Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
wieder an Ihr Ziel, und Sie werden sich nicht auf bestimmte Vorgehensweisen fixieren oder an trivialen Details festbeißen. Auf diese Weise arbeiten Sie mit den natürlichen Stärken des menschlichen Gehirns, das immer nach Verbindungen auf immer höherem Niveau sucht.
7. Kreative Zweckentfremdung
Im Sommer 1993 hörte Paul Graham (siehe Kapitel II, Seite 105–107) im Radio eine Geschichte, welche die zahllosen Möglichkeiten des Online-Handels anpries, der damals noch kaum existierte. Netscape wollte mit dem Werbespot vor dem eigenen Börsengang Interesse für die Branche wecken. Die Geschichte klang viel versprechend, blieb aber vage. Graham stand zu der Zeit an einem Scheideweg. Nach seinem Doktorabschluss in Technischer Informatik in Harvard folgte sein Leben immer demselben Muster: Er nahm eine Teilzeitstelle als Berater in der Softwarebranche an. Sobald er genug Geld gespart hatte, kündigte er und widmete sich seiner eigentlichen Leidenschaft – Kunst und Malerei –, bis ihm das Geld ausging. Dann suchte er sich einen neuen Job. Mit 31 Jahren hatte er genug von diesem Leben, und er hasste die Arbeit als Berater. Da war die Aussicht auf schnelles Geld, indem er etwas für das Internet entwickelte, äußerst verlockend.
Graham rief seinen alten Programmierpartner von Harvard an, Robert Morris, und schlug ihm die Zusammenarbeit bei einem eigenen Start-Up-Unternehmen vor, obwohl er keine Ahnung hatte, wo sie anfangen oder was sie eigentlich entwickeln sollten. Sie besprachen sich einige Tage lang und beschlossen dann, eine Software zu schreiben, mit der Firmen einen Online-Shop eröffnen konnten. Nun hatten sie zwar ein Konzept, standen aber vor einem anderen großen Problem: Zu jener Zeit musste ein Programm für Windows geschrieben sein, wenn es Verbreitung finden sollte. Graham und Morris waren aber leidenschaftliche Hacker, hassten Windows und hatten sich nie die Mühe gemacht zu lernen, wie man Anwendungen dafür programmierte. Sie schrieben das Programm lieber in Lisp und für Unix, das Open-Source-Betriebssystem.
Sie beschlossen, das Unvermeidbare noch ein wenig hinauszuschieben, und schrieben das Programm für Unix. Sie konnten es später problemlos für Windows konvertieren, aber bei diesen Überlegungen fielen ihnen die schrecklichen Folgen ihres Planes auf: Wenn das Programm unter Windows lief, mussten sie sich mit Anwendern von Windows herumschlagen und das Programm aufgrund deren Rückmeldungen weiterentwickeln. Das bedeutete, dass sie über Monate, vielleicht sogar jahrelang in Windows denken und programmieren mussten. Bei diesen unerträglichen Aussichten dachten sie ernsthaft ans Aufgeben.
Eines Morgens wachte Graham auf einer Matratze auf dem Boden in Morris’ Apartment in Manhattan auf und wiederholte immer wieder einen Satz, den er wohl geträumt hatte: »Man könnte das Programm steuern, indem man auf Links klickt.« Er setzte sich abrupt auf, als ihm die Bedeutung dieser Worte klar wurde: Sie konnten ein Programm für einen Online-Shop schreiben, das direkt auf dem Webserver lief. Die Kunden konnten es über Netscape downloaden und anwenden und durch das Anklicken einiger Links auf der Webseite einrichten. Dadurch mussten Morris und er kein Programm schreiben, das Nutzer auf ihrem Desktop installierten. Das wiederum bedeutete, dass sie sich um Windows gar nicht kümmern mussten. Es war die offensichtlichste Lösung, und dennoch gab es ein solches Programm bisher nicht. Er erzählte Morris aufgeregt von seiner Offenbarung, und sie beschlossen, es zu versuchen. Wenige Tage später war die erste Version fertig, und sie funktionierte wunderbar. Web-Anwendungen funktionierten offensichtlich.
In den folgenden Wochen entwickelten sie ihre Software weiter und fanden einen Investor, der 10 000 US-Dollar für 10 Prozent Geschäftsanteile bezahlte. Am Anfang interessierten sich nur wenige Händler für das Konzept. Ihre Anwendung war das erste Internet-basierte Programm für den Betrieb eines Online-Shops, und sie bildeten damit die Speerspitze des Online-Handels. Doch schließlich wurde es akzeptiert.
Wie sich herausstellte, hatte Graham und Morris’ neue Idee, die aus ihrer Abneigung gegen Windows heraus entstanden war, allerlei unerwartete Vorteile. Da sie direkt im Internet arbeiteten, konnten sie ständig neue Versionen ihrer Software produzieren und sofort testen. Sie konnten sich direkt mit ihren Kunden austauschen, bekamen auf diese Weise sofortige Rückmeldungen zu ihrem Programm
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