Perfekt
und das ist die reine Wahrheit.«
»Aber Sie müssen es wissen! Ich meine, Sie haben doch offensichtlich mit ihm gesprochen ...«
»Nein, hab' ich nicht. Zack würde eh ausgesprochen wütend werden, wenn er wüßte, daß ich selber hergekommen bin. Das Ganze sollte ausschließlich von Outsidern erledigt werden, aber ich dachte mir, das ist wahrscheinlich deine einzige Chance, seine Julie kennenzulernen. Sie müssen ihn schon höllisch gern haben.«
Er verstummte, und Julie entgegnete ruhig: »Ja, das tue ich. Er muß aber auch Ihnen viel bedeuten, wenn Sie das Risiko eingehen, mich aufzusuchen.«
»Teufel noch mal, das ist doch kein Risiko. Ich tue überhaupt nichts Ungesetzliches. Ich mache lediglich einen kleinen Besuch bei der Freundin eines Freundes. Und verstößt es etwa gegen irgendein Gesetz, durch die Hintertür hereinzukommen und im Dunkeln auf sie zu warten? Übrigens habe ich das Schloß an Ihrer Hintertür wieder repariert. Das Ding hätte ja jedes Kind aufbekommen. Bin ich nun ein Verbrecher oder ein Staatsfeind oder was?« scherzte er.
Er hatte gesagt, er sei hergekommen, um nachzusehen, ob sie alles hätte, was sie für ihre Reise bräuchte, und Julie wollte ihn gerade fragen, was er damit genau meinte, als er ihr mit derselben fröhlichen Stimme bereits die Antwort gab: »Jedenfalls bin ich hier, weil Zack wollte, daß Sie ein neues Auto kriegen - Sie wissen schon, nur für den Fall, daß Sie sich in ein paar Tagen plötzlich entscheiden sollten, eine kleine Reise anzutreten -, also habe ich gesagt, daß ich es Ihnen bringen würde. Und hier bin ich.«
Julie war augenblicklich klar, daß sie dieses Auto vermutlich dazu benutzen sollte, um ihre Verfolger abzuschütteln, wenn sie Keaton in zwei Tagen verließ. »Bitte sagen Sie mir, daß es nicht gestohlen ist«, entgegnete sie in einem so lehrerinnenhaft strengen Ton, daß er lachen mußte.
»Keine Angst. Es ist nicht gestohlen. Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich mich vom Geschäft zurückgezogen habe. Zack hat es bezahlt, und ich bin lediglich der Überbringer des Geschenks. Ich glaube nicht, daß es irgendein Gesetz gibt, das es einem flüchtigen Sträfling verbietet, mit seinem durch ehrliche Arbeit hart verdienten Geld einer Dame ein Auto zu kaufen. Was sie dann mit diesem Auto macht, das geht mich ja wohl einen feuchten Kehrricht an.«
»Ich habe kein Auto vor dem Haus parken sehen.«
»Natürlich nicht!« sagte er mit gespieltem Entsetzen. »Ich würde doch nicht im Traum daran denken, irgendeine mög-liche Stadtverordnung zu verletzen, indem ich Ihre hübsche Straße zuparke. Folglich habe ich den Wagen in der Stadt auf dem Parkplatz hinter einem Geschäft namens Kelton's Dry Goods abgestellt.«
»Warum?« fragte Julie und kam sich irgendwie dumm vor.
»Das ist eine interessante Frage. Ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich auf diesen verrückten Gedanken gekommen bin«, witzelte er, und Julie fühlte sich plötzlich an die unverbesserlichen achtjährigen Lausbuben erinnert, die sie unterrichtete. »Ich dachte wohl einfach, daß es ja sein könnte, daß Sie eines Tages vielleicht plötzlich Lust bekommen, Ihr eigenes Auto vor dem Geschäft zu parken, reinzugehen, sich drinnen etwas umzusehen und es dann durch die Hintertür zu verlassen, um mit Ihrem neuen Wagen eine kleine Probefahrt zu unternehmen. Natürlich könnte es sein, daß das Ihre Verfolger etwas irritiert. Ich meine, es würde Ihnen wahrscheinlich ganz schön schwerfallen, rauszufinden, wohin Sie verschwunden sind, was für ein Auto Sie fahren, was Sie anhaben - ich könnte mir nämlich vorstellen, daß Sie plötzlich auch Lust bekommen, in einen anderen Mantel oder etwas Ähnliches zu schlüpfen, das Sie rein zufällig in Ihrer Aktentasche dabeihaben. Wäre doch alles theoretisch möglich, wenn Sie verstehen, was ich meine?«
Julie nickte in der Dunkelheit, doch der verschwörerische Unterton in seiner Stimme verursachte ihr Unbehagen. »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte sie und lachte nervös.
Der Schaukelstuhl quietschte, als er aufstand. »War nett, Sie kennengelernt zu haben«, sagte er, während seine Hand einen Augenblick auf ihrem Arm ruhte. »Leben Sie wohl, Julie. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun.«
Julie hoffte es auch.
»Knipsen Sie das Licht hinter dem Haus bitte erst an, wenn ich weg bin.«
Sie lauschte, bis seine Schritte verklungen waren. Wenn sie sich nicht täuschte, zog ihr geheimnisvoller Besucher einen Fuß etwas
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