Pern 06 - Der Weisse Drache
darüber ärgern, mein Junge.
Bei so vielen Helfern ist das Haus im Nu fertig, und du hast bald wieder deine gewohnte Ruhe.«
»Idioten!« fauchte Sharra plötzlich.
Jaxom, der F’nors fragendem Blick ausgewichen war, schaute sie an. Sie hatte nebenbei das Gespräch zwischen den beiden Gildemeistern mitverfolgt.
»Nun muß ich denen wieder alles von vorn erklären!« Die Hände in die Hüften gestemmt, trat sie mit entschlossenen 350
Schritten auf die beiden Männer zu. »Ich glaube, ich muß Sie auf etwas hinweisen, werte Meister, das Sie eindeutig übersehen haben. Wir leben hier im heißen Süden. Sie sind beide an kalte Winter und eisige Regenfälle gewöhnt. Wenn Sie das Haus aufgrund dieser Erfahrungen bauen, ersticken seine Bewohner in der Bruthitze, die uns hier bald bevorsteht. Ich selbst stamme aus der Burg des Südens. Die Mauern dort sind dick – sie weisen die Hitze ab und halten die Kühle im Innern fest. Wir errichten unsere Häuser auf Säulen, damit die Böden Luft bekommen. Wir haben viele Fenster – breite Fenster, ohne Läden. Ja, ich weiß, aber die Fäden plagen uns selten, während wir die Hitze täglich spüren. Nun hören Sie gut zu …«
F’nor schnalzte mit der Zunge. »Den Ton kenne ich von Brekke – und mache mich dann meist aus dem Staub.« Er tippte Jaxom mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Du könntest uns eigentlich zeigen, wo hier die günstigsten Jagdgründe liegen. Wir haben zwar einigen Proviant mitgebracht, aber als Herrscher über die Bucht hast du die Pflicht, deine Gäste mit einem ordentlichen Braten zu versorgen …«
»Einen Augenblick, ich hole nur meine Reitsachen.« In Jaxoms Stimme schwang ehrliche Erleichterung mit.
Sie kämpften sich durch ein Gewirr von Balken, Metallteilen und allen möglichen Packen und Ballen bis zur Bucht vor.
Unterwegs hielten die Leute Jaxom immer wieder an und erkundigten sich nach seinem Befinden.
Er lebte nun seit vielen Siebenspannen in der Bucht, und so war ihm eigentlich nie der Gedanke gekommen, daß seine Krankheit ein Gesprächsthema in Weyr, Burg und Hof sein könnte. Er fühlte sich zugleich verlegen und dankbar, aber das linderte nicht seinen Kummer über das Eindringen der Nordbewohner in den Frieden und die Stille seiner Bucht.
Wie hatte F’nor ihn genannt? Herrscher über die Bucht? Er warf mit einem Lachen den Kopf zurück. Im gleichen Auge nblick landete Ruth neben ihm, tropfnaß vom Baden.
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So viele Menschen! So viele Drachen! Das macht Spaß!
Ruths Augen wirbelten begeistert.
Jaxom tätschelte ihm liebevoll die Nase und schwang sich auf seinen Nacken. Die anderen Reiter warteten bereits, und so hob er die Hand zum Zeichen, daß alles startklar war. Ruth stieß sich vom Sand ab und schnellte senkrecht in die Luft. Die großen, schweren Drachen der übrigen Reiter blieben weit zurück, und Ruth zog eine Schleife, bis sie die Lücke geschlossen hatten. Dann führte er sie nach Südosten.
Jaxom brachte die Jäger zu einer weit entfernten Flußwiese, die sie bei ihrer Wanderung mit Piemur entdeckt hatten. Im allgemeinen suchten Wherhühner und Renner diese Gegend am späten Vormittag auf, um sich im Wasser und im kühlen Schlamm zu wälzen. Außerdem hatten dort auch die größeren Drachen genügend Platz für Verfolgungsmanöver.
Wie er es erwartet hatte, weideten einige Herden und
Wherhuhn-Schwärme auf dem schräg abfallenden Gelände
zwischen dem Waldrand und dem Hochwasserbett des Flusses, das sich zu Regenzeiten füllte und den Wurzeln von Sträuchern und Bä umen kaum Halt bot. Im Moment gedieh hier hohes Sumpfgras, das in der sengenden Frühsommerhitze allmählich vergilbte.
Wir sollen einzeln jagen. F’nor schlägt vor, daß wir uns einen großen Wherhahn schnappen. Die anderen werden versuchen, je einen Bock zu erbeuten. Das müßte für heute reichen.
»Und wenn es nicht reicht«, meinte Jaxom, »angeln wir eben noch ein paar Fische.«
Wenn er ehrlich war, mußte Jaxom zugeben, daß er sich auf die Jagd freute. Er hatte zwar noch nie Gelegenheit gefunden, einen Speerlasso zu benutzen, aber … Er entdeckte einen prächtigen Wherhahn, der die Schwanzstachel stolz aufrichtete und majestätisch hinter einer Hennenschar herstolzierte. Jaxom preßte die Schenkel gegen Ruths Nacken und wog den Lasso in der Hand. Er übermittelte Ruth ein Bild des Wherhahns, und 352
der weiße Drache tauchte mit halb angewinkelten Schwingen, so daß Jaxom genug Raum zum Auswerfen der metallbe-schwerten
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