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Perfekt

Titel: Perfekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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bewegen.«
    »Ganz ruhig«, ermahnte Julie sich selbst, aber sie war jetzt ausgeschlafen und hellwach, und ihr Verstand überschlug sich geradezu vor Fluchtplänen, von denen jedoch keiner auch nur im geringsten überzeugend wirkte. Und darüber hinaus war sie halb verhungert. Zuerst mußte sie etwas essen; danach würde ihr schon einfallen, wie sie von hier wegkam.
    Sie nahm die Jeans aus dem Koffer, die sie in Amarillo getragen hatte. Ihre Unterwäsche hatte sie nach der Dusche ausgewaschen, aber sie war noch immer tropfnass. Sie zog die Jeans an, betrat, da sie etwas Sauberes zum Anziehen suchte, das Ankleidezimmer und betrachtete die Männerpullover, die fein säuberlich in einem Regal lagen. Ein grobgestrickter beiger Pulli schien das Richtige, und sie hielt ihn an sich. Er reichte ihr bis zu den Knien. Achselzuckend entschied sie, daß es völlig gleichgültig war, wie sie aussah, und die Tatsache, daß der dicke Pullover darüber hinaus auch verbergen würde, daß sie keinen BH trug, war ihr nur recht. Sie schlüpfte hinein. Bevor sie sich hinlegte, hatte sie sich die Haare gewaschen und trocken gefönt. Automatisch beugte sie sich vor und bürstete ihr Haar mit kräftigen Strichen durch; seltsamerweise wirkte diese vertraute Routine irgendwie tröstlich. Dann richtete sie sich wieder auf und kämmte es nach hinten, so daß es in leichten Naturwellen auf ihre Schultern herabfiel. Sie griff nach ihrer Handtasche, um etwas Lippenstift aufzutragen, änderte dann jedoch ihre Meinung. Sich für einen entflohenen Sträfling hübsch zu machen, war nicht nur völlig überflüssig, sondern wäre in Anbetracht des Kusses vermutlich sogar ein großer Fehler gewesen.
    Dieser Kuß ...
    Es schien Wochen, nicht nur Stunden her, daß er sie im Schnee geküßt hatte, und jetzt, ausgeruht und hellwach, war Julie sich ziemlich sicher, daß es ihm dabei ausschließlich um seine eigene Sicherheit gegangen war. Sein Interesse an ihr war bestimmt nicht sexueller Natur gewesen.
    Ganz bestimmt nicht.
    Bitte, lieber Gott, hoffentlich nicht!
    Sie schaute in die Spiegel an den Badezimmerwänden und war beruhigt. Ihr ganzes Leben lang war sie zu beschäftigt gewesen, um sich viel um ihr Aussehen zu kümmern. Wenn sie Zeit dazu hatte, sich im Spiegel zu mustern, hatte sie immer das Gefühl, ihre Gesichtszüge seien zu auffällig - die Augen zu groß, die Wangenknochen zu hoch, und dann war da noch diese Kerbe in ihrem Kinn, die man seit ihrem dreizehnten Lebensjahr deutlich sah. Jetzt jedoch war sie mit ihrem Aussehen hochzufrieden. In Jeans, einem übergroßen Pullover, das Haar schlicht und ohne Make-up, würde kein Mann sie sexuell anziehend finden - und einer, der mit Hunderten traumhaft schöner Filmstars im Bett gewesen war, schon gleich gar nicht. Sein Interesse an ihr würde ganz bestimmt nicht sexueller Natur sein. Da war Julie sich sicher.
    Tief Luft holend, griff sie nach dem Türknauf und drehte ihn, zögernd, aber gefaßt, ihrem Entführer gegenüberzutreten. Die Tür war nicht verschlossen. Dabei erinnerte sie sich ganz genau daran, daß sie, bevor sie zu Bett gegangen war, zugesperrt hatte.
    Leise öffnete sie die Tür und betrat den Hauptraum des Hauses. Einen Augenblick lang betrachtete sie die einladende Schönheit und empfand das angenehme Ambiente. Im Kamin loderte ein wärmendes Feuer, die Lampen hoch oben im Gebälk tauchten alles in ein sanftes Licht, und auf dem Tisch brannten Kerzen, deren flackernder Schimmer sich in den geschliffenen Weingläsern, die ihr Entführer neben die weißen Leinensets gestellt hatte, reflektierte. Vielleicht waren die Weingläser und die Kerzen schuld daran, daß Julie sich plötzlich vorkam, als beträte sie eine Verführungsszenerie. Möglicherweise waren es aber auch das schummerige Licht und die gedämpfte Musik aus der Stereoanlage. Um dem Ganzen etwas von seiner Romantik zu nehmen, versuchte Julie, ihrer Stimme einen frischen, geschäftsmäßigen Klang zu geben, als sie auf Zachary Benedict zuging, der mit dem Rücken zu ihr in der Küche stand und etwas aus dem Herd nahm. »Erwarten wir Besuch?«
    Er drehte sich um und schaute sie an, und ein unerklärliches leichtes Lächeln spielte um seine Lippen, als er sie von Kopf bis Fuß musterte. Julie hatte das untrügliche, doch abwegige Gefühl, daß ihm das, was er sah, tatsächlich gefiel, und dieses Gefühl wurde noch zusätzlich dadurch verstärkt, daß er sein Weinglas wie zu einem Toast erhob und sagte: »Irgendwie sehen Sie in

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