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Perlenregen

Perlenregen

Titel: Perlenregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirstie Papers
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im Shinetime bin, guckte ich mir die Auslage eines sündhaft teuren Juwelierladens im Schaufenster an. Ich liebe Schmuck! Besonders in diesem Geschäft gibt es die tollsten und glitzerndsten Stücke, die man sich nur vorstellen kann – preislich ist nach oben hin nichts offen. Hinein getraut hatte ich mich noch nie. Ich stand gerade  vorm Schaufenster ganz rechts an der Ecke, direkt neben dem Dessousladen. Sehnsüchtig betrachtete ich die filigranen Diamantenringe, die nur darauf zu warten schienen, einmal meine Finger zu verzieren. Mit einem leisen Seufzer hielt ich meine rechte Hand dicht an die Glasscheibe, ganz so als wollte ich mit dem Ringfinger Maß nehmen.
    Genau in diesem Moment steckte ein Mann seinen Kopf ins Schaufenster und verrückte ein Paar Hochzeitsringe. Zuerst war sein Gesicht nach unten gerichtet, keine dreißig Zentimeter und in gleicher Höhe von meiner immer noch ausgestreckten Hand entfernt. Als er diese sah, fuhr sein Kopf hoch und wir schauten uns erschrocken an. Seine Augen schimmerten grün mit kleinen braunen Sprenkeln durch die Schaufensterscheibe. Die dunklen Haare trug er modisch kurz geschnitten , am Hals konnte ich einen beigefarbenen Poloshirtkragen erkennen. Das alles spielte sich innerhalb weniger Sekunden ab. Als ich gerade dachte: Gott sei Dank war ich vorgestern im Nagelstudio , schlug bei mir buchstäblich der Blitz ein.
    Urplötzlich hielt die Welt den Atem an. Um mich herum verstummten alle Geräusche , die Bewegungen der anderen stoppten abrupt. Menschen, die eben noch an mir mit klappernden Absätzen vorbeigingen, erstarrten zu Salzsäulen. Das helle Licht der Passage erlosch, um mich herum spürte ich nur Ruhe und Dunkelheit. Es gab lediglich zwei Personen, die sich bewegten: mein Gegenüber und ich. Die Beleuchtung für die Schmuckauslage vor mir funktionierte; und so waren der Fremde, die Glitzerringe und ich das Einzige, was noch real wirkte. Wie in Zeitlupe führte ich meine Finger langsam zurück an meinen Körper und der Traummann und ich lächelten uns verzaubert an.
    Dann machte es Puff und der Spuk war vorbei. Wie vom Donner gerührt, starrte ich weiter in das Schaufenster, doch der Mann war verschwunden und die Ringe lagen dort, als wäre nichts geschehen. Auch die Leute liefen und sprachen völlig normal weiter. War ich komplett durchgedreht? Ich suchte nach einer versteckten Kamera, schaute in alle Richtungen und kniff mir selbst in den Arm. Ob ich verrückt war? Hier direkt vor meinen Augen hatte mir doch gerade eben der tollste Kerl, den ich je gesehen habe, meinen Verstand geraubt! Wo war der denn jetzt?
    Vorsichtig ging ich zur geschlossenen Eingangstür und schielte in den Laden hinein. Tatsächlich, da drüben saß er! Er befand sich offensichtlich in einem Kundengespräch , hielt einem älteren Herrn irgendwelchen Schmuck vor die Nase. Angestrengt stierte ich durch das dicke Glas, bis mein Traummann sich beobachtet fühlte und zurück guckte. Er schaute kurz überrascht in meine Richtung und widmete sich dann erneut seiner Kundschaft. Das war total irre! Bestimmt hatte ich so was wie ein Déjà-vu, bloß andersherum. Irritiert ging ich nach Hause, doch das Erlebnis geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. Seitdem schleiche ich mich regelmäßig an das Juweliergeschäft an, stelle mich an den Ort des Geschehens und versuche, die Auslage zu hypnotisieren. Vielleicht liegt es daran, dass die Ringe ausgetauscht wurden – statt der zierlichen Weißgoldringe liegt dort jetzt kostbarer Email-Schmuck. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich den Traumtypen trotz intensivsten Spähens nicht mehr ausfindig machen konnte. Oder es liegt einfach daran, dass ich mir das alles nur eingebildet habe?
    Ein neuer Versuch kann nicht schaden. Da das Wetter heute so herrlich ist, wirkt das Shinetime wie leergefegt – bei dem strahlenden Sonnenschein draußen zieht es die Menschen zum Flanieren nicht unter eine große Glaskuppel, sondern ins Freie. In den Geschäften stehen die Verkäufer gelangweilt herum oder unterhalten sich mit ihren Kollegen. Zielstrebig steuere ich den Schmuckladen an und betreibe mein übliches Spiel: Vor das Schaufenster positionieren, Schmuck anstarren, Hand ausstrecken, sehnsuchtsvolle Gedanken aussenden – doch nichts passiert. Nela, du bist bekloppt, schimpfe ich mit mir selbst. Ernüchtert lehne ich mich mit dem Rücken an die Glasfront und schaue mich um. Was soll ich jetzt anfangen? Ob ich Malte anrufe? Der würde sich sicherlich freuen

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