Pern 05 - Drachentrommeln
ein Stück neben dem Aschehügel um. Er grub mit der Stiefelspitze eine Mulde in das Häufchen Glut, schob das Ei hinein und deckte eine dicke Aschenschicht darüber. Als er zu dem Brennsteine-Stapel dicht 160
daneben ging, sah er, daß sich die Sonne bereits senkte. Ein Glück, dachte er mit einem Seufzer, denn lange hielt er die Schufterei bestimmt nicht mehr durch.
Sicher begann das Ba nkett, sobald Baron Meron vom Festplatz in seine frisch hergerichteten Räume zurückkehrte. Was mochte nur den gräßlichen Gestank verursachen? Bestimmt nicht Meister Oldives Medikamente, denn der Heiler hielt viel von frischer Luft und würzigen Kräutern. Egal. Sobald der Baron und seine Gäste gespeist hatten, würde sich das Gesinde über die Essensreste hermachen, und jeder konnte ein wenig ausruhen. Vielleicht gelang es ihm, die Burg zu verlassen, ehe Sebell sich Sorgen um ihn machte. Aber sein Ausflug hatte sich gelohnt! Es gab eine Menge Neuigkeiten, die er dem Harfnergesellen berichten konnte.
Knechte und Mägde rannten nun wie aufgescheucht zwischen dem Küchengewölbe und Baron Merons Räumen hin und her.
Der Burgverwalter hatte das Kommando persönlich übernommen. Piemur mußte prompt einen zweiten Asche-Eimer ausleeren und mit Brennstein füllen. Diesmal stahl er auf dem Weg durch die Küche ein Stück Brot, was seine Laune be-trächtlich hob.
Wie durch ein Wunder war das Gesinde fast fertig, als ein Bote vom Burgtor eintraf und verkündete, daß sich Baron Meron und seine Gäste im Anmarsch befanden. Der Verwalter befahl den Leuten, Eimer und Besen wegzuräumen und sich schleunigst aus dem Staub zu machen. Als die letzten Bediens-teten in die Küchengewölbe zurückhasteten, hörte man draußen bereits das Gelächter der Besucher.
Piemur mußte dem Koch den Spieß drehen, während der den Braten in Stücke schnitt, und er bekam eine Ohrfeige, weil der Mann bemerkte, daß er hin und wieder ein paar Fleischfransen vom Tisch stahl. Dann erhielt er den Auftrag, einen ganzen Kessel Knollengemüse zu Brei zu stampfen. Sobald eines der Gerichte fertig war, wurde es in Windeseile zu Baron Merons 161
Gemächern gebracht. Einmal glaubte Piemur schon, man würde ihn nach oben schicken, aber dann entschied der Koch, daß er viel zu schmutzig war, um Speisen zu berühren.
Statt dessen mußte er im Keller nach Ersatz-Leuchtkörben stöbern, weil Baron Meron mehr Licht beim Essen wünschte.
Dreimal schleppte er sich ab, bis die Helligkeit endlich ausreichte. Dann kamen die ersten Platten und Teller zurück, und das Gesinde stürzte sich auf die Überreste. Piemur ergat-terte einen Knochen mit viel Fleisch, schnappte sich eine Handvoll Brotschnitten und zog sich in den dunkelsten Winkel des Küchengewölbes zurück.
Er verschlang die Mahlzeit in aller Hast, da er beschlossen hatte, der Burg so rasch wie möglich den Rücken zu kehren.
Die Sonne war inzwischen untergegangen; er hoffte, daß er das Echsen-Ei ungestört im Schütze der Dunkelheit ausbuddeln konnte. Und falls ihn die Wachtposten aufhielten, brauchte er nur zu sagen, daß er mit seiner Arbeit fertig sei.
Baron Groghe von Fort gab seinem Gesinde abends immer frei, damit es das Fest besuchen konnte.
Piemur freute sich schon auf das Wiedersehen mit Sebell. Er hatte zwar nicht herausgefunden, welchen von Merons Söhnen das einfache Volk auf der Burg als Nachfolger bevorzugte, aber er konnte immerhin beweisen, daß der Baron weit mehr Echsen-Eier bekam, als einem Burgherrn von seinem Rang zustanden; außerdem hatte er in Erfahrung gebracht, daß die Vorratskammern zum Bersten gefüllt waren – mit Dingen, die Meron niemals für sich selbst verbrauchen konnte.
Trotz seines Hungers legte Piemur den Fleischknochen beiseite. Ihm zitterten die Knie, und er beschloß, das Ei zu holen und sich aus dem Staub zu machen, ehe er vor Erschöpfung zusammenbrach. Mit einem sehnsüchtigen Seufzer dachte er an sein Bett in der Harfner-Halle.
Die übrigen Küchenhelfer standen in Gruppen beisammen und schimpften, weil die Gäste kaum etwas von den Speisen 162
zurückgehen ließen. Sie merkten nicht, daß sich Piemur aus dem Gewölbe stahl.
Er holte das Echsen-Ei aus der noch warmen Asche, wickelte es vorsichtig in Lumpen und schob das Bündel erneut unter sein Hemd. Dann schlenderte er kühn zum Haupttor und pfiff dabei absichtlich falsch vor sich hin.
»Und wohin wollen wir, mein Kleiner?«
»Zum Fest«, entgegnete Piemur, als sei das selbstverständlich.
Zu seiner
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