Perry Rhodan Neo 015 - Schritt in die Zukunft
unangenehm, über seine Gefühle zu reden. Wie hätte er Ishy erklären können, dass ihn die Nähe, die zwischen ihnen im Laufe der letzten Tage entstanden war, verwirrte? Diese Verwirrung war gleich doppelter Natur. Zum einen fühlte er sich innerlich noch immer wie der Zwanzigjährige, der er vor seinem Koma gewesen war und der sich damals kaum hätte vorstellen können, Gefühle für eine fast zehn Jahre ältere Frau zu entwickeln. Zum anderen machte ihm der Umstand zu schaffen, dass er gleichzeitig körperlich zwanzig Jahre älter war als sie.
Andererseits wirkten sie beide auf ihre Weise jünger, als sie tatsächlich waren. Und ganz offensichtlich gefiel er Ishy – so, wie er war – genauso, wie sie ihm – so, wie sie war – gefiel. Also worüber mache ich mir eigentlich Gedanken?, fragte er sich. Ich sollte das Glück genießen, das ich habe.
Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Es ist nichts«, beantwortete er ihre Frage. »Ich bin nur froh ...« Erneut zögerte er.
Vor seinem inneren Auge sah er die Schanze am Mount Tamalpais, diese Stelle des Trails, die nur wirklich mutige Fahrer zu nehmen wagten. Und dann sah er Ishy, die mit einem wilden »Platz da!« an ihm vorbei- und darüber hinweggeschossen war. Sie hatte sich den Trail ebenso erobert wie den Platz in Iwans Herzen: im Sturm.
»Ich bin froh, dass wir uns begegnet sind«, schloss er und grinste dabei ein wenig linkisch.
Ishys Wangen röteten sich ein wenig. In ihre Augen trat ein eigenartiger Glanz. »Das geht mir auch so«, sagte sie leise.
Kurz darauf zahlten sie und spazierten zurück zu Ishys Auto. Der Abend war sommerlich mild und auf den Straßen und Gehwegen noch einiges los. Doch es lag etwas Drückendes in der Luft, so als ballten sich bereits die schwarzen Wolken eines Unwetters über den Köpfen der Bürger von San Francisco zusammen. Irgendwo in der Ferne heulte der Antrieb eines Fluggeräts. Es war ein vertrautes Geräusch in diesen Tagen: Eine Flunder der Fantan war über der Stadt unterwegs, auf der Suche nach Besun.
Iwan schüttelte leicht den Kopf. Er wollte jetzt nicht über die Fantan nachdenken. Nicht an diesem Abend.
Ishys Wagen, ein asiatisches Modell, das für Iwans hünenhafte Statur eigentlich viel zu klein war, parkte in einer Seitenstraße der Clement Street. Hier war es dunkler, und es befanden sich auch keine Leute auf den Gehwegen.
Der Wagen begrüßte Ishy mit einem kurzen Aufleuchten der Blinklichter. Mittlerweile öffneten und schlossen sich viele Autos völlig selbstständig, wie Iwan erfahren hatte. Man musste nur noch einen speziell verschlüsselten Funkchip in der Tasche tragen.
Sie stiegen ein, schnallten sich an und hielten dann beide inne. Ishy blickte vom Fahrersitz zu ihm herüber. Auf einmal wirkte sie auf Iwan ungewöhnlich scheu und verletzlich. »Und jetzt?«, fragte sie.
Iwan unterdrückte den Impuls, auf seine Armbanduhr zu schauen. Er wusste auch so, dass es spät war und sie ihn eigentlich zur Klinik hätte zurückfahren müssen. Aber das wäre das Ende dieses wundervollen Abends gewesen. Und Iwan wollte nicht, dass er schon vorbei war. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Bist du müde? Möchtest du nach Hause?«
»Nein und ja«, antwortete Ishy.
»Wie bitte?« Iwan runzelte milde belustigt die Stirn.
Auf das Gesicht der jungen Asiatin stahl sich ein verschwörerisches Lächeln. »Ich bin nicht müde. Aber ich würde gerne zu mir fahren – gemeinsam mit dir.«
Von einem Moment zum nächsten klopfte Iwan das Herz bis zum Hals. »Willst du das wirklich?«
»Ja.« In ihre Augen trat wieder dieser eigenartige, beinahe fordernde Glanz. »Bleib heute Nacht bei mir. Morgen früh bringe ich dich zur Klinik zurück. Die werden dich heute Nacht schon nicht vermissen.«
»Gerne. Ja. Ich würde sehr gerne mit zu dir kommen.« Iwan nickte – vielleicht etwas zu enthusiastisch für einen gestandenen Mann.
Ishy kicherte. Sie hatte es auch bemerkt. »Dann lass uns rasch fahren, bevor ich es mir anders überlege.«
Das erste Licht des neuen Morgens fiel durch die Jalousien von Ishys Schlafzimmer, als Iwan erwachte. Er fühlte sich noch immer wie erschlagen von der letzten Nacht – aber es war ein wundervolles Gefühl.
Er drehte den Kopf und blickte zu Ishy hinüber, die nur mit einem Slip bekleidet neben ihm lag. Sie lag von ihm abgewandt auf der Seite und hatte das dünne weiße Laken, das sie als Bettdecke benutzte, vor die Brust gezogen. Die Lichtstrahlen vom Fenster fielen auf
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