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Perlensamt

Perlensamt

Titel: Perlensamt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bongartz
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kamen, Herr Doktor«, sagte Frau Arno leicht verlegen. »Ich glaube, es war die einzige Zeit in seinem Leben, in der er wirklich glücklich war.«
    Ich gab mir einen Schubs. Es mußte sein.
    »War er denn nicht glücklich, als Mona Herbarth sich um ihn gekümmert hat?«
    »Die junge Frau, die da war, als er aus dem Krankenhaus kam?«
    Frau Arno ließ keinen Zweifel daran, daß die junge Frau nicht ihr Geschmack gewesen war. Sie ließ durchblicken, daß Mona frech und vorlaut war und keine Erziehung hatte.
    »Die junge Frau hatte keinen Respekt vor der Familie. Sie ging anmaßend durch die Wohnung.«
    Mona hatte laut über den muffigen Plüsch gelacht. Ich mußte innerlich grinsen. Ich stellte mir vor, wie ihr Röntgenblick die meisten Gegenstände in der Wohnung geschwind als Talmi entlarvt hatte.
    »Sie meinen also, die beiden hätten keine gute Zeit zusammen gehabt?«
    Frau Arno verzog das Gesicht.
    »Ich sehe das von meiner Warte. Jedenfalls war David nicht so ausgeglichen wie zu der Zeit, als Sie uns besuchten. Auch wenn er mir das Fräulein als seine Verlobte vorstellte.«
    »Er hat was getan?«
    »Er hat sie mir als seine Verlobte vorgestellt.«
    »Und, stimmte das? Waren sie verlobt?«
    »Woher soll ich das wissen? Eine Weile jedenfalls kam die junge Frau regelmäßig. Plötzlich dann raffte sie nach einem Streit ihre Sachen zusammen und tauchte nie wieder auf. Ich habe dem Braten von Anfang an nicht getraut. Wenn Sie mich fragen, dann war der Streit ein Vorwand. Und wenn Sie mich noch weiter fragen, Herr Doktor: So ist David einfach nicht. Unsereins redet ja über so was nicht, aber David hat s nie so mit Frauen gehabt. Natürlich sprach man in der Familie nicht darüber. Wie auch immer – ich bin froh, daß sie weg ist. Es hat sich schon genug verändert, seit David ohne seine Eltern ist. Erst hängt er die vielen Bilder auf, dann …«
    »Er hängt die Bilder auf?«
    »… hängt er sie wieder ab und läßt alles renovieren. An die merkwürdige Party und den Zinnober mit der Somnambulen mag ich gar nicht denken.«
    »Sie meinen das Medium?«
    »Hm, genau. Und dann eben war diese junge Frau im Haus. Überall schnüffelt sie herum, alles begrapscht sie. Sie riecht sogar an den Bildern. Einmal habe ich sie dabei erwischt, wie sie ein Stilleben an einer Ecke mit Spucke berieben hat. Ich glaube, diese Frau ist nicht ganz dicht. Nun ist David wieder allein. Spricht oft kein Wort und wirkt nervös. Immer wieder zieht er sich aufs Land zurück. Ich muß ihm dann die Post nachschicken … Wie soll das noch enden?«
    »Frau Arno, David hat die Bilder erst aufgehängt, nachdem sein Vater ins Gefängnis kam? Er hat sie aufgehängt?«
    »Ja, sicher. Da hingen nie welche. Nur die Gobelins, über die sich das Fräulein so lustig gemacht hat. Die hingen früher in der Halle. David hat sie aufgerollt und in dieses Zimmer verbannt, wo auch die Bilder jetzt gelandet sind. Diese schönen großen Gobelins, wie man sie auch in Schlössern hat, wissen Sie. Ich nehme an, er brauchte eine andere Umgebung. In der Halle saß er dann nie wieder, als Sie nicht mehr kamen. Diese Frau hat sich alles angeguckt, auch das Zimmer mit den Bildern. Sie hat die Gobelins auseinandergewickelt, einfach so, als ob ihr alles gehörte. Als sie dann weg war, hat er sich aufs Land verkrochen.«
    »Woher kamen denn die ganzen Bilder auf einmal?«
    Sie zuckte mit den Achseln und sah auf die Uhr. Sie wollte gehen. Vielleicht hatte sie den Eindruck, ausgefragt zu werden.
    »Eines Tages wurden sie angeliefert, mit einem Möbelwagen. Ich verstehe nichts davon. Ich fand die großen Gobelins schöner. Vornehmer, wenn Sie verstehen. Die junge Frau wußte bestimmt nicht, was es damit auf sich hat. Die sah nun wirklich nicht so aus, als sei sie mit so was aufgewachsen. Dann hat sie auch noch eines der Bilder mitgenommen. Die dachte bestimmt, ich merke das nicht. Wenn Sie mich fragen, Herr Doktor: Ganz koscher war das nicht.«
    Sie bat mich zum Abschied, doch wieder vorbei zu kommen, wenn David zurück sei. Ich versprach es ihr. Es schien mir der einfachste Weg zu sein.
    »Ach, Frau Arno«, ich rannte ihr noch einmal hinterher, »wissen Sie, wo David ist?«
    »Er wollte seine Tante in Paris besuchen. Aber vielleicht ist er inzwischen auch schon wieder auf dem Land.«
    Ich vergaß meine Einkäufe und machte, daß ich nach Hause kam. Mir ging unsere erste Begegnung durch den Kopf. David hinter dem schmiedeeisernen Gitter. Ich davor. Seine Einladung. Das Bild vom

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