich vorzustellen, wie sie auf völlig andere Weise eingesetzt werden könnten, um einen Bedarf zu decken, der unserer Meinung nach existiert, aber nicht zu offensichtlich ist. Ist der Bedarf zu offensichtlich, dann arbeitet wahrscheinlich schon jemand anders daran.
Die Fähigkeit, seinen Blickwinkel zu ändern, ist eine Funktion unserer Vorstellungskraft. Wir müssen lernen, uns mehr Möglichkeiten vorzustellen, als wir normalerweise in Betracht ziehen, und dabei sollten wir so offen und radikal wie möglich sein. Dies gilt gleichermaßen für Erfinder und Geschäftsleute wie für Künstler. Henry Ford etwa war ein äußerst kreativer Denker. Als er anfing, Automobile zu produzieren, stellte er sich ein
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