Pern 05 - Drachentrommeln
Verblüffung lachte der Wachtposten schallend los, packte ihn grob an der Schulter und drehte ihn herum.
»Probier das nicht noch einmal, Küchenschabe!« rief der Mann und schubste ihn in Richtung Burg. Piemur hatte alle Mühe, auf dem Kopfsteinpflaster das Gleichgewicht zu halten.
Er blieb im Schatten der Mauer stehen, wütend über das neue Hindernis, das sich vor ihm auftat. Einfach lächerlich! Er kannte keine andere Burg auf ganz Pern, wo es dem Gesinde verboten war, den Festplatz zu besuchen.
»Los, wühl dich wieder in deine Asche, Küchenschabe!«
Erst jetzt erkannte Piemur, daß sich sein schmuddeliger Kittel hell gegen die dunkle Mauer abhob. Also schlurfte er zurück in den Wirtschaftshof und streifte das verräterische Kleidungs-stück ab, sobald ihn der Wächter nicht mehr sehen konnte.
Ganz so einfach kam er also nicht fort von hier…
Nun, zumindest die Gäste würden irgendwann die Burg verlassen. Am besten, er wartete diesen Zeitpunkt ab und schlich dann auf dem gleichen Wege wieder hinaus, den er bei seiner Ankunft genommen hatte.
Der Gedanke gefiel ihm, und er sah sich nach einem geeigneten Versteck um. Er mußte im Hofbereich bleiben, damit er hörte, wann die Gäste aufbrachen. In die Küche wollte er nicht mehr zurückkehren, denn dort gab es sicher neue Arbeit für ihn. Seine umherwandernden Blicke blieben im Winkel des Wirtschaftshofes hängen. Zwischen Brennsteinen und Asche-163
haufen vermutete ihn sicher niemand. Im Schatten der Gebäu-demauern pirschte er sich näher und wählte eine Kuhle an der Innenwand der Aschengrube. Nicht gerade der bequemste Platz, fand er und zog ein halbverkohltes Stück Schlacke zur Seite, das sich in seinen Rücken bohrte. Der Nachtwind blies jetzt stärker, und er fror, wenn er die Nase über den Rand der Grube streckte. Nun ja, allzu lange mußte er hier sicher nicht ausharren. Er konnte sich kaum vorstellen, daß jemand Baron Merons Gestank länger als irgend nötig ertrug.
Lärm und Geschrei schreckten ihn aus einem unruhigen Halbschlaf. Leute rannten aufgeregt durch den Großen Hof, und dann drang lautes Schimpfen aus dem Küchengewölbe, gefolgt von einem angstvollen Wimmern.
»Ich weiß nicht, wer er ist, bei meiner Ehre! Hab’ ihn heut zum erstenmal im Leben gesehn. Sagte, er sei zum Küche ndienst abkommandiert, und weil wir jede Hilfe brauchten …«
Das sah Besel ähnlich! Der Kerl dachte nur daran, sich selbst reinzuwaschen.
Eine aufgeregte Stimme meldete: »Der Wachtposten am Tor hat vor einiger Zeit einen Jungen gesehen, auf den die Be-schreibung paßt! Er versuchte, zum Festplatz zu gelangen. Ob der Kerl ein Bündel trug, konnte der Mann allerdings nicht sehen. Na ja, er guckte natürlich auch nicht nach Diebesgut.«
»Dann hat er die Burg noch nicht verlassen?« fauchte eine zornerfüllte Stimme.
Baron Meron? Piemur kam unvermittelt die Erkenntnis, daß ausgerechnet das eingetreten war, womit er am wenigsten gerechnet hatte. Jemand hatte vorzeitig den Betrug mit dem ausgetauschten Echsen-Ei bemerkt! Nun bestand für ihn keine Chance mehr, die Burg im Gefolge der Festgäste zu verlassen.
Männer rannten umher und entzündeten Fackeln in den Höfen und Nischen. Ein Glück, daß ihn bis jetzt niemand aufgestöbert hatte! Aber es dauerte wohl nicht mehr lange, bis irgendein Dummkopf auf die Idee kam, mit einer Stange in der Asche n-164
grube herumzustochern – besonders, wenn Besel sich erinnerte, daß er die Asche hinuntergetragen hatte! In panischer Angst musterte Piemur die Wände ringsum. Sie waren in den Felsen selbst geschnitten; ungesehen kam er hier nie und nimmer raus.
Ein dunkles Rechteck links von der Grube fiel ihm auf. Es befand sich fast in Reichweite. Ein Fenster? Wohin es wohl führen mochte? Diese Seite des Küchengewölbes war den Vorratskammern vorbehalten, aber welche …? Hinter den Lagerräumen verliefen die Korridore. Keiner der Verfolger konnte annehmen, daß er sich hier verbergen würde, denn die Kammern waren versperrt, und die Schlüssel trug der Küche n-verwalter ständig am Gürtel. Einen besseren Unterschlupf konnte er gar nicht finden. Wenn er das Fenster hinter sich schloß …
Er mußte warten, bis sie den Wirtschaftshof gründlich durchsucht hatten. Die ganze Zeit über wagte er kaum zu atmen, aus Angst, jemand könnte ihn aufstöbern. Dann aber kam die Meute zu der Überzeugung, daß sich der Dieb in den Räumen der Burg versteckt hielt, und alles stürmte ins Haus zurück.
Piemur sprang
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