Perry Rhodan - 2530 - Der Oxtorner und die Mehandor
seiner großen Liebe geblieben war. Eisern hatte er seine schützende Hand über Kithara gehalten, dafür gesorgt, dass sie überlebte, dass die Ärzte in ihrem stagnierenden Körper unterstützende Geräte einpflanzten. Sie erlaubten es, den wie bei einer gewöhnlichen Mehandor gewachsenen Kopf zu versorgen.
Der Patriarch liebte seine Tochter über alles.
Die Sippe verachtete sie, begegnete ihr mit Abscheu, bestenfalls mit Missachtung.
Kithara musste auf der Hut sein, wollte sie überleben. Ohne ihren Vater wäre es unmöglich gewesen, aber schon als Kind hatte sie verstanden, dass selbst die Macht des Patriarchen nicht dauerhaft genügen würde.
Kithara lernte. Sie musste besser als alle Übrigen sein, sich wertvoll machen, vielleicht sogar unersetzlich. Die Infektion hatte ihr den Körper eines Krüppels beschert, aber er hatte ihr Gehirn verschont.
Kithara hatte einen Kopf. Einen äußerst klugen Kopf. Sie setzte ihn ein.
Zeit blieb ihr genug. Kithara war ein einsames Kind, geschnitten von jedermann. Sie machte sich mit dem Schiff vertraut, seiner Konstruktion, seiner Bedienung. Sie lernte Chemie und Biologie, die hohe Kunst des Panschens, von der die Sippe lebte. Das Einbringen und Verkaufen von Naturstoffen brachte Gewinne ein, aber sie waren schmal, verglichen mit jenen, die eine erfolgreiche Veredelung bescherten.
Kithara las die Geschichte der Sippe, viele Male. Sie hörte genau hin. Es war nicht schwer: verscheuchten die übrigen Mehandor sie nicht, unterhielten sie sich in ihrer Nähe, als existiere sie nicht. Kithara machte sich mit dem Wesen des Menschen vertraut. Sie lernte, dass dem Menschen nichts unmöglich ist.
Kithara lauschte dem unsichtbaren Gewirr von Funksprüchen, das die Milchstraße durchzog, den Nachrichtenkanälen, den fremden Raumfahrern, die sich bereitfanden, sich mit ihr zu unterhalten. Manche mit einer Unbefangenheit von Fremden, die nicht erkannten, dass sie einem Krüppel gegenüberstanden, andere aus Mitleid.
Kithara machte sich wertvoll, stieg zur Ratgeberin und rechten Hand ihres Vaters auf, wurde nahezu unverzichtbar.
Und unsichtbar.
Sie zeigte sich so wenig wie möglich. Mit elf war sie aus ihrem Zimmer im Trakt der Patriarchen ausgezogen. Es war ein Anfall von Trotz gewesen, der nicht zu ihr passen wollte, aber belegt hatte, was sie war: ein Mensch. Ein Teenager, der aufbegehren musste, sich ein eigenes Leben erschaffen.
Sie hatte es um ein Haar mit dem Leben bezahlt.
Ihre Brüder und Schwestern hatten nur auf die Gelegenheit gewartet, sie ungeschützt anzutreffen. Im Rudel hatten sie sie durch das Schiff gejagt, in die Enge getrieben, ihr keinen Ausweg gelassen.
Bis auf einen: einen Tank, gefüllt mit dem Wasser eines namenlosen Urmeeres.
Kithara hatte sich in den Tank gestürzt. Nicht in grimmiger Entschlossenheit, wie sie es sich gewünscht hätte, sondern angetrieben von nackter Angst. Kithara war verletzlich. Ihr Körper war empfindlich – und das machte sie ängstlich. Sie vergaß nie, dass ein bloßer Windhauch die Hülle, auf die sie angewiesen war, zu zerschmettern vermochte.
Die lauwarme Brühe des Meerwassers hatte auf ihrer Haut gebrannt, in ihren vor Furcht weit aufgerissenen Augen. Ihre Lungen hatten zu brennen begonnen, heißer noch als ihre Haut. Der Drang, den Mund aufzureißen und mit aller Kraft einzuatmen, war übermächtig geworden. Und dann ...
... dann hatte sie das Licht gesehen.
In einem letzten Aufbäumen hatte Kithara ihre Antigraveinheit dem Licht entgegengesteuert. Es war die Rettung gewesen. Ein Schleusenschott hatte sich geöffnet und wenige Augenblicke später, die dem erstickenden Mädchen wie eine Ewigkeit der Pein vorgekommen waren, hatte Pressluft das Wasser aus der Schleusenkammer gedrängt.
Kithara war entkräftet am Boden liegen geblieben, mit schlaffen Gliedern. Sie hatte an einen Fisch erinnert, der an Land gestrandet war.
Nur, dass der Fisch an Land starb – und Kithara lebte.
Als sich das innere Schott der Schleuse geöffnet hatte, war Kithara auf einen Kontrollraum gestoßen; eine autarke Einheit mit geschlossener Wasser- und Luftwiederaufbereitung sowie Vorräten, die ihrem anspruchslosen Körper auf Jahrzehnte genügten. Eine Zuflucht, der Sippe unbekannt. Ein Patriarch musste sie einst eingerichtet haben. Vielleicht der wahnsinnige Vikarat, den die Sippe verstoßen hatte? Er musste von einer Festung geträumt haben, in die er vor seinen Gegnern fliehen, von der er aus das Schiff zurückerobern konnte.
Was
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