Perry Rhodan Neo 020 - Die schwimmende Stadt
Nur habe ich immer gehofft, dass ich bei der Apokalypse wenigstens in der Heimat sterben kann.
Drei Stunden lang hatten sie keine Gelegenheit erhalten, die Kabine zu verlassen. Ununterbrochen wurde das Schiff durchgerüttelt. Anfangs waren es die Wellen und der Wind. Später hatte sich ein Ungewitter nie gekannten Ausmaßes über sie ergossen.
Die Tropfen waren nicht nur aus Wasser, viele waren mit winzigen Erdstücken vermengt. Rhodan wusste, was das hieß: Das Schiff des Kundschafters hatte nahe bei Rey aufgeschlagen. Durch die Wucht des Aufpralls waren zumindest Teile der Insel pulverisiert und nach oben geschleudert worden.
Rhodan kannte diesen Effekt nur aus der Literatur über irdische Vulkanausbrüche – aber diese Katastrophe musste wie ein künstlicher Vulkanausbruch gewirkt haben, um diese Folgen zu haben.
Rhodan hatte wieder seine Position hinter dem Sitz des Kapitäns eingenommen. Alrad war keine Hilfe bei der Führung des Schiffes – sie saß inzwischen auf dem Boden, die Beine waren angezogen, die Arme hatte sie um sich geschlungen. Ihr Oberkörper wiegte in einem eigenartigen Rhythmus vor und zurück.
Sie hat alles riskiert, indem sie uns Glauben schenkte. Sie wollte die Zukunft verhindern. Jetzt hat sie alles verloren ...
Chaktor und Lossoshér sagten nichts. Für sie musste diese Apokalypse noch schrecklicher sein als für die Terraner. Es war eine ferronische Welt, die vor ihren Augen zerstört wurde. Und sie wussten, dass die Ereignisse der Auslöser für jenes Zeitalter waren, das sie eigentlich hatten vermeiden wollen.
Tschubai, Thora, Bull, Sue – sie alle wirkten, als hätten sie sich damit abgefunden, nur Beobachter zu sein. Sie hatten versucht, die Zukunft zu verhindern – und waren gescheitert. Aber was hier geschah, geschah nicht ihrer Welt – es war wie ein Katastrophenfilm, den man gebannt verfolgte, das Eintreffen einer düsteren Prophezeiung, gegen die man sowieso nichts tun konnte.
Es wäre wohl anders, wenn wir uns auf der Titanic befinden würden ... oder in Gomorrha.
Der Regen prasselte immer noch herunter. »Können wir herausfinden, wie es den anderen ergangen ist?«, wandte sich Rhodan an den Kapitän.
Dieser tippte einige Befehle in sein Terminal. »Ich kriege andauernd Meldungen rein. Aber: kein Bild, nur Ton.«
»Gut. Stellen Sie die Informationen auf laut, damit wir alle hören können, was auf Reyan vorgefallen ist.«
Es war eine Kakofonie, die im Raum erschallte. Nach etwas Gewöhnung konnte man Satzfetzen, kurze Meldungen heraushören. Rhodan konzentrierte sich, um möglichst viele Informationen in sich aufzunehmen.
»Hier Gelat. Wir können keine weiteren Verletzten mehr aufnehmen. Wir brauchen dringend Medikamente und sterile Instrumente. Kann uns jemand hören?«
»Der ruchlose Angriff der Ferronen wird nicht ungesühnt bleiben.« Rhodan glaubte, Flarks Stimme zu identifizieren. »In diesem Moment beginnt unsere Raumflotte, aus dem Orbit heraus ferronische Raumhäfen unter Beschuss zu nehmen!«
»Hier LL-308-P! Wir rufen alle Schiffe in der Umgebung. Wasser dringt ein, die Außenhülle ist schwer beschädigt. Wir versuchen die Anlage zu evakuieren, aber ...«
»Und Scimaton sagt, die Welt wird enden in Ruß und Flammen, in Gischt und Wellen. Scimaton sagt, dass wir eitel geworden sind an Technik und ...«
»Hilfe! Hilfe! Wir können uns nicht mehr lange halten. Wasser ist in die unteren Bereiche eingedrungen. Die Stromerzeugung in Block 3 ist völlig ...«
»Schalten Sie das ab!«, ertönte eine befehlsgewohnte Stimme.
Rhodan schaute überrascht zu seinen Begleitern hinüber. Alrad hatte sich erhoben. Eines der beiden Besatzungsmitglieder hatte ihr die Hand entgegengestreckt, um ihr aufzuhelfen. Die Oberin hatte unwirsch abgelehnt.
Sie wandte sich an Rhodan: »Perrodan, wir müssen reden.«
Unsicher trat sie einige Schritte auf den Terraner zu. Dieser kam ihr entgegen, nahm sie am Arm, um sie zu stützen. Dieses Mal sträubte sie sich nicht gegen die Hilfe.
Alrad machte ihm mit Gesten klar, dass er sein Ohr zu ihr heruntersenken solle. Rhodan fiel es trotzdem schwer, das Flüstern der Oberin zu verstehen.
»Perrodan, Sie und Ihre Begleiter müssen verschwinden. Noch stehen meine Landsleute unter Schock – aber irgendwann wird der Besatzung auffallen, dass dieser eigenartige Fremde ...«, sie deutete auf den Kundschafter, ».... nicht zu Ihnen gehört. Und hier werden Sie mit Ihrer Geschichte der Botschafter aus der Zukunft nicht weit kommen.
Weitere Kostenlose Bücher