Pern 06 - Der Weisse Drache
Monate dauert, bis er hier eintrifft.«
Sharra erbarmte sich ihres Muskelkaters und rieb sie mit einer Salbe ein, die aromatisch duftete und angenehm auf der Haut prickelte. Etwas erleichtert schliefen sie ein.
Am nächsten Morgen weckte Sharra sie in aller Frühe mit der Ankündigung, daß F’nor eingetroffen sei und weitere Helfer mitgebracht habe.
Ihr Tonfall, dazu die Rufe und Befehle, die vom Strand her kamen, hätten Jaxom warnen sollen. Aber er war völlig unvorbereitet auf den Anblick, der sich ihm bot, als er, steif von der Arbeit des Vortags, mit Piemur ins Freie trat.
Die Bucht, die Lichtung, der Himmel – überall wimmelte es von Drachen und Menschen. Ruth stand ganz am Rand des Sandstreifens, hatte den Kopf erhoben und begrüßte jeden Neuankömmling mit einem freudigen Trompeten. Auf dem
Dach der Hütte saßen Schwärme von FeuerEchsen.
»Flammen und Schwefel, sieh dir das an!« murmelte Piemur.
Dann lachte er und schüttelte die Arme. »Eines steht jedenfalls fest – wir beide müssen heute keine Bäume fällen!«
»Jaxom, Piemur!« Die beiden jungen Männer drehten sich um, als sie F’nors Stimme hörten. Der braune Reiter kam gutgelaunt auf sie zu, gefolgt von Meisterschmied Fandarel, Forstmeister Bendarek, N’ton und einem Geschwaderführer von Benden, den Jaxom nicht genau kannte.
»Habe ich dir gestern abend die beiden Skizzen gegeben, Jaxom? Ich kann sie nämlich nicht finden … Ach, da sind sie 348
ja!« F’nor deutete auf den kleinen Tisch. Da lag Brekkes Zeichnung und daneben ein Blatt mit den Änderungen, die Sharra vorgeschlagen hatte. Der braune Reiter nahm beides und begann mit den Gildemeistern zu diskutieren.
Fandarel betrachtete die Skizzen genau. Dann schüttelte er mißbilligend den Kopf. »Gut gemeint«, murmelte er, »aber unzweckmäßig.«
»Weyrführer R’mart hat mir genügend Reiter zur Verfügung gestellt«, warf Bendarek ein. »Wir können gut durchgetrockne-tes Hartholz für den Rahmenbau einfliegen.«
»Ich habe Rohre für die Wasserleitung und die sanitären Anlagen, dazu Metall für einen vernünftigen Herd, Küchengeräte, Fensterläden …«
»Baron Asgenar gab mir einige seiner Maurer mit. Das Fundament und die Böden sind seiner Ansicht nach das
Wichtigste …«
»Erst müssen wir die Zeichnung hier ändern, Meister Bend arek …«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Eine hübsche kleine Hütte, durchaus, aber absolut nicht die geeignete Behausung für den Meisterharfner von Pern.«
Die beiden Gildemeister gingen daran, die Handskizzen zu verbessern und auszufeilen und vergaßen darüber die Umstehenden. Piemur konnte gerade noch den Blätterstapel retten, den er von Jaxom für seine Karten erha lten hatte.
F’nor kniff ein Auge zu und grinste. »Ehrlich, Jaxom«, flüsterte er, »ich bat F’lar und Lessa nur um einige Helfer. Im Morgengrauen standen dann auf Benden ganze Drachengeschwader und nahezu alle Gildemeister von Pern bereit.
Ramoth hat offenbar die Kunde auf Lessas Geheiß hin verbreitet …«
»Das war die Gelegenheit, den Süden kennenzulernen«, meinte Piemur und betrachtete kopfschüttelnd das Gewimmel am Strand.
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»Ja, ich weiß, aber mit einem solchen Andrang hatte ich wirklich nicht gerechnet. Und schließlich konnte ich die Leute kaum wieder heimschicken.«
»Ich glaube eher, sie wollen damit dem Meisterharfner ihre Achtung beweisen«, sagte Sharra, die sich zu ihnen gesellt hatte. Jaxom sah sie an und spürte, daß sie seine Gedanken teilte. Die stille, friedliche Bucht, die ihnen allein gehört hatte, war plötzlich erfüllt von Leben und Aktivität.
Dann merkte er, daß F’nor ihn musterte, und zwang sich zu einem Lächeln. »Nun, dann heilen unsere Wasserblasen
vielleicht, ehe wir wieder gebraucht werden, was, Piemur?«
Piemur nickte und ließ seine Blicke über den Strand schweifen. »Ich mache mich am besten auf die Suche nach Dummkopf. Der Kerl ist in seiner Angst sicher in den Wald geflohen.
Farli!« Er streckte den Arm aus, und seine Echsenkönigin kam vom Dach heruntergeflattert. »Such Dummkopf, Farli! Bring mich zu ihm!«
Die Echse schaute über ihre linke Schulter und zirpte leise.
Piemur marschierte in diese Richtung los, ohne sich noch einmal umzudrehen.
»Der junge Mann hat zu lange in der Einsamkeit gelebt«, meinte F’nor.
»Stimmt.«
»Du kennst seine Gefühle?« fragte F’nor, belustigt über Jaxoms knappe Antwort. Er legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich würde mich nicht
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