Pern 06 - Der Weisse Drache
ein.
Ruths Trompeten weckte sie alle drei am nächsten Morgen.
»F’nor ist im Anflug!« erklärte Jaxom den anderen.
Und er kommt nicht allein, fügte Ruth hinzu.
Jaxom, Sharra und Piemur liefen zum Strand, da tauchten auch schon die Drachen in der Luft auf, drei jüngere Tiere, angeführt von Canth mit seinen mächtigen Schwingen. Mit lautem Gekreische flatterten die FeuerEchsen auf, die sich um Ruth geschart hatten. Nur Meer, Talla und Farli blieben zurück.
Canth setzte seinen Reiter am Strand ab, dann watete er gutgelaunt in das warme Wasser der Bucht, gefolgt von Ruth.
»Ein schönes Zusammentreffen, Piemur!« rief F’nor und zog im Gehen seine Reitjacke aus. »Ich machte mir schon Sorgen um dich.«
»Sorgen?« Piemur schaute ihn gekränkt an. »Typisch Drachenreiter! Ihr habt einfach keinen Respekt vor Entfernungen.
Für euch ist so etwas ganz einfach. Schwupp – und ihr seid am Ziel – ohne jede Mühe.« Er schüttelte abfällig den Kopf. »Ich dagegen weiß, wo ich mich aufgehalten habe. Ich kenne jeden 343
Fingerbreit Land, durch den ich mich gequält habe.«
F’nor grinste und hieb dem jungen Harfner so kräftig auf die Schulter, daß Jaxom sich wunderte, weshalb Piemur nicht in die Knie ging. »Dann kannst du ja deinem Meister die Zeit mit herrlich ausgeschmückten Reiseberichten vertreiben …«
»Sie bringen mich zu Meister Robinton?«
»Nein. Er kommt hierher.« F’nor deutete auf die Bucht.
»Was?«
F’nor kramte in seiner Gürteltasche und zog ein gefaltetes Stück Papier hervor. »Das ist der Grund meines heutigen Besuches. Und die Echsen-Eier, versteht sich! Die darf ich auf keinen Fall vergessen.«
Jaxom, Sharra und Piemur drängten sich um den braunen Reiter, als er mit wichtiger Miene das Blatt entfaltete. »Was ist das?«
»Ein Entwurf für das Haus des Meisterharfners, das hier in der Bucht errichtet werden soll.«
»Hier?« fragten die drei im Chor.
»Aber wie soll er denn in den Süden gelangen?« erkundigte sich Jaxom. »Er darf doch sicher nicht ins Dazwischen fliegen, oder?« Seine Stimme nahm einen so gereizten Ton an, daß F’nor fragend die Augenbrauen hochzog.
»Meister Idarolan hat dem Harfner sein schnellstes und größtes Schiff zur Verfügung gestellt. Menolly und Brekke begleiten ihn. Auf See gibt es nichts, das Robinton in Unruhe oder Sorge versetzen könnte.«
»Er wird leicht seekrank«, gab Jaxom zu bedenken.
»Nur auf kleinen Booten.« F’nor sah sie der Reihe nach an und klatschte in die Hände. »Ich schlage vor, daß wir uns gleich an die Arbeit machen. Ich habe Werkzeug und Helfer mitgebracht.« Er deutete auf die drei Jungreiter, die zu ihnen getreten waren. »Wir vergrößern die Schutzhütte auf der Lichtung und machen ein richtig bequemes Haus daraus.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf die Skizze. »Zuerst einmal wird 344
das ganze Gelände dort drüben abgeho lzt …«
»Dann schmort der gute Harfner in seinem eigenen Saft, und das kann sehr unangenehm sein«, warf Sharra kühl ein.
»Wie bitte?«
Sharra nahm ihm den Entwurf ab und betrachtete ihn mit kritisch gerunzelter Stirn. »Kleines Haus? Das ist ja die reinste Burg – und nicht im geringsten für unseren Kontinent geeignet.« Sie kauerte sich in den Sand, nahm ein Stück Muschel und begann damit eine neue Skizze. »Erstens würde ich nicht da bauen, wo unsere Unterkunft steht – der Platz liegt bei rauher See zu nahe an der Wellenfront. Und wir haben durchaus Zeiten mit rauher See. Dort drüben …« – sie deutete auf eine Stelle östlich der Hütte – »liegt eine Anhöhe mit Obstbäumen.«
»Mit Obstbäumen? Genau das Richtige für die Fäden!«
»Ach, ihr Drachenreiter! Wann merkt ihr euch endlich, daß wir im Süden leben! Der Boden ist durchsetzt von Würmern.
Hin und wieder zerfrißt ein Sporenknäuel vielleicht ein Blatt oder zwei, aber die Pflanzen gehen davon nicht kaputt. Außerdem ist die heiße Jahreszeit nahe, und glauben Sie mir, da braucht man soviel Grün wie nur möglich, um die Sonne abzuschirmen. Am günstigsten wäre ein Haus auf Säulen. Wir haben genug Klippenfelsen für das Fundament. Außerdem benötigen wir breite Fenster, die jede noch so kleine Brise einfangen. Mit diesen winzigen Schlitzen da läßt sich nichts anfangen. Gut, wenn Sie unbedingt meinen, versehen wir sie eben mit Läden, aber ich habe mein ganzes Leben hier im Süden verbracht und mich nie vor den Fäden verbarrikadiert.
Breite Fenster, jawohl, und Korridore, die quer durch
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