Perry Clifton und das Geheimnis der weißen Raben
Zweifel, dieses Quietschen würde man selbst in Vollnarkose vernehmen.
Als Perry einen Blick hinter die aufgeklinkte Türhälfte wirft, stutzt er, beugt sich vor. Dicki schluckt, als Perry für einen Augenblick verschwindet. Und erleichtert atmet er auf, als sein Freund wieder auftaucht — mit seinem kleinen dunkelbraunen Köfferchen in der Hand.
„Wo war es denn?“
„Es stand hinter der Tür. Jemand scheint sich einen kleinen Scherz mit uns erlaubt zu haben, leider weiß ich nur noch nicht, wie er das bewerkstelligt hat.“
Perry Clifton drückt Dicki den Koffer in die Hand und fordert ihn auf: „Und jetzt waschen. Anschließend bin ich an der Reihe!“
Dicki verschwindet nachdenklich in sein angrenzendes Reich. Sekunden später hört ihn Perry einen entsetzten Schrei ausstoßen. Wieder stürzt Clifton herbei und sieht, wie Dicki von seinem Koffer wegstrebt, dessen Deckel aufgeklappt ist. Er tut es langsam und voller Entsetzen.
„Was ist denn los, Dicki, was schreist du denn?“
Doch Dicki ist keines Wortes mächtig. Er weist nur hilflos auf den geöffneten Koffer.
Perry tritt heran. Was er sieht, läßt auch ihn für einen Augenblick zusammenzucken. Doch er hat sich gleich wieder in der Gewalt. Nicht Dickis Wasch- und Nachtzeug liegt im Koffer, sondern — ein weißer Rabe! Daß es sich um einen Raben handelt, dessen ist sich Perry trotz mangelnder biologischer Kenntnisse sicher. Das Tier ist ausgestopft. Vorsichtig hebt es Perry Clifton aus dem Koffer heraus und sieht es sich von allen Seiten genau an. Kein Zweifel, der Rabe ist meisterhaft präpariert worden. Auch, daß das nur durch einen Fachmann geschehen sein kann, steht absolut fest.
„Du brauchst keine Angst zu haben, Dicki! Dieser Vogel ist mausetot und tut niemandem etwas zuleide.“
„Ich bin doch nur so erschrocken“, versucht Dicki seinen lauten Schrecken zu erklären. Und er schickt Perry einen dankbaren Blick zu, als dieser meint:
„Du brauchst dich auch nicht zu schämen. Mir wäre es ebenso ergangen.“
Zögernd nähert sich Dicki, und behutsam fährt er mit den Fingern über das samtene Gefieder des weißen Raben.
„Wer das bloß getan hat?“
„Das werden wir schon noch herausbekommen. Eine Gefahr, die man kennt, ist nur eine halbe Gefahr. Eines steht jedenfalls fest: Die sogenannten Geister vom Schloß Catmoor scheinen keine Zeit verlieren zu wollen.“
Jetzt versucht auch Dicki einen Scherz zu machen, um zu beweisen, daß er seine momentane Furchtsamkeit überwunden hat. „Das sind bestimmt seltsame Geister, die Nachthemden und Waschzeug stehlen!“
Perry Clifton gibt den Scherz zurück: „Vielleicht haben sie erfahren, daß deine Begeisterung für das Waschen so groß ist!“
Dicki setzt sich auf einen Stuhl. „Was machen wir jetzt, Mister Clifton?“
„Ganz einfach“, antwortet dieser, während er das ausgestopfte Tier in den Koffer zurücklegt, „wir waschen uns mit meiner Seife!“
Ungefähr dreißig Minuten mögen seit diesem Zwischenfall vergangen sein. Perry Clifton und Dicki Miller haben sich frisch gemacht und sind gerade beim Einräumen der Kofferfüllungen in die Schränke, als es laut und vernehmlich an die Tür klopft.
„Herein!“ ruft Perry laut, und das ohrenzerreißende Geräusch beginnt von neuem, als sich die Tür mit aufreizender Langsamkeit öffnet. Jamesberry schiebt sich vorsichtig herein und zeigt dabei eine Miene, als wolle er das bevorstehende Ende der Welt ankündigen. Bevor er noch etwas sagen kann, ist Perry Clifton bei ihm und bohrt ihm den Zeigefinger zwischen die vierte und fünfte Rippe. Dazu fragt er leise, aber unüberhörbar:
„Paganini, wissen Sie, was Öl ist?“
Jamesberry nickt erschrocken. „Natürlich Mylord, Öl gehört in die Gattung bearbeiteter Naturprodukte!“
„Ausgezeichnet. Wissen Sie auch, was man damit alles anfangen kann?“
Wieder nickt Jamesberry, und mit enthusiastischem Augenaufschlag erklärt er: „Man kann Kartoffelpuffer damit backen, Mylord!“
„Und was noch?“
„Würstchen, Eier, Pfannkuchen, Pommes frites und Fische!“
Perry Clifton bohrt ihm den Zeigefinger noch ein bißchen tiefer, und Jamesberry wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Und was kann man noch mit Öl machen?“
„Einen Motor schmieren…“
„Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Bleiben wir beim Schmieren. Was kann man mit Öl alles schmieren?“
„Hm…“ macht Jamesberry und noch einmal „Hm, mir fällt tatsächlich nichts ein,
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