Perry Rhodan Neo 1: Sternenstaub (German Edition)
auf den Garten. Inmitten der knochentrockenen Industriebrache, die sich hinter dem Haus bis beinahe zum Horizont erstreckte, schien er wie eine Oase in der Wüste – und war immer für »Ahs« und »Ohs« gut.
Sue verbrachte täglich Stunden im Garten. Sie grub die Erde um, bewässerte, ging von Pflanze zu Pflanze und streichelte sie. Als handele es sich um Haustiere und Sue könne nicht genug davon bekommen, ihre seidigen Felle zu streicheln. Aber oft saß oder lag Sue einfach nur mit geschlossenen Augen da und träumte. Wovon, konnte Marshall nicht sagen. Ein Gefühl sagte ihm, dass es zwecklos gewesen wäre, Sue zu fragen. Das Mädchen hätte ihm keine Antwort gegeben.
Auch an diesem Tag verfehlte der Garten seine Wirkung nicht. Die Touristen blieben stehen, fotografierten und filmten dieses kleine Wunder.
Marshall nutzte den Moment der Ablenkung, sich die Gruppe genauer anzusehen. Die Mehrzahl war Amerikaner. Eine Handvoll junger Leute mit Rücksäcken. Idealisten, die am Anschluss an die Führung oft anboten, im Shelter umsonst zu arbeiten, und die Marshall stets höflich, aber bestimmt abwimmelte. Zwei wohlhabende asiatische Paare, die den Niedergang des Westens vor Ort besichtigten. Die Frauen trugen trotz der Hitze dünne Handschuhe, und Marshall wunderte sich fast, dass sie keinen Mundschutz trugen.
Und dann war da noch der ältere Mann mit dem Buckel. Er trug einen Anzug, den Marshall mit der Erfahrung seiner früheren Existenz als maßgeschneidertes, sündhaft teures Designerstück erkannte – und der gleichzeitig so lange getragen worden war, dass er stellenweise fadenscheinig war, ja, an Knien und Ellenbogen mit Flicken versehen war. Als hätte der Mann einmal vor langer Zeit die lästige Pflicht auf sich genommen, ein adäquat repräsentatives Kleidungsstück zu besorgen, und ihm nicht auffiel, dass es ihn zum Sonderling stempelte.
Sue lud die Touristen ein, von den Kirschtomaten zu probieren. Das Mädchen genoss die überraschten und anerkennenden Blicke. Schließlich sagte sie: »Und nun zur Werkstatt!«
Die Werkstatt erstreckte sich neben dem Garten. Eine flache Halle, neu und glänzend wie eine der Raumstationen auf Sids Postern, sündhaft teuer und höchstwahrscheinlich der Sargnagel der Stiftung. Ihr bloßer Anblick schmerzte Marshall.
»Der Garten ist unser kleines Paradies«, erläuterte Sue, »doch, glauben Sie mir, in der Werkstatt schlägt das Herz des Shelters.«
Sie hielt den Touristen die Flügeltür auf. In der Halle war es angenehm kühl, ein passives Klimasystem sorgte dafür.
Kinder arbeiteten überall in der Halle an den Werkbänken und semiautonomen Maschinen. »Hier überholen und reparieren wir Fundfahrräder aus dem gesamten Gebiet von Greater Houston. Dazu kommt Kunsthandwerk.« Sue ging an einen Tisch mit metallenen Objekten, der wie zufällig neben dem Eingang platziert war, und hob eines davon hoch. Es war ein Adler, der auf ein Nagetier herabstieß. Gefertigt aus alten Blechdosen. Eines von Damons vielen Stücken.
Nur Sid fertigte noch mehr an, Raketen und Raumschiffe in allen Variationen. Normalerweise ließ er sich die Chance, seine Werke den Touristen aufzuschwatzen, nicht entgehen. An diesem Tag war er nirgends in der Werkstatt zu sehen. Er musste noch schlafen. Gut so. Die vergangenen Tage hatten nicht nur Marshall bis an die Grenze seiner Belastungsfähigkeit gebracht.
»Aber damit geben wir uns natürlich nicht zufrieden«, fuhr Sue fort. »Im Pain Shelter geben wir uns nie zufrieden. Wir suchen immer neue Möglichkeiten, uns nützlich und finanziell unabhängig zu machen. Unsere neueste Einnahmequelle – lachen Sie nicht – sind Einkaufswagen. Wir sammeln sie aus den Straßengräben auf, in denen sie früher oder später landen, bringen sie wieder in Schuss und verkaufen sie an die großen Malls.«
Sie gingen durch die Halle, vorbei an Damon und Tyler. Die Zwillinge montierten zusammen ein Fahrrad, gemeinsam in die Arbeit versunken. Niemand wäre bei dem Anblick auf die Vermutung gekommen, dass sie noch am Vortag im Begriff gewesen waren, einander aufzuschlitzen.
»Unser Ideal ist die Gemeinschaft. Jeder von uns leistet der Gemeinschaft Dienste, so gut es in seinen Möglichkeiten steht, und kann dafür die Dienste der Gemeinschaft in Anspruch nehmen ... und das ist höchst lohnenswert, wie Sie gleich in der Küche am eigenen Leib feststellen können!«
Eine süße Creme mit Früchten und gekühltes Wasser wartete auf die Touristen in der großen
Weitere Kostenlose Bücher