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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bongartz
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sollte doch richtig an die Öffentlichkeit! So kleine Erwähnungen sind da nicht genug. Schade, daß ich keine Zeit habe, noch länger zu bleiben.«
    Der Nachmittag verging schleppend. Die Sekunden krochen über das glatt gebohnerte Parkett, in dessen Fischgrätenmuster sich karikaturhaft die Gesten der Gäste spiegelten. David rührte sich nicht vom Fleck. Er war eine einzige Attacke auf mein Gewissen. Immer, wenn ich glaubte, nun seinen wahren Charakter erkannt zu haben, zeigte er sich wieder in neuem Licht. Als der unbekannte Herr sich sichtlich angetan von David verabschiedet hatte, ergriff ich die Gelegenheit und ging auf David zu. Noch ehe ich etwas sagen konnte, sprach er.
    »Ich weiß, daß du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Du warst nicht der einzige, der sich nach dem Selbstmord meines Vaters von mir abwandte. Die Situation war wohl zu schwer für dich.«
    Einen Augenblick lang wußte ich nicht, was ich auf diese Version erwidern sollte. Ich sah mich verlegen um.
    »Mona ist schon gegangen, wenn sie es ist, die du suchst. Sie geht mir aus dem Weg, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.«
    »Du hast dich nicht gerade fair ihr gegenüber verhalten, gelinde gesagt. Sie hat zwar nicht gehört, wie du über sie sprachst. Aber wenn du dich dementsprechend verhalten hast, hat sie allen Grund, dich in Grund und Boden zu wünschen.«
    »Hat sie etwas gesagt?«
    »Natürlich nicht.«
    »Die Sache mit Mona tut mir leid. Sie hat sich wirklich reizend um mich gekümmert. Ich hatte gehofft, in ihr jemanden zu haben, mit dem ich mich besprechen kann. Du hast dich ja aus dem Staub gemacht.«
    »Wie kommst du dazu, nun mit den Bildern durch die Talkshows zu gehen?«
    »Ich brauche Öffentlichkeit, um die Eigentümer zu finden.«
    Glaubte David, was er sagte?
    »David, dein Großvater war nicht Otto Abetz.«
    »Ach, jetzt verbreitest du auch dieses Märchen. Ihr wollt euch alle entlasten.«
    Eine Hilfe des Cateringservice bot uns weiteren Champagner an.
    »Vielen Dank«, sagte David, »wenn Sie vielleicht noch ein Glas Wasser für mich hätten?«
    »Seit wann trinkst du keinen Alkohol?«
    »Seit Ahlbeck. Ich mache das jedes Jahr einmal. Einige Wochen keinen Alkohol. Bis Silvester. Die Askese tut mir gut.«
    Spontan fragte ich ihn, ob wir zusammen etwas essen gehen sollten.
    »Gerne, aber bist du sicher, daß du das möchtest?«
    Als ich im Büro meinen Mantel holte, entdeckte ich eine Notiz von Mona. Sie wollte sich mit mir treffen. Schon im Mantel, wendete ich die Notiz in der Hand, griff zum Hörer, um sie anzurufen, verwarf den Gedanken, las den Zettel noch einmal und wandte mich zur Tür. David stand im Rahmen.
    »Ruf sie doch an und geh mit ihr essen. Das überlegst du doch, nicht wahr? Es tut dir leid, daß du mich zum Essen gebeten hast. Das hast du nur getan, weil Mona dir durch die Lappen gegangen ist. Hat sie dir übrigens erzählt, daß sie schwanger von mir war?«
    Mir stockte der Atem. »Ich sagte dir doch, sie hat mir überhaupt nichts erzählt«, preßte ich hervor.
    »Nun, das war ihre sogenannte Krankheit. Eine Abtreibung ist, wie du vielleicht nicht weißt, für eine Frau kaum angenehm, selbst wenn sie den Vater des Kindes nicht liebt.«
    Damit war er weg. Ich ließ mich auf einen Schreibtischstuhl fallen. David schaffte es immer wieder, eine Situation herzustellen, der ich mich nicht entziehen konnte. Im entscheidenden Moment schlug er einen Haken. Ich stand auf und verließ das Büro. Es hatte zu schneien begonnen. Die Luft hatte genau die Temperatur, um die kleinen Flocken vor der sofortigen Schmelze zu schützen. Ich ging über einen weißen Teppich, hinter mir verschneiten meine Tritte sofort. Ich hinterließ keine Spuren.

DREISSIG
    Ich hole mir noch ein Glas Wein und zünde mir, was ich seit Monaten nicht mehr getan habe, eine Zigarette an. Ich kann nicht ins Bett gehen. Ich würde kein Auge zutun. Mona hat Madame Eugénie wissen lassen, daß sie heute um die Mittagszeit in Brüssel landet. Mir wäre es lieber, wenn sie nicht käme. Es ist ein scheußliches Gefühl, den Morgen heraufkommen und immer heller werden zu sehen und sich zu wünschen, es bliebe Nacht. Ich möchte mich dem Licht entziehen. Auch die Brüsseler Ausflucht hat nicht gehalten, was ich mir davon versprochen habe. Dickicht. Anonymität. Verschwinden. Vermutlich wird Madame Eugénie in einer halben Stunde fertig angezogen vor mir stehen, verwundert über mein frühes Aufstehen, um dann kopfschüttelnd festzustellen,

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