Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
anatomisch korrekte Versuchshand schnell zum Vorbild für die Industrie und zeigte neue Möglichkeiten für Handprothesen auf. Ihr Lösungsansatz erwies sich als berechtigt, und sie erntete Ruhm und Anerkennung für ihr Können als Ingenieur.
Doch Matsuokas Suche nach der organischen Natur der Hand und deren Nachbildung hatte damit erst begonnen. Nach ihrem Master-Abschluss in Robotik kehrte sie als Doktorand der Neurowissenschaft ans MIT zurück. Zurzeit nutzt sie ihr umfangreiches Wissen über die einzigartigen Neurosignale zwischen Hand und Gehirn für ihre Arbeit an einer Handprothese, die mit dem Gehirn verbunden ist und funktioniert und sich anfühlt wie eine richtige Hand. Sie arbeitet weiterhin mit hoch komplexen Konzepten, etwa dem Einfluss der Verbindung von Hand und Gehirn auf unser Denken im Allgemeinen.
Sie führt in ihrem Labor Tests durch, um herauszufinden, wie Menschen mit geschlossenen Augen unbekannte Objekte handhaben. Sie untersucht, wie die Probanden diese Objekte mit ihren Händen untersuchen und zeichnet die komplexen Neurosignale auf, die dabei ausgelöst werden. Sie sucht nach einer möglichen Verbindung zwischen solchen Untersuchungen mittels Tastsinn und abstrakten Denkprozessen (mit möglicherweise ähnlichen Neurosignalen), wenn wir etwa vor einem scheinbar schwierigen Problem stehen. Sie plant, Handprothesen mit diesem forschenden Tastsinn auszustatten. Bei anderen Experimenten bewegten Testpersonen eine virtuelle Hand. Dabei fand Matsuoka heraus, dass die Probanden eine umso größere Kontrolle über diese Hand hatten, je stärker sie das Gefühl bekamen, die Hand sei tatsächlich Teil ihres Körpers. Ein solches Gefühl will sie auch in der idealen Handprothese erzeugen, an der sie derzeit arbeitet. Von einer Umsetzung ist sie noch Jahre entfernt, aber eine künstliche Hand mit neurologischer Anbindung wird technologische Auswirkungen auf weit mehr als die Robotik haben.
In vielen Bereichen ist derselbe Denkfehler verbreitet, den ich als technische Scheuklappen bezeichne. Ich meine damit Folgendes: Um ein Fachgebiet oder eine Fähigkeit zu erlernen, vor allem wenn sie komplex sind, müssen wir uns mit vielen Details, Vorgehensweisen und Prozeduren beschäftigen, die Standard für Problemlösungen in den jeweiligen Bereichen sind. Es kann jedoch schnell passieren, dass wir jedes Problem nur noch durch dieselbe Brille sehen und dieselben Lösungsansätze und Strategien anwenden, die sich uns eingeprägt haben. Das ist immer der einfache Weg. Dabei verlieren wir das Gesamtbild aus dem Blick, den Zweck unseres Tuns, dass jedes Problem, vor das wir gestellt werden, anders ist und einen anderen Lösungsansatz erfordert. Wir bekommen einen Tunnelblick.
Die technischen Scheuklappen gibt es in allen Bereichen, wenn die Menschen den eigentlichen Zweck ihrer Arbeit aus dem Blick verlieren und die eigentliche Fragestellung vergessen, die sie dazu brachte, diese Arbeit in Angriff zu nehmen. Yoky Matsuokas Lösung für dieses Problem brachte sie an die Spitze ihres Faches. Sie war eine Reaktion auf den rein technischen Lösungsansatz, der in der Robotik vorherrschte. Sie denkt von Natur aus in größeren Maßstäben und sucht nach Verbindungen auf einer höheren Ebene: Wodurch erhält die menschliche Hand ihre außergewöhnliche Perfektion? Welchen Einfluss hat die Hand darauf, wer wir sind und wie wir denken? Sie lässt sich bei ihren Forschungen von diesen großen Fragen leiten und vermeidet so einen verengten Fokus auf technische Fragen, die das umfassende Bild außer Acht lässt. Auf diesem hohen Niveau wird das Denken frei, um ein Problem aus mehreren Blickwinkeln anzugehen: Warum sind die Handknochen so gebaut? Wodurch wird die Handfläche so beweglich? Wie beeinflusst der Tastsinn unser Denken im Allgemeinen? So kann Matsuoka sich eingehend mit den Details beschäftigen und gleichzeitig den übergeordneten Grund im Blick behalten.
Matsuokas Vorgehensweise ist ein gutes Vorbild für Ihre eigene Arbeit. Ihr Projekt oder das Problem, das Sie lösen wollen, sollte immer eine Verbindung zu etwas Größerem aufweisen – eine umfassende Frage oder Idee, ein inspirierendes Ziel. Sobald Ihre Arbeit schal wird, sollten Sie sich an Ihr eigentliches Ziel erinnern, den Grund, der Sie dazu brachte, diese Aufgabe zu beginnen. Diese größere Vision fasst Ihre einzelnen Untersuchungspfade zusammen und eröffnet Ihnen viele weitere Möglichkeiten, denen Sie nachgehen können. Erinnern Sie sich immer
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