Pern 11 - Die Weyr von Pern
eintreffen.
»Was mögen sie wohl auf dem Herzen haben?« fragte Menolly, als Sebell ihr von dem Treffen erzählte.
»In letzter Zeit nehmen die Gerüchte Überhand, Liebes«, seufzte Sebell.
Menolly, die wie so oft an ihrem Stehpult komponierte, richtete sich auf und legte mit verschmitztem Lächeln den Kopf schief. »Meinst du die über Sharra und Jaxom, die über G'lanar und Lamoth, die neuesten Streiche des Monstrums oder warum die Bronzedrachen so ungewöhnlich selbstzufrieden dreinschauen?«
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»Etwas weniger Auswahl wäre mir lieber.« Behutsam schob er eine Strähne ihres langen Haares, die sich gelöst hatte, wieder unter die Spange, ehe er sich hinabbeugte und sie auf den Nacken küßte. »Ich habe nichts von irgendwelchen Verwüstungen auf Telgar oder Lemos gehört, das kann es also nicht sein.«
»Wer einverstanden ist, steht voll und ga nz dahinter, während alle, die von Angst, Mißtrauen oder unverhohlener Skepsis geplagt werden, sich verstohlen herumdrücken und auf alles einschlagen, was ihr Begriffsvermögen übersteigt.«
»Dann ist es an uns, dafür zu sorgen, daß sie begreifen«
mahnte Sebell sanft.
»Aber manche wollen einfach nicht«, begehrte sie auf und streckte beide Arme aus, um ihren schmerzenden Rücken zu entlasten. »Ich kenne die Sorte. Oh, wie gut ich sie kenne!
Schade, daß wir sie mit ihrer Engstirnigkeit nicht einfach links liegen lassen können, aber leider stehen sie dem Fortschritt im Weg.«
»Wir sind dabei, ihr Leben von Grund auf zu verändern. So etwas macht den Menschen Angst, das war immer so und wird immer so sein. Lytol hat mir
ein paar hochinteressante Auszüge aus Akkis Ge—
schichtsspeicher geschickt. Faszinierend. Die Menschen ändern sich nicht, Liebes. Erst wird gehandelt, dann wird nachgedacht, und notfalls wird hinterher bereut.«
Er beugte sich nieder und küßte sie auf die Wange. »Ich kann Robse und Olos noch eine Geschichte erzählen, ehe ich gehe.«
Menolly schlang ihm einen Arm um den Hals, ehe er sich aufrichten konnte. »Du bist ein herzensguter Mann«, sagte sie und gab ihm einen langen Kuß. Dann erst ließ sie ihn los.
Als er auf der Schwelle stehenblieb und einen zärtlichen Blick zurückwarf, hatte sie sich bereits wieder über ihre Komposition gebeugt. Er lächelte. Schon ihrem Rücken mit der einen hochgezogenen Schulter war die Konzentration anzuse-498
hen. Sie liebte ihn aufrichtig, aber er hatte sich damit abgefunden, daß er immer zwei Rivalen haben würde - die Musik und den Meister. Zum Glück galt diesen beiden auch seine Zune igung. Unter solchen Überlegungen ging er den Gang entlang, um seinen beiden Söhnen etwas vorzusingen und ein Weilchen seine Tochter Lemsia zu bewundern, die für alles andere noch zu klein war.
Laradian, Larads ältester Sohn, erwartete Sebell bereits im hell erleuchteten Burghof, als der stets gefällige Drache von Fort den Harfner in Telgar absetzte.
»Mein Vater und Baron Asgenar erwarten Sie im kleinen Arbeitszimmer, Meisterharfner«, sagte Laradian höflich, dann entspannte er sich und grinste Sebell freundschaftlich an.
Im Kamin in einer Ecke des behaglichen Raums brannte ein prasselndes Feuer. An den Wänden hingen kostbare Teppiche und gerahmte Portraits der Sprößlinge des jetzigen Burgherrn -
wahrscheinlich von Perschars Hand, Sebell glaubte, den Strich zu erkennen. Etliche alte, durchgesessene Wherlederstühle, in denen schon mehrere Generationen ihre müden Glieder ausgeruht hatten, ein riesiger Schreibtisch und ein Tisch, an dem die Barone von Telgar seit Jahrhunderten ihre Abrechnun-gen erledigten, verliehen dem Raum die richtige Atmosphäre.
Die neueste Errungenschaft stach Sebell sofort ins Auge: eine ausgezeichnete, wenn auch stark verkleinerte Wiedergabe der Honshu-Fresken.
»Hrnmm, ja.« Larad hatte bemerkt, wohin der Blick des Harfners ging. »Meine Tochter Bonna war mit Perschars Gruppe dort und hat das Bild angefertigt. Natürlich war sie ständig unter Aufsicht von Meister Perschar, aber man sagt, es sei recht gut getroffen.«
»Sie können sich das Original gerne ansehen.« Sebell bezog in die Einladung auch Asgenar ein, der sich in einem der Sessel räkelte.
»Was?« Larad sah ihn in gespieltem Entsetzen an. »Damit 499
man überall herumerzählen kann, ich wolle die Besitzung einem meiner Söhne zuschanzen?« Er bedeutete Sebell, sich einen Stuhl zu nehmen, und hielt eine Weinflasche hoch.
»Benden-Wein«, grinste er. Die Vorliebe der Harfner für diese Sorte
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