Pern 06 - Der Weisse Drache
mit dem Fädeneinfall saß.
»Dieser F’lessan!« flüsterte Menolly neben ihm. »Er will den Ruhm seines Geschlechts ein wenig aufpolieren. Der kleine Held …« Und ihre meerblauen Augen funkelten spöttisch, als sie hinzufügte: »Soll ich ihm zu Ehren eine Ballade verfas-sen?« Dann seufzte sie. »Weshalb regt er sich auf? Er denkt nur an sich und keinen Schritt weiter. Aber er hat einen guten Kern. Komm! Wir helfen den anderen beim Verteilen des Essens.«
»In Ordnung. Handeln, nicht denken ist die Devise!« sagte er, und Menolly zog ihn lachend mit sich.
Beide Aspekte hatten etwas für sich, entschied Jaxom, als er 80
eine keuchende Magd von ihrer Last befreite. In der Küche der Schmiede-Gilde hatte man sich auf das große Ereignis vorbereitet, und neben saftigen Fleischpasteten gab es Fischfrikadel-len, würzigen Käse aus dem Hochland, Brot und zwei riesige Kessel mit Klah.
Während er die Tabletts herumreichte, kam Jaxom zu Be-wußtsein, daß ihn noch eine andere Sache ärgerte. Die Barone und Gildemeister erkundigten sich alle freundlich nach Ruth und Lytol. Sie schienen durchaus gewillt, mit ihm zu plaudern, aber keiner von ihnen erwähnte Wansors Theorien auch nur mit einem Wort. Vielleicht, dachte Jaxom zynisch, hatten sie die Gleichungen nicht verstanden und schämten sich, ihre Unwissenheit vor dem Jüngeren einzugestehen. Jaxom seufzte.
Würde er je alt genug sein, daß man ihn als gleichberechtigten Gesprächspartner behandelte?
»He, Jaxom, leg das Zeug hin!« F’lessan packte ihn am Ärmel. »Ich will dir was zeigen.«
Jaxom fand selbst, daß er genug gearbeitet hatte. Er stellte das Tablett ab und folgte seinem Freund nach draußen. F’lessan grinste wie ein Idiot und deutete dann auf das Dach der Gilde-Halle.
Die Halle war ein geräumiger Bau mit spitzen Giebeln. Vom Dach aber sah man im Moment nichts. Riesige Schwärme von FeuerEchsen in allen Farben hockten auf den grauen Schiefer-platten und schienen in ernsthafte Debatten vertieft – eine perfekte Parodie der eifrigen Diskussionen, die im Innern des Gebäudes geführt wurden. Jaxom begann zu lachen.
»Die Echsen da droben können gar nicht alle den Besuchern gehören«, sagte er zu Menolly, die neben ihn getreten war.
»Oder hast du inzwischen noch ein paar Schwärme für dich gewonnen?«
Sie wies entrüstet jede Schuld weit von sich. »Mir reichen meine zehn – und die kleben nicht ständig an mir. Im Gege nteil, es vergehen Tage, an denen ich sie überhaupt nicht sehe.
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Ich würde sagen, außer Prinzessin sind höchstens zwei oder drei in der Nähe.« Ihre Miene verdüsterte sich. »Wißt ihr, diese Echsen werden allmählich zu einem echten Problem. Nicht meine, denn die gehorchen mir, aber das hier zum Beispiel …«
Sie deutete zu dem Gewimmel auf dem Dach. »Die Kleinen sind entsetzlich geschwätzig. Ich möchte wetten, daß die wenigsten den Gästen der Schmiede-Gilde gehören. Die Drachen haben sie angelockt, vor allem dein Ruth.«
»Wo immer ich mit Ruth auftauche, haben wir eine Wolke von FeuerEchsen um uns«, bestätigte Jaxom ein wenig
mürrisch.
Menolly schaute über das Tal zum sonnenbeschienenen
Flußufer, wo Ruth mit drei anderen Drachen lag, umflattert von eifrigen Echsen.
»Stört das Ruth?«
»Nein.« Jaxom lachte. »Im Gegenteil, ich glaube, ihm macht es Spaß. Sie leisten ihm Gesellschaft, wenn ich in der Burg zu tun habe. Und er sagt, daß sie die verrücktesten Bilder ausstrahlen. Er nimmt die Eindrücke gern auf – meistens jedenfalls. Hin und wieder behauptet er auch verärgert, daß sie übertreiben.«
»Wie denn?« Menollys Stimme klang skeptisch. »Echsen
besitzen doch kaum eigene Phantasie. Sie geben nur das wieder, was sie sehen.«
»Vielleicht auch das, was sie zu sehen glauben …«
Menolly überlegte. »Ihre Bilder sind meist recht zuverlässig.
Ich weiß zum Beispiel …« Sie verschluckte den Rest des Satzes und wandte sich verwirrt ab.
»Schon gut«, sagte Jaxom. »Ich müßte ja völlig bescheuert sein, wenn ich nicht merken würde, wie sehr ihr Harfner euch mit dem Süden beschäftigt.« Jaxom drehte sich nach F’lessan um, aber der war verschwunden.
»Ich will dir etwas verraten, Jaxom.« Menolly senkte die Stimme. »F’lessan hatte recht. Irgend etwas braut sich im 82
Süden zusammen. Meine Echsen regen sich entsetzlich auf. Ich empfange immer wieder das Bild von einem Ei, aber es
befindet sich nicht in einem geschlossenen Weyr. Erst dachte ich, Prinzessin hätte
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