Pern 06 - Der Weisse Drache
Erkältung bekommen? Sie war doch mit Sebell zusammen.«
Es mußte noch jemand in der Nähe sein, denn Brekke konnte nicht gleichzeitig sprechen und lachen. Eine fremde Stimme erklärte ihm, daß er keine Erkältung habe, sondern die sogenannte Feuer-Krankheit, die allem Anschein nach nur im Süden auftrat und im Anfangsstadium ähnlich verlief wie eine Erkältung.
»Aber ich werde doch wieder gesund, oder?«
»Tun dir die Augen weh?«
»Ich habe eigentlich keine Lust, sie noch einmal zu öffnen.«
»Flecken? Als ob du zu lange in die Sonne geschaut hättest?«
»Genau.«
Brekke fuhr ihm sanft über den Arm. »Das ist normal, nicht wahr, Sharra? Wie lange hält das im allgemeinen an?«
»Ebenso lange wie die Kopfschmerzen. Deshalb müssen die Augen bedeckt bleiben, Jaxom.« Sharra sprach langsam, beinahe gedehnt, und sehr leise, aber die Worte klangen so melodisch, daß Jaxom sich zu fragen begann, ob das Äußere der jungen Frau ebenso angenehm war wie ihre Stimme. »Und dreh dich ja nicht herum! Du hast immer noch Kopfschmerzen, stimmt’s? Laß die Lider geschlossen! Wir haben den Ra um so gut wie möglich abgedunkelt, aber du könntest deinen Augen für immer schaden, wenn du jetzt leichtsinnig wirst.«
Jaxom spürte, wie Brekke die Binde zurechtrückte. »Menolly 264
ist auch krank?«
»Ja, aber Meister Oldive hat uns wissen lassen, daß sie sehr gut auf die Medizin anspricht.« Brekke zögerte. »Natürlich hat sie weder Sporen bekämpft noch einen Ritt ins Dazwischen unternommen. Das dürfte die Sache bei dir verschlimmert haben.«
Jaxom stöhnte. »Ich bin schon hundertmal mit einer Erkältung ins Dazwischen gegangen, ohne daß es zu Komplikationen kam.«
»Mit einer Erkältung ja, aber nicht mit der Feuerkrankheit«, entgegnete Sharra. »Hier, Brekke, gib ihm das!«
Er spürte einen Halm an den Lippen. Brekke befahl ihm, daran zu saugen, da er den Kopf nicht heben konnte.
»Was ist das?« murmelte er schwach.
»Fruchtsaft«, entgegnete Sharra so prompt, daß Jaxom
mißtrauisch wurde. »Reiner Fruchtsaft, Jaxom. Du brauchst jetzt sehr viel Flüssigkeit. Das Fieber hat deinen Körper ausgetrocknet.«
Der Saft schmeckte kühl und mild, daß er nicht erkennen konnte, von welcher Frucht er stammte. Aber er war genau das, wonach sich Jaxom gesehnt hatte, nicht zu scharf für seine ausgedörrte Mundhöhle und nicht zu süß für seinen leeren Magen. Er trank ausgiebig und bat um mehr, aber Brekke meinte, das sei genug für den Anfang, und er solle nun schlafen.
»Ruth? Geht es dir gut?«
Jetzt, da du wieder bei Bewußtsein bist, werde ich auf die Jagd gehen. Ich fliege nicht weit. Das ist hier nicht nötig.
»Ruth?« Beunruhigt von dem Gedanken, daß sein Drache
womöglich nichts gefressen hatte, versuchte Jaxom den Kopf zu heben. Der Schmerz war unerträglich.
»Ruth geht es wirklich ausgezeichnet, Jaxom«, erklärte Brekke streng. Ihre Hände drückten seine Schultern gegen das Bett. »Er ist ständig von FeuerEchsen umlagert, und er badet 265
jeden Morgen und Abend. Aber er weigerte sich, weiter als zwei Drachenlängen von dir wegzufliegen. Ich habe ihn beruhigt.« Jaxom stöhnte. Er hatte völlig vergessen, daß Brekke mit jedem Drachen Kontakt aufnehmen konnte. »F’nor und Canth gingen für ihn auf die Jagd, weil er nicht von dir weichen wollte. Glaub also nicht, daß er nur noch aus Haut und Knochen besteht! Und wie du gehörst hast, geht er jetzt selbst auf Nahrungssuche. Du kannst wirklich unbesorgt schlafen.«
Ihm blieb gar keine andere Wahl. Während er in den Schlaf hinüberdämmerte, festigte sich sein Verdacht, daß dieses Getränk doch noch etwas anderes als Fruchtsaft enthalten hatte.
Als er diesmal aufwachte, ausgeruht und rastlos, dachte er daran, daß er den Kopf nicht bewegen durfte. Erinnerungen bestürmten ihn. Sie schienen weit weg zu liegen. Er wußte noch, daß er die Bucht im Süden erreicht hatte und in den Schatten am Waldrand gewankt war; unter einem Rotfrucht-baum hatten ihn dann die Kräfte verlassen. Er war zu schwach gewesen, die saftigen Früchte zu pflücken, obwohl sich seine Kehle völlig ausgedörrt angefühlt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Ruth wohl klar geworden, daß ihm etwas Ernstliches fehlte.
Jaxom konnte sich vage an Fieberträume erinnern, in denen Brekke und F’nor aufgetaucht waren, und er wußte auch noch, daß er sie angefleht hatte, Ruth zu ihm zu bringen. Offenbar hatten sie am Strand eine Art Schutzhütte errichtet – das glaubte er
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