Pern 06 - Der Weisse Drache
sterbenden Bronzedrachen zu neuem Blut zu verhelfen. Ihre Pläne sind durchkreuzt. Und sie stehen vor dem Nichts: Keine Hoffnung, keine Zukunft.
Schlimmeres kann man ihnen nicht antun, Lessa. Nach der Rückgabe des Eies haben Sie daher kein Recht, etwas zu unternehmen und den Frieden von Pern aufs Spiel zu setzen
…«
»Ich habe das Recht, die Kränkung, die mir, meiner Königin und dem Weyr zugefügt wurde, zu rächen.«
»Kränkung?« Robinton lachte kurz und trocken. »Meine liebe Lessa, das war keine Kränkung. Das war ein Kompliment ersten Ranges.«
Sein unerwartetes Lachen sowie seine verblüffende Ausle-gung der Vorgänge ließen Lessa verstummen.
»Wie viele Königin-Eier sind in diesem Planetenumlauf gelegt worden?« fragte Robinton und sah die übrigen Weyrherrinnen an. »In Weyrn, welche die Alten genauer kannten als Benden! Nein, sie wollten unbedingt eine Königin aus Ramoths Gelege. Für sie mußte es das Allerbeste von ganz Pern sein.« Geschickt machte Robinton eine Pause, um dann voller Wärme und Mitgefühl fortzufahren: »Kommen Sie, Lessa, 121
diese Sache hat uns allen zugesetzt! Keiner von uns kann im Moment klar denken …« Er wischte sich mit der Hand über die Stirn, und das war keine Scheingeste. Es kostete Schweiß, die Stimmung von so vielen Leuten herumzuschwenken. »Die
Gefühlswellen schlagen hoch. Und Sie stehen mitten in der Brandung, Lessa.« Er nahm die starre, widerstandslose Weyrherrin am Arm und führte sie an ihren Platz, wo er mit großer Fürsorge und Ehrerbietung ihren Stuhl zurechtrückte.
»Ramoths Verzweiflung muß Sie halb um den Verstand
gebracht haben. Sie ist jetzt wieder ruhiger, nicht wahr?«
Lessas Mund klappte auf, und sie starrte Robinton groß an.
Dann fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen und nickte.
»Auch Sie werden das Gleichgewicht bald wiederfinden.«
Robinton reichte ihr einen Becher Wein. Immer noch beein-druckt von seiner Fürsorge, begann sie daran zu nippen. »Und Sie werden zu der Einsicht kommen, daß es die schlimmste Katastrophe für unsere Welt wäre, wenn Drachen gegen
Drachen kämpften.«
Lessa setzte den Becher so hart ab, daß der Wein auf die Steinplatte des Tisches schwappte. »Sie …Sie mit Ihren klugen Worten …« Sie schnellte vom Stuhl wie eine Stahlfeder. »Sie
…«
»Er hat recht, Lessa«, sagte F’lar vom Eingang her. Er stand schon eine ganze Weile dort und beobachtete die Szene. Nun trat er an Lessas Tisch. »Wir wären in den Südkontinent eingedrungen, um nach dem verschwundenen Ei zu suchen –
aber nur darum! Nun, da es wieder in der Brutstätte liegt, würde ganz Pern uns verdammen, wenn wir uns zu einem
Racheakt hinreißen ließen.« Er sprach mit ihr, aber seine Blicke schweiften über die anderen Weyrführer und die Gildemeister, als versuchte er ihre Reaktion zu erforschen.
»Wir, die Drachenreiter von Pern, stellen uns außerhalb der Gemeinschaft, falls wir nicht mit allen Kräften verhindern, daß unsere Drachen sich gegenseitig bekämpfen.«
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Er warf Lessa einen langen, strengen Blick zu, den sie starr und unversöhnlich erwiderte. Breitbeinig stand er da und betrachtete die anderen. »Ich bedaure aus tiefstem Herzen, daß wir damals auf Telgar keine andere Lösung für T’ron und T’kul fanden. Der Südkontinent erschien uns als Ausweg. Wir dachten, dort könnten sie Pern am wenigsten schaden …«
»Sie wollen nicht Pern schaden, sondern nur Benden allein!«
Lessas Stimme enthielt Bitterkeit. »T’ron und Mardra haben es wieder einmal auf uns beide abgesehen.«
»Mardra sähe es sicher nicht gerne, wenn eine andere Königin sie entmachtete«, warf Brekke ein und blieb ruhig stehen, als Lessa zu ihr herumwirbelte.
»Brekke hat recht, Lessa«, meinte F’lar und legte seiner Gefährtin betont lässig die Hand auf die Schulter. »Mardra würde die Konkurrenz scheuen.«
Robinton konnte sehen, daß die Finger des Weyrführers an den Knöcheln weiß vor Anspannung waren, aber Lessa ließ sich nicht im geringsten anmerken, daß sein Griff ihr Schmerzen bereitete.
»Das gleiche gilt für Merika, T’kuls Weyrherrin«, sagte D’ram, der Weyrführer von Ista. »Ich kenne sie gut genug.«
Robinton empfand stärker als die anderen im Raum, daß für D’ram die Ereignisse besonders schmerzlich sein mußten. Er war ein aufrechter, loyaler Mann. Er hatte sich damals gezwungen gesehen, F’lar gegen die eigenen Zeitgenossen zu verteidigen. Durch sein Beispiel hatte er R’mart und
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