Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
gegenüber Keimer keinerlei Verbitterung oder Ärger empfand. Es war wie bei einem Schachspiel: Indem er sich in Keimer hineinversetzte, konnte er den Spielverlauf nahezu perfekt kontrollieren und seine Züge ruhig und mit klarem Kopf machen.
Franklins Druckerei florierte, in den nächsten Jahren wurde er ein sehr erfolgreicher Zeitungsverleger und Schriftsteller. Auch als Wissenschaftler erlangte er durch seine Experimente mit Elektrizität einen gewissen Ruf, und die Entwicklung des Franklin-Ofens (später dann des Blitzableiters, der Bifokalbrille und anderer Geräte) machten ihn sogar zu einem erfolgreichen Erfinder. In der Gesellschaft von Philadelphia gewann er zunehmend an Ansehen, und 1736 beschloss er, dass es an der Zeit war, seine Karriere voranzutreiben und in die Politik zu gehen. Er wurde Mitglied des Abgeordnetenhauses der Kolonie Pennsylvania. Schon nach ein paar Monaten wählte man ihn anonym zum Präsidenten des Parlaments, eine Position mit erheblichem Einfluss. Als seine Amtszeit jedoch verlängert werden sollte, erhob ein neues Parlamentsmitglied, Isaac Norris, vehement Widerspruch und unterstützte einen Gegenkandidaten. Nach einer hitzigen Debatte gewann Franklin schließlich die Wahl. Die Ereignisse gaben ihm jedoch zu denken. Gefahr war im Verzug.
Norris war ein gebildeter, wohlhabender und charismatischer Geschäftsmann, sehr ehrgeizig und sich seines gesellschaftlichen Aufstiegs sicher. Würde Franklin jetzt, wie nach dem Kampf um den Posten des Verwaltungschefs zu erwarten, gegen Norris vorgehen, würde er dessen negative Einstellung damit nur untermauern und ihn sich zum erbitterten Feind machen. Ignorierte er ihn jedoch, so könnte Norris dies als beispielhaft für Franklins Arroganz ansehen und ihn umso mehr hassen. Viele hielten einen Gegenangriff sicherlich für die stärkste und männlichste Lösung. Franklin würde demonstrieren, dass mit ihm nicht zu spaßen war. Aber wäre es im Grunde nicht sehr viel klüger, Norris entgegen allen Erwartungen zu einem treuen Verbündeten zu machen?
Franklin ging sofort an die Arbeit und begann, Norris im Parlament ganz genau zu beobachten. Er sammelte jede Information über ihn, die er bekommen konnte, und versuchte, sich so tief wie möglich in seine Gedankenwelt hineinzuversetzen. So kam er zu dem Schluss, dass Norris ein sehr stolzer und in gewisser Weise emotionaler junger Mann war, der aber auch ein paar Schwächen hatte. Er schien nach Aufmerksamkeit zu lechzen, wollte von anderen geliebt und bewundert werden. Vielleicht beneidete er Franklin ja um dessen Popularität und Erfolge. Aus geheimen Quellen erfuhr Franklin, dass Norris eine etwas skurrile Leidenschaft hatte: Er besaß eine riesige Privatbibliothek mit vielen seltenen Büchern. Eines der Bücher, das ganz außergewöhnlich selten sein sollte, betrachtete Norris als seinen ganz besonderen Schatz. Man hatte den Eindruck, für ihn repräsentierten diese Bücher Würde und Überlegenheit.
Nachdem Franklin dies alles in Erfahrung gebracht hatte, beschloss er, folgendermaßen vorzugehen: Er schrieb Norris eine sehr höfliche Mitteilung, in der er seine Bewunderung für dessen Sammlung zum Ausdruck brachte. Er selbst sei ein passionierter Bücherliebhaber, und da er schon so viel von Norris seltenem Buch gehört habe, wäre er überglücklich, dieses einmal in aller Ruhe studieren zu können. Wäre Norris so freundlich, es ihm für ein paar Tage auszuleihen? Er werde sehr darauf achten und es ihm umgehend zurückgeben.
Norris war offensichtlich sehr erfreut über die Aufmerksamkeit, die man ihm entgegenbrachte, und ließ Franklin das Buch sofort zukommen. Wie versprochen schickte es dieser dann auch schon bald wieder zurück und fügte eine Notiz bei, mit der er sich sehr für diesen Gefallen bedankte. Bei der nächsten Zusammenkunft des Parlaments kam Norris auf Franklin zu und begann ein freundliches Gespräch mit ihm, etwas, das er zuvor noch nie getan hatte. Genau wie Franklin vermutet hatte, waren der Grund für Norris’ Verhalten seine Zweifel an Franklins Integrität. Diese Zweifel hatten sich jedoch nicht bestätigt. Stattdessen musste Norris erkennen, dass der Mann sich wie ein wahrer Gentleman benahm, sein Interesse an seltenen Büchern teilte und auch sein Wort hielt. Wie konnte er da noch weiterhin negative Gefühle gegenüber Franklin hegen, ohne sich dabei über sich selbst zu wundern oder sich zu fragen, warum er ihm das Buch überhaupt geschickt hatte? Indem
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