Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
Technologie-Branche, vor allem aber sollte es ein Crashkurs im Investitionswesen für Graham selbst sein. Er würde als lausiger Investor beginnen, und seine Schüler als lausige Unternehmer, die perfekte Kombination.
Auch dieses Mal lud er Robert Morris zu diesem Unternehmen ein. Zwei Wochen nach Trainingsbeginn stellten er und Morris jedoch fest, dass sie etwas ganz Großem auf der Spur waren. Durch ihre Erfahrungen mit Viaweb waren ihre Ratschläge verständlich und effektiv. Die Start-Up-Ideen, die sie betreuten, waren viel versprechend. Sie hatten das System entwickelt, um selbst schnell zu lernen, aber vielleicht war es an sich schon ein interessantes Modell. Die meisten Investoren kümmern sich nur um wenige Start-Ups pro Jahr. Sie sind zu sehr mit ihren eigenen Geschäften beschäftigt, um mehr zu schaffen. Aber was wäre, wenn Graham und Morris ihre Zeit ausschließlich mit diesem Ausbildungssystem verbrachten? Sie konnten ihre Dienstleistung in großem Maßstab anbieten und Hunderte Start-Ups fördern statt nur ein paar Dutzend. Sie würden als Investoren riesige Fortschritte in kurzer Zeit machen und mit ihrem neu gewonnenen Wissensschatz immer mehr Start-Ups zum Erfolg führen.
Wenn dieser Plan tatsächlich funktionierte, würden Morris und Graham nicht nur ein Vermögen verdienen, sondern auch die Wirtschaft bedeutend verändern, indem sie Tausende geschäftstüchtige Unternehmer ins System schleusten. Sie nannten ihre neue Firma Y Combinator. Es war ihr ultimativer Hack, der die Weltwirtschaft verändern sollte.
Sie brachten ihren Schülern alles bei, was sie mit der Zeit gelernt hatten – wie nützlich es sein konnte, nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für existierende Technologien zu suchen und nach noch unbefriedigtem Bedarf; wie wichtig ein enger Kundenkontakt war; dass Ideen so einfach und realistisch wie möglich bleiben sollten; und dass es besser war, ein überlegenes Produkt herzustellen und sich mit guter Qualität durchzusetzen als nur auf den Profit zu schielen.
Ihre Schüler lernten, und sie lernten schnell. Graham und Morris stellten fest, dass es nicht an der Idee lag oder am Universitätsabschluss, ob jemand ein erfolgreicher Unternehmer wurde, sondern am Charakter der Person – ob sie bereit war, ihre Idee anzupassen und Möglichkeiten zu nutzen, die sie sich vorher nicht vorgestellt hatte. Eben diese Eigenschaft – flexibles Denken – hatte Graham in sich und anderen Investoren entdeckt. Die andere unabdingbare Charaktereigenschaft war enorme Beharrlichkeit.
Mit den Jahren entwickelte sich Y Combinator auf seine ganz eigene Art und wächst weiterhin erstaunlich schnell. Der Wert der Firma wird inzwischen auf 500 Millionen US-Dollar geschätzt, und sie hat weiteres Wachstumspotenzial.
Viele Menschen haben eine falsche Vorstellung von dem Erfindungsreichtum und der Kreativität des menschlichen Geistes. Sie glauben, kreative Menschen hätten eine interessante Idee, die sie dann in einer linearen Entwicklung ausbauen und weiterentwickeln. Die Wahrheit ist allerdings wesentlich chaotischer und komplexer. Kreativität ist der sogenannten »Exaptation«, einer Art kreativen Zweckentfremdung, in der Natur sehr ähnlich. Bei der Evolution spielen Zufälle eine große Rolle. Die ursprüngliche Funktion von Federn etwa, die sich aus den Schuppen von Reptilien entwickelt haben, bestand darin, Vögel warm zu halten. (Vögel stammen von Reptilien ab.) Aber irgendwann entwickelten sich aus diesen Ur-Federn Schwungfedern, die für eine andere Funktion optimiert waren: das Fliegen. Unsere eigenen Vorfahren aus der Primatenfamilie lebten auf Bäumen, und die Form der Hand entstand, um Zweige schnell und sicher greifen zu können. Unsere ältesten hominiden Vorfahren, die auf der Erde gingen, fanden diese hoch entwickelte Hand sehr praktisch, um Steine aufzuheben, Werkzeuge herzustellen und mit Gesten zu kommunizieren. Möglicherweise entstand Sprache als rein soziales Werkzeug und wurde dann als Denkwerkzeug zweckentfremdet, was bedeuten würde, dass auch das menschliche Bewusstsein ein reines Zufallsprodukt ist.
Die menschliche Kreativität verhält sich ähnlich, was möglicherweise auf ein grundlegendes Muster bei allen Schöpfungen hinweist. Ideen entstehen nicht aus dem Nichts. Wir stoßen zufällig auf etwas – in Grahams Fall eine Radiosendung oder Fragen des Publikums nach einer Vorlesung. Mit ausreichender Erfahrung und im richtigen Zeitpunkt entstehen einige interessante
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