Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
dabei völlig heraushalten. Nachdem er diese mentale Haltung bei jeder Gelegenheit geübt hätte, würde sie schließlich zur Gewohnheit werden. Während er darüber nachdachte, wie das genau funktionieren könnte, überkam in ein seltsames Gefühl. Er erinnerte sich daran, wie er die Dogood-Briefe erfunden hatte: Damals hatte er sich in die erfundene Figur hineinversetzt, sich in ihre Welt begeben und sie so in seinem Kopf lebendig werden lassen. Im Wesentlichen ging es nur darum, diese schriftstellerische Fähigkeit auch im täglichen Leben zu nutzen. Indem er sich in andere hineinversetzte, würde er erkennen, was er tun musste, um deren Widerstand zu brechen oder ihre heimtückischen Pläne zu vereiteln.
Um diesen Plan auch narrensicher zu machen, brauchte er eine neue Lebenseinstellung: Er musste die menschliche Natur rigoros und ohne Einschränkungen akzeptieren. Jeder Mensch besaß tiefverwurzelte Eigenschaften und Charakterzüge. Manche waren leichtfertig, so wie Keith, andere nachtragend wie sein Bruder und wieder andere unflexibel wie die Drucker. Schon seit Menschheitsbeginn gab es solche Leute, überall auf der Welt. Sich über sie aufzuregen oder gar den Versuch zu unternehmen, sie zu ändern, war zwecklos. Dadurch wurden sie nur reizbar und abweisend. Das Beste war, solche Menschen zu akzeptieren, wie man die Dornen einer Rose akzeptiert. Es galt, die menschliche Natur zu beobachten und alles Wissenswerte abzuspeichern, so wie man auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse sammelt. Auf diese Weise hoffte er, seine hoffnungslose Naivität zu überwinden und mit seinen sozialen Kontakten etwas klüger umzugehen.
Franklinarbeitete mehr als eineinhalb Jahre in London, bis er endlich genügend Geld für die Rückreise in die Kolonien beisammen hatte. 1727 war er wieder in Philadelphia und erneut auf der Suche nach Arbeit. Dabei wurde er von seinem früheren Arbeitgeber, Samuel Keimer, mit einem attraktiven Stellenangebot in dessen Druckerei überrascht: Er sollte dort für das Personal zuständig sein und neue Arbeiter ausbilden, die Keimer erst vor Kurzem für sein expandierendes Unternehmen angeheuert hatte. Weil das Jahresgehalt, das Franklin dafür bekommen sollte, recht ansehnlich war, nahm er das Angebot an. Gleich zu Beginn spürte er jedoch, dass irgendetwas nicht stimmte. Also distanzierte er sich – so wie er es sich geschworen hatte – von der ganzen Situation und ließ sich die Fakten noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen.
Es gab fünf Männer, die er ausbilden sollte, aber sobald er das erledigt hätte, wäre nicht mehr viel für ihn zu tun. Auch Keimer selbst hatte sich seltsam benommen: Er war sehr viel freundlicher gewesen, als es normalerweise seine Art war. Er war ein eher verunsicherter und kratzbürstiger Mann, diese sehr freundliche Seite passte nicht recht zu ihm. Franklin versuchte, die Situation aus Keimers Sicht zu sehen. Sein überstürzter Aufbruch nach London, mit dem er Keimer ziemlich im Regen hatte stehen lassen, musste diesen sehr verärgert haben. Sicher hielt er Franklin für einen jungen Schnösel, der eine Strafe verdient hatte. Keimer war nicht der Typ, der über solche Dinge sprach, aber innerlich musste er gekocht und seine geheimen Pläne geschmiedet haben. Als Franklin das Stellenangebot aus diesem Blickwinkel betrachtete, wurden ihm Keimers Absichten plötzlich klar: Franklin sollte sein umfangreiches Wissen an die neuen Angestellten weitergeben, und danach würde Keimer ihn rauszuwerfen. Das wäre dann seine Rache.
Da er sich seiner Sache sicher war, beschloss er, den Spieß heimlich umzudrehen. Er nutzte seine neue leitende Position, um Kontakte zu Kunden und den erfolgreichen Geschäftsleuten der Gegend aufzubauen. Gleichzeitig experimentierte er mit ein paar neuen Produktionsmethoden, die er in England erlernt hatte. Jedes Mal, wenn Keimer nicht in der Druckerei war, brachte er sich selbst neue Fertigkeiten bei wie zum Beispiel das Gravieren oder die Herstellung von Tinte. Er beobachtete seine Lehrlinge ganz genau und bildete einen von ihnen zu einem erstklassigen Gehilfen aus. Als er schließlich das Gefühl hatte, Keimer würde ihn demnächst entlassen, kündigte er von sich aus und gründete seine eigene Druckerei: mit einem noch größeren Fachwissen, einem soliden und treuen Kundenstamm, einem erstklassigen, von ihm selbst ausgebildeten Gehilfen, und finanziell abgesichert.
Während er seine Strategie in die Tat umsetzte, hatte er bemerkt, dass er
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