Pern 05 - Drachentrommeln
gelangte er zu dem Schluß, daß in dem Mädchen mehr stecken mußte, als man ihr äußerlich ansah.
In diesem Moment landete Prinzeßchen auf Menollys rechter Schulter und zeterte erbost. Ihre Augen funkelten rötlich.
Taucher ließ sich auf der linken Schulter nieder, und Kimi flog zu Sebell. Zu Piemurs großem Stolz flatterte Rocky auf seine Schulter.
»Ist das nicht Rocky?« fragte Mirrim und wies anklagend zu Piemur, als habe er nicht das geringste Recht auf eine Feuer-Echse.
»Genau«, lachte Menolly. »Weißt du, Piemur hilft mir jeden 93
Morgen beim Füttern der hungrigen Schar. Deshalb erinnert ihn Rocky jetzt an seine Pflichten.«
»Was – die Kleinen sind hungrig?« Mirrim sprang auf und schüttelte mißbilligend den Kopf.
»Also, wirklich, Menolly, du vernachlässigst deine Freunde!«
Sebell und Menolly lächelten schuldbewußt, während Mirrim an einen Tisch trat, wo Küchenmägde gerade Wherhühner für das Festmahl vorbereiteten. Sie kam mit einer großen Schüssel voll Fleischabfällen wieder, umkreist von drei gierig krei-schenden Echsen. Sie verscheuchte die Tierchen und erinnerte sie mit rauher Zärtlichkeit, daß sie ihren Anteil bereits bekommen hätten. Zu Piemurs Erleichterung wurde Mirrim an eine der großen Kochstellen gerufen. Er entwickelte allmählich Abneigung gegen ihre herrschsüchtige Art. Rocky zwickte ihn vorwurfsvoll in die Wange, und Piemur begann, seinen kleinen Freund zu füttern.
»Ist sie eine gute Freundin von dir?« wollte Piemur wissen, als der erste Heißhunger der Echsen gestillt war.
Sebell lachte, und Menolly schnitt eine Grimasse.
»Laß dich nicht von ihrem Benehmen einschüchtern. Sie hat im Grunde ein gutes Herz.«
Piemur rümpfte die Nase. »Das verbirgt sie aber sehr gut.«
Sebell lachte wieder und reichte Kimi einen großen Fleischbrocken, mit dem die Echse beschäftigt war, während der Harfner einen Schluck Klah trank.
»Man muß sich an Mirrim erst gewöhnen, aber Menolly hat recht. Sie würde dir ihr letztes Hemd geben …«
»… und dazu in einem fort vor sich hin schimpfen«, ergänzte Piemur.
Menollys Miene wurde ernst.
»Sie war Brekkes Pflegetochter, und Manora sagt immer, daß sie nach dem Tod von Brekkes Drachenkönigin nicht von der Seite der jungen Reiterin wich.«
»Tatsächlich?«
94
Das machte Eindruck auf Piemur, und er betrachtete Mirrim, die sich immer noch an der Feuerstelle zu schaffen machte, mit ganz neuem Respekt.
»Du darfst sie nicht vorschnell verurteilen, Piemur!« betonte Menolly und legte ihm, wie um ihre Forderung zu unterstrei-chen, eine Hand leicht auf den Arm.
»Na, wenn du es sagst …«
Sebell blinzelte Piemur zu.
»Sie sagt es, Piemur, und wir müssen gehorchen.«
»Ach du!«
Menolly winkte verärgert ab.
»Ich will nur nicht, daß Piemur die falschen Schlüsse zieht, weil er Mirrim erst kurze Zeit kennt …«
Sebell rollte die Augen zur Decke
»Wo doch jeder weiß, daß man Zeit, Ausdauer, Toleranz und viel Glück braucht, um Mirrim richtig einzuschätzen.«
Sebell zog den Kopf ein, als Menolly den Löffel in seine Richtung schwang.
Die Echsen waren satt und flogen ins Freie, um sich zu sonnen, als Mirrim mit einem tiefen Seufzer wieder neben ihnen auftauchte.
»Ich weiß gar nicht, wie wir das alles rechtzeitig schaffen sollen. Müssen die Eierschalen ausgerechnet heute springen!
Die Hälfte unserer Gäste aus dem Westen werden halb verschlafen hier eintrudeln und Frühstück brauchen … Na, was sage ich!«
Sie deutete zum Eingang, wo einige Drachen gerade eine Schar neuer Besucher absetzten.
»Es gibt soviel zu tun. Und ausgerechnet heute möchte ich bei der Gegenüberstellung gern dabeisein. Felessan gehört nämlich dieses Mal zu den Kandidaten.«
»Ja, F’nor hat uns schon davon erzählt. Ich könnte den kle inen Herd übernehmen und Frühstück zubereiten, Mirrim«, meinte Menolly.
95
»Und wir helfen ebenfalls gern; du mußt uns nur sagen, was es zu tun gibt.«
Sebell deutete auf sich und Piemur.
»Oh, wirklich?«
Plötzlich war das affektierte Benehmen wie fortgewischt, und als Mirrim erleichtert lächelte, wirkte sie jung und hübsch.
»Die Tische da drüben müßten aufgestellt werden – das ist im Moment die dringendste Arbeit.« Sie wies zu einem Stapel von Schrägen und Platten.
Schon wieder rief jemand am anderen Ende des Küchengewölbes nach ihr, und sie wirbelte davon, nachdem sie den beiden Harfnern dankbar zugenickt hatte. Piemur starrte ihr erstaunt nach. Warum
Weitere Kostenlose Bücher