Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Performer, Styler, Egoisten

Performer, Styler, Egoisten

Titel: Performer, Styler, Egoisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Heinzelmaier
Vom Netzwerk:
Egoisten auf der großen Bühne der Gesellschaft zu inszenieren, so bewundert man zumindest jene, die die Möglichkeit dazu haben und mit aller Konsequenz nur vom persönlichen Nutzen geleitet agieren. Die hedonistischen Egoisten in der Politik führen quasi stellvertretend für die vom sozialen Aufstieg ferngehaltenen bildungsfernen Jugendlichen jene unmoralischen Rollen auf großer Bühne auf, die diese selbst nur auf der kleinen Nebenbühne ihrer Alltagsexistenz spielen können. Und so bewundert der kleine Gauner den großen Gauner, der ihm ein Vorbild ist, von dem er weiß, dass er es niemals erreichen wird.
    Entsprechend dieser Bewunderung für unmoralisch-egozentrische Menschen in der Politik stimmen fast 35 Prozent der Wiener Lehrlinge der Aussage zu: „Ich finde Strasser gut, weil er für sich persönlich herauszuholen versucht hat, was geht.“ Im Gegensatz zu den Lehrlingen finden sich unter den Studierenden und SchülerInnen höher bildender Schulen sehr wenige (ca. 8 Prozent), die dieser Aussage etwas Positives abgewinnen können. Es steht die Befürchtung im Raum, dass ein großer Teil der Lehrlinge vom individualistischen Nutzendenken geleitet wird und damit noch keine oder kaum praktische, affektiv aufgeladene Erfahrungen mit dem aristotelischen Tugendprinzip gemacht hat, nach dem nur derjenige wirkliches Glück empfinden kann, der in seinem Handeln auch das Glück seines Mitmenschen berücksichtigt. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass alle diese Lehrlinge noch niemals die Möglichkeit hatten, in einer Verantwortungsrolle zu handeln. Nach Helmut Klages ist ein solches verantwortliches Handeln eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen einer Synthese zwischen Lust- und Realitätsprinzip, die die Voraussetzung für die Ausprägung von Primärtugenden und von Empathie für die Mitmenschen ist. Wie Aristoteles, der meinte, dass man das Spiel der Kithara dadurch erlernt, dass man sie spielt, entsteht für Helmut Klages Demokratiefähigkeit und Moralität dadurch, dass man in der Praxis demokratisch und moralisch handelt. Es folgt also nicht das Handeln aus dem Wissen, sondern das Wissen aus dem Handeln.
    Handlungsgründe und Handlungsmotive
    Dass das Handeln junger Menschen nicht von einem einzigen Handlungsgrund abhängt, zeigt die Frage nach den Handlungsmotiven in alltäglichen Lebenssituationen. Junge Menschen werden sowohl von ideellen Werten als auch von Gefühlen, persönlichen Nutzenüberlegungen und von materiellen Anreizen zum Handeln motiviert. Hervorstechend ist, dass nur noch für wenige Jugendliche Handlungsmotivationen von den Weltanschauungen einer politischen Partei oder den Werten einer Religionsgemeinschaft ausgehen. Offensichtlich handelt es sich sowohl bei Parteien als auch Kirchen um Institutionen, von denen kaum mehr moralisch-orientierende Impulse ausgehen.
    Wir sehen deutlich, dass sich die Handlungsgründe der jungen Menschen breit aufgefächert darstellen. Der überwiegende Teil der Jugendlichen geht davon aus, dass je nach dem soziokulturellen Feld, in dem man sich bewegt, unterschiedliche Handlungsmotive wirksam sind. So zeigt sich, dass im persönlichen, familiären Umfeld eher aufgrund von Werten und Gefühlen gehandelt wird, im beruflichen Umfeld dagegen der persönliche Nutzen und das materielle Interesse stark motivierend wirken. Grob gesagt kann Familie als moralische Sphäre bezeichnet werden, in der in Anlehnung an das aristotelische Glücksprinzip Selbstverwirklichung durch altruistisches, am Wohle der anderen ausgerichtetes Handeln zu erreichen gesucht wird, während am Arbeitsplatz möglichst rücksichtslos und ohne Bedenken der eigene Vorteil auf Kosten der anderen angestrebt wird. Mit dieser moralischen Ambivalenz scheint ein kleinbürgerlicher Menschentypus umschrieben zu sein, der außerhalb der Familie Handlungsmaximen folgt, für die er sich schämen oder schuldig fühlen müsste, würde er nach ihnen auch innerhalb der Familie handeln.
    Die Bindung an die Weltanschauung einer politischen Partei oder die Werte einer Religionsgemeinschaft unterliegen dem starken Einfluss des Bildungsstandes. Während man unter SchülerInnen und StudentInnen gerade einmal 10 Prozent findet, die sich in ihrem Handeln von politischen Weltanschauungen und religiösen Werten leiten lassen, ist es bei Lehrlingen und Berufstätigen immerhin fast ein Drittel. Es zeichnet sich hier das durchaus bemerkenswerte Phänomen ab, dass die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz

Weitere Kostenlose Bücher