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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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diesem unförmigen Pullover ganz bezaubernd aus.«
    Zu spät wurde Julie sich jetzt der Tatsache bewußt, daß ihm nach fünf Jahren Gefängnisaufenthalt vermutlich jede Frau gefallen würde, und sie trat vorsichtig einen Schritt zurück. »Das letzte, was ich möchte, ist Ihnen zu gefallen«, sagte sie und machte auf dem Absatz kehrt.
    »Julie!« rief er, und alle gute Laune war aus seiner Stimme verschwunden.
    Sie fuhr herum, überrascht und erschrocken über den raschen Stimmungswechsel. Als er, ein Weinglas in jeder Hand, auf sie zuging, machte sie vorsichtig noch einen weiteren Schritt zurück. »Trinken Sie einen Schluck«, befahl er und hielt ihr ein langstieliges Glas hin. »Trinken Sie, verdammt noch mal!» Er bemühte sich sichtlich, seinen Ton zu mildern. »Es wird Ihnen helfen, sich zu entspannen.«
    »Warum sollte ich mich entspannen?« konterte sie widerspenstig.
    Trotz ihres störrisch gehobenen; Kinns und ihres rebellischen Tons lag ein ängstliches Beben in ihrer Stimme, und als Zack das bemerkte, löste sich sein Ärger über sie in Luft auf. Sie hatte innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden soviel Mut gezeigt, hatte sich ihm so unerbittlich widersetzt, daß er tatsächlich die meiste Zeit über geglaubt hatte, sie habe überhaupt keine oder zumindest keine besonders große Angst vor ihm. Jetzt aber, als er in ihr nach oben gewandtes Gesicht blickte, sah er, daß die Tortur, der er sie ausgesetzt hatte, um ihre herrlichen Augen herum leichte Spuren hinterlassen hatte, und ihr Gesicht war totenblaß. Sie war wirklich erstaunlich, dachte er - couragiert, liebenswert und ver-dammt tapfer. Wenn er sie nicht gemocht hätte - aufrichtig gemocht hätte wäre es ihm vielleicht gleichgültig gewesen, daß sie ihn ansah, als sei er ein gefährliches Raubtier. Klugerweise unterdrückte er das Bedürfnis, seine Hand an ihre Wange zu legen, und anstatt sich bei ihr dafür zu entschuldigen, daß er sie entführt hatte - was sie zweifellos als scheinheiliges Getue angesehen hätte -, tat er etwas, was er sich eigentlich vorgenommen hatte, nie wieder zu tun: Er versuchte, sie von seiner Unschuld zu überzeugen. »Eben habe ich Sie gebeten, sich zu entspannen, und ...«, setzte er an, aber sie unterbrach ihn.
    »Sie haben mich nicht gebeten, mich zu entspannen, Sie haben es mir befohlen.«
    Ihr tadelnder Tonfall brachte ein zögerndes Lächeln auf seine Lippen. »Aber jetzt bitte ich Sie darum.«
    Durch diese Liebenswürdigkeit völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, nippte Julie an ihrem Wein und versuchte ihre verwirrten Gedanken zu ordnen, während er keinen halben Meter entfernt stand, sie um Haupteslänge überragend und mit seinen breiten Schultern ihr Blickfeld fast versperrend. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß er sich, während sie schlief, geduscht, rasiert und umgezogen haben mußte ... und daß Zachary Benedict, in eine dunkelgraue Flanellhose und einen schwarzen Pullover gekleidet, in natura noch wesentlich attraktiver war als auf der Leinwand. Er hob seine Hand und stützte sich neben ihrer Schulter gegen die Wand ab; als er weitersprach, hatte seine tiefe Stimme wieder denselben faszinierend sanften Klang: »Auf dem Weg hierher haben Sie mich gefragt, ob ich das Verbrechen, für das ich verurteilt wurde, auch begangen habe, und beim ersten Mal habe ich Ihnen schnodderig, das zweite Mal unwirsch geantwortet. Jetzt würde ich Ihnen gern freiwillig die Wahrheit erzählen ...«
    Julie riß ihren Blick von ihm los und starrte in den rubinroten Wein in ihrem Glas. Sie hatte plötzlich Angst davor, daß sie in ihrem momentanen Zustand in Gefahr sein könnte, die Lüge, die er ihr, wie sie meinte, gleich auftischen würde, tatsächlich zu glauben.
    »Schauen Sie mich an, Julie.«
    Mit einer Mischung aus Furcht und hilfloser Erwartung hob sie ihren Blick und sah in seine ruhigen, bernsteinfarbenen Augen.
    »Ich habe weder meine Frau noch sonst jemand umgebracht oder umbringen lassen. Ich wurde für ein Verbrechen verurteilt, das ich nicht begangen habe. Ich wünschte mir, Sie würden zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß ich Ihnen die Wahrheit erzähle.«
    Sie starrte ihn unschlüssig an, doch vor ihrem geistigen Auge lief noch einmal die Szene an der unsicheren Brücke ab. Anstatt darauf zu bestehen, daß sie mit ihm über die Brücke fuhr, hatte er sie aussteigen lassen, und er hatte ihr warme Decken gegeben für den Fall, daß die Brücke einstürzte und er in dem tiefen, eiskalten

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